Das Amtsgericht Schönau spricht einen Spielhallen-Betreiber in Anbetracht der verzwickten Rechtslage vom Vorwurf des unerlaubten Glücksspiels frei.
Unerlaubtes Glücksspiel: Wegen dieses Tatvorwurfs hatte sich vor dem Amtsgericht Schönau der Betreiber einer Spielhalle in einer Wiesentalgemeinde zu verantworten. Doch so eindeutig, wie sich der Sachverhalt in der Anklageschrift darstellte, war er in Wirklichkeit nicht. So erschien er als Angeklagter vor dem Kadi – und marschierte als Glückspilz aus dem Gerichtssaal hinaus.
Das kam nicht aus heiterem Himmel. Hatte Richterin Ulrike Götz doch schon zu Beginn der Verhandlung auf die einigermaßen verzwickte Rechtslage hingewiesen. Die zuständigen Behörden seien gegen den Spielhallenbetreiber zudem nicht energisch eingeschritten, obwohl eine Untersagung des Glücksspiels vorlag. Somit stehe zumindest die Frage einer Duldung des Betriebs im Raum, sagte sie.
Der Staatsanwalt sah das indes ganz anders. Der 71-jährige Geschäftsführer habe vom Juli 2022 bis März 2024 ohne die erforderliche Genehmigung 36 Spielautomaten betrieben und dabei mehr als eine Million Euro eingenommen, erklärte er. Dafür habe der Mann im Dezember 2024 zurecht einen Strafbefehl kassiert.
Verteidigerin: „Noch nie etwas zuschulden kommen lassen“
„Mein Mandant ist seit 30 Jahren in diesem Metier tätig und hat sich noch nie etwas zuschulden kommen lassen“, wies die Verteidigerin, eine ausgewiesene Expertin im Bereich des komplexen Glücksspielrechts, die Vorwürfe zurück und schilderte minuziös den Windmühlenkampf, den der 71-Jährige schon seit 2016 gegen Behörden und Verwaltungsgerichte führte.
Er habe seinerzeit Widerspruch gegen eine behördlich verhängte Schließung eingelegt und alle legalen juristischen Mittel ausgeschöpft, um zumindest einen Weiterbetrieb seines Geschäfts sichern zu können, bis ein abschließendes Urteil vorliegt. In all den Jahren sei ein solches Urteil indes nie gefallen, betonte die Rechtsanwältin.
Betroffene Spielgeräte aus dem Verkehr gezogen
Ihr Mandant habe deshalb davon ausgehen können, dass der Spielhallenbetrieb vorerst weiterlaufen dürfe. Die zuständige Behörde habe die Schließung denn auch über Jahre hinweg nicht vollzogen, sondern unter Verweis auf die laut einem Schreiben des VGH (Verwaltungsgerichtshof) letztinstanzlich noch nicht geklärte Rechtslage darauf verzichtet. Als das abschließende Urteil im März 2023 dann endlich vorlag, habe ihr Mandant die betroffenen Spielgeräte sofort aus dem Verkehr gezogen.
Staatsanwalt könne mit Einstellung des Verfahrens leben
„Es bleiben jetzt zwei Möglichkeiten“, erklärte Richterin Ulrike Götz daraufhin: „Einstellung des Verfahrens oder Freispruch für den Angeklagten“. Dabei ließ sie erkennen, dass vor allem das Schreiben des VGH, das ihr selbst bis dahin gar nicht bekannt gewesen war, „vieles ändert“.
„Von einer „unglücklichen Rechtsprechung“ und einem „Rechtswirrwarr“ sprach denn auch der Staatsanwalt, der gleichwohl „Bauchschmerzen“ hatte, daraus eine stillschweigende „Duldung“ für den Spielhallenbetrieb des Angeklagten abzuleiten. Mit einer Einstellung des Verfahrens könne er durchaus leben, sagte er, mit einem Freispruch für den 71-Jährigen aber eher nicht.
Vorsatz nicht nachweisbar
Als der Anklagevertreter nach einer kurzen Pause zu seinem Plädoyer ansetzte, kam „ein bisschen überraschend“ auch für ihn persönlich, die Kehrtwende. Zwar stehe fest, dass der Angeklagte für seine 36 Spielautomaten im fraglichen Zeitraum faktisch und formell keine Erlaubnis hatte. Doch in Anbetracht der „sehr komplexen Rechtslage“ und der Tatsache, dass eine Duldung durch das Landratsamt zumindest „im Raum herumschwirrte“, lasse sich dem Angeklagten ein Vorsatz zum illegalen Betrieb seiner Spielgeräte nicht nachweisen, erklärte der Staatsanwalt und zeigte sich mit einem Freispruch einverstanden.
Verteidigerin: „Mein Mandant wollte nie die Vorschriften umgehen“
„Mein Mandant wollte nie die Vorschriften umgehen“, bekräftigte denn auch die Verteidigerin des 71-Jährigen. Dieser habe mit Behörden und Gerichten immer offen agiert und sich lediglich mit allen rechtlichen Mittel gegen eine Schließung seiner Spielhalle gewehrt. Dass ihn dies vor Gericht brachte, sei einzig und allein der lange Zeit unsicheren Rechtslage zuzuschreiben.
Richterin: „Im Zweifel keine Verurteilung“
„Im Zweifel keine Verurteilung“ – so begründete Richterin Ulrike Götz schließlich den Freispruch für den Angeklagten. Zwar habe es für die Spielgeräte damals einerseits weder eine rechtliche Genehmigung und eine „faktische Duldung“ gegeben. Andererseits jedoch hätten die Behörden die sofortige Schließung wegen des laufenden Widerspruchsverfahrens unterlassen. Insofern habe der Spielhallenbetreiber zumindest „subjektiv“ von einer Duldung ausgehen können. Insofern sei ihm ein Vorsatz beim unerlaubten Weiterbetrieb der Spielhalle nicht nachzuweisen. Sprachs und machte mit dem Freispruch aus dem angeklagten Spielhallenbetreiber, was nicht allen seinen Kunden vergönnt ist – einen Gewinner nämlich.