Zu fünf Jahren und sechs Monaten Haft hat das Landgericht Hechingen einen 67-Jährigen Italiener verurteilt. Den schweren sexuellen Missbrauch und die mehrfache Vergewaltigung eines Kindes hat der Verurteilte per Handy-Video dokumentiert.
Mindestens zwei Jahre lang hat ein 67-jähriger Italiener die Stieftochter seines Sohnes sexuell missbraucht und mehrfach auch vergewaltigt.
Am zweiten Verhandlungstag hat die Große Strafkammer des Hechinger Landgerichts unter Ausschluss der Öffentlichkeit drei Zeugen und den psychiatrischen Gutachter gehört – und nach den ebenfalls nichtöffentlichen Plädoyers das Urteil öffentlich verkündet: fünf Jahre und sechs Monate Haft, zudem die Übernahme der Verfahrenskosten und der Kosten für die Nebenklage.
Der „große seelische Schaden“ sei ihm bewusst
Der Verteidiger, Rechtsanwalt Axel Kästle, sagte in einer Einlassung seines Mandanten, dass dieser die Anklagepunkte „voll umfänglich“ einräume und „aufrichtige Reue“ zeige. Er wisse, dass er bei dem heute achtjährigen Kind und dessen Familie einen „großen seelischen Schaden“ angerichtet habe. Er hoffe, dass das Mädchen das Geschehene verarbeiten und ein normales Leben führen werde. Was er angerichtet habe, habe er erst später verstanden. Er sei bereit, in psychiatrische Behandlung zu gehen und die Verantwortung für sein Verhalten zu übernehmen. „Ich werde“, heißt es in der Einlassung, „an mir arbeiten, um künftig ein straffreies Leben zu führen.“
Mädchen wird erspart, vor Gericht auszusagen
„Sie haben mehrere Leben ruiniert“, sagte der Vorsitzende Richter Volker Schwarz in der Urteilsbegründung. „Ihr eigenes und das Ihrer Familie. Für Ihren Sohn ist eine Welt zusammengebrochen, er hat sich von Ihnen abgewendet.“ Der Sohn, der als Nebenkläger auftrat, habe jenen 13. August 2024 geschildert, an dem erstmals der Verdacht aufgekommen sei, dass sein Vater, den das Mädchen liebevoll „Nonno“ nannte, mit dem Kind etwas tat, was unerlaubt war.
Dem Angeklagten sei hoch anzurechnen, dass er alles gestanden habe und dem Mädchen, das bei der ersten Tat fünf, bei der letzten gerade mal sieben Jahre alt war, erspart habe, vor Gericht auszusagen.
„Wir wissen nicht, wie es dem Mädchen geht“, sagte der Vorsitzende Richter. Erst jetzt, durch die Gespräche mit ihrer Therapeutin, habe es begriffen, dass da etwas passiert sei, was nicht hätte passieren dürfen. Aber: „Das Mädchen wäre spätestens in der Pubertät draufgekommen, dass das, was der Opa da machte, nicht in Ordnung war. Vielleicht kommt das alles irgendwann zurück. Wir hoffen, dass Sie nicht auch dieses Leben schwer geschädigt haben.“
Der Angeklagte habe das Kind nicht bedroht, habe keine körperliche Gewalt angewandt. „Sie hat Sie als Opa gemocht, es war gar nicht nötig, ihr zu drohen.“
Neigung zur Pädophilie seit der Kindheit
Der psychiatrische Gutachter, Professor Alex Theodor Gogolkiewicz, habe Pädophilie festgestellt; schon als Heranwachsender habe der mittlerweile 67-Jährige diese Neigung bemerkt, aber „keine Gelegenheit gesucht“. Was er gesucht habe, sei eine emotionale Bindung.
„Sie haben das Kind als mehr als nur ein Kind gesehen – als Geschlechtspartnerin.“ Eine gegenseitige Zuneigung habe es zwar gegeben. Aber ein Kind kenne gar nicht die Bedeutung solchen Tuns, aber der Angeklagte habe genau gewusst, dass es unrecht war – und seinem „Inneren nachgegeben“.
Pädophilie ist nicht heilbar
Pädophilie sei, so der psychiatrische Gutachter, nicht „heilbar“. Die Neigung bleibe. Aber im Fall des Angeklagten müsse eine emotionale Bindung vorhanden sein – und die „Verfügbarkeit“ des Opfers. Beides habe es in diesem Fall gegeben.
Darüber hinaus habe der Angeklagte aber auch eine Ehe geführt und Kinder gezeugt. In einem anderen sozialen Umfeld drohe die Gefahr einer Wiederholungstat nicht – daher keine Sicherungsverwahrung. „Sie sind sozial isoliert“, sagte der Vorsitzende Richter, „und Sie werden es nach der Haft noch mehr sein.“ Mit dem Strafmaß sei das Gericht weitgehend dem Antrag der Staatsanwältin gefolgt: „Eine mildere Strafe konnten wir nicht finden.“