Die Tübinger Richter gingen davon aus, dass der Reutlinger Rockerboss im Mai 2013 einen Kneipenwirt mit brutaler Gewalt erpresst hatte. Foto: dpa/Archivfofo

Er soll einen Kneipenwirt erpresst und eingeschüchtert haben. Doch für den Chef der Reutlinger Hells Angels verlief die Aktion anders als geplant: Das Opfer ließ sich nicht ins Bockshorn jagen und bringt den Rocker nun hinter Gitter.

Er soll einen Kneipenwirt erpresst und eingeschüchtert haben. Doch für den Chef der Reutlinger Hells Angels verlief die Aktion anders als geplant: Das Opfer ließ sich nicht ins Bockshorn jagen und bringt den Rocker nun hinter Gitter.

Tübingen - Nach einer Racheaktion im Rockermilieu muss der Chef der Reutlinger Hells Angels für vier Jahre ins Gefängnis. Das Landgericht Tübingen verurteilte den 48-Jährigen am Montag unter anderem wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung. Die Richter gingen davon aus, dass der Rockerboss im Mai 2013 einen Kneipenwirt mit vorgehaltenem Hammer erpresst hatte. Ein Musiker aus dem Umfeld der Hells Angels war zuvor bei einer Schlägerei mit dem Wirt schwer verletzt worden. Der Rockerchef habe daraufhin „in eigener Machtvollkommenheit“ von dem Kneipier eine Wiedergutmachung verlangt, so der Vorsitzende Richter. Die Staatsanwaltschaft hatte knapp sieben Jahre Haft gefordert, die Verteidigung einen Freispruch.

Das Gericht schenkte den „zuverlässigen“ Aussagen des 51-jährige Kneipenbesitzer Glauben, der im Prozess als Kronzeuge aufgetreten war. Er lebt derzeit im Zeugenschutzprogramm. Vor Gericht schilderte er, wie der Rocker-Chef mit seinen Begleitern „stinksauer“ das Lokal betreten und die Gäste fortgeschickt habe. „Eigentlich sollte ich Dir den Schädel einschlagen“, habe der Hells-Angels-Präsident gesagt und seinem Auftritt mit erhobenem Hammer Nachdruck verliehen. Als Wiedergutmachung habe er unter anderem 10 000 Euro verlangt. Der eingeschüchterte Kneipier willigte damals nach eigenen Angaben zum Schein in die Forderungen ein, informierte dann aber die Polizei.

Angeklagter kann Gericht nicht überzeugen

Wenig überzeugend fand das Gericht die Version des Hells-Angels-Chefs. Der hatte behauptet, er sei nur in die Kneipe gekommen, um nach der Prügelei zwischen seinen langjährigen Freunden zu vermitteln und friedlich eine Wiedergutmachung zu erreichen. Ein Hammer habe in der Auseinandersetzung mit dem Wirt keine Rolle gespielt. Erst als er das Lokal wieder verlassen habe, habe er einem Gast das Werkzeug drohend an den Hals gehalten. Angesicht der großen Menschenmenge vor dem Lokal sei er in Panik geraten, entschuldige er sich. Den Hammer habe er für den Fall einer Panne übrigens immer im Auto liegen, ließ der sechsfach Vorbestrafte wissen. Für das Gericht war das jedoch keine ausreichend plausible Begründung dafür, das er das Werkzeug an jenem Tag mit ins Lokal genommen habe.

Die Verteidiger des Rocker-Chefs hatten massive Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Kneipenbesitzers. Um seiner eigenen Verurteilung wegen der vorangegangenen Schlägerei zu entgehen, führe der Wirt haltlose Vorwürfe gegen den Hells-Angels-Chef ins Feld, hatte einer der Verteidiger gesagt.

Zwei Männer, die den Rockerchef bei der Tat begleitet hatten, verurteilten die Richter zu zehn Monaten Haft und zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr. Die Verlesung des Urteils musste der Richter mehrmals unterbrechen. Immer wieder wurde er durch den Rockerchef lautstark gestört.