Nach neuestem Urteil müssen Fahrtkosten zurückgezahlt werden Foto: dpa

Das Land Baden-Württemberg muss die Kosten für Fahrten der Polizei mit Ausländern zu Botschaften in Berlin übernehmen, wenn sie nicht erforderlich waren. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am Donnerstag im Fall eines in Stuttgart lebenden Asylbewerbers entschieden.

Leipzig/Stuttgart - Das Land Baden-Württemberg muss die Kosten für Fahrten der Polizei mit Ausländern zu Botschaften in Berlin übernehmen, wenn sie nicht erforderlich waren. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am Donnerstag im Fall eines in Stuttgart lebenden Asylbewerbers entschieden.

Der aus Ghana stammende Mann war 2004 nach Baden-Württemberg gekommen und hatte Asyl beantragt. Der damals 20-Jährige hatte allerdings den Sudan als sein Heimatland angegeben. Sein Asylantrag wurde abgelehnt, und er sollte abgeschoben werden. Da die Behörden in Baden-Württemberg für die Abschiebung Ausweispapiere anfertigen lassen und deshalb klären wollten, woher der Mann wirklich stammt, ordneten sie an, dass er von der Polizei zunächst nach Karlsruhe und von dort weiter nach Berlin zu Botschaften gefahren wird. Die Konsulate sollten klären, ob der Mann aus ihrem Land stammt.

Zunächst ging die Fahrt im Jahr 2004 zur Botschaft des Sudans, dann im März 2006 zu der Nigerias, im Sommer desselben Jahres abermals zur sudanesischen Botschaft und im Juli 2010 noch zu der des Tschad. Alle Besuche in Berlin verliefen aus Sicht der Behörden erfolglos, eine Sprachanalyse brachte im Sommer 2006 ebenfalls keine Gewissheit über die genaue Herkunft des Afrikaners. Erst als der inzwischen 26-Jährige im Juli 2010 Vater wurde, kam ans Licht, dass er aus Ghana stammt, weil er dabei eine Geburtsurkunde vorlegte. Das Land Baden-Württemberg forderte daraufhin für die Fahrten quer durch Deutschland rund 6000 Euro. Im September 2012 reduzierte es die Ansprüche auf eine Fahrt und 3000 Euro.

Über die Klage des Manns aus Stuttgart verhandelte zunächst im Januar 2013 das Verwaltungsgericht Stuttgart und im April 2013 der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg. Abschließend entschieden wurde der Fall jedoch erst am Donnerstag vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig mit einem Grundsatzurteil. Die Richter entschieden, dass Ausländer wie der in Stuttgart lebende Mann Kosten für eine nicht erforderliche Polizeibegleitung zu einer Botschaft nicht tragen müssen.

„Zwar muss ein Ausländer die Kosten, die durch seine Abschiebung entstehen, nach Paragraf 66 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes selbst tragen“, erläuterte der Vorsitzende Richter des ersten Senats, Uwe-Dietmar Berlit. „Davon werden auch Kosten für vorbereitende Maßnahmen wie die Vorsprache bei einer Botschaft zur Klärung der Identität und Beschaffung von Papieren erfasst.“ Der Vorsitzende Richter ergänzte jedoch, dass ein Anspruch gegen den Ausländer auf Kostenerstattung aber nicht bestehe, „wenn die zugrunde liegende Maßnahme rechtswidrig war und in seine Rechte eingegriffen hat“.

Berlit erinnerte daran, dass im verhandelten Fall die Behörde eine Begleitung durch Polizeibeamte für die Anreise zur Vorsprache bei der Botschaft angeordnet hatte, weil sie davon ausgegangen war, dass der Mann einer entsprechenden Anordnung nicht freiwillig Folge leisten werde. Sie hätte jedoch nach Ansicht des Senats den Flüchtling zuvor auffordern müssen, ohne polizeiliche Begleitung zur sudanesischen Botschaft nach Berlin zu reisen. Der Vorsitzende Richter fand die deutlichen Worte, dass „deshalb die Anordnung rechtswidrig war, so dass die angefallenen Kosten vom Kläger nicht gefordert werden können.“