Neues Jahr, neue Pläne – für viele Bürger steht im Januar die Urlaubsplanung an. Doch durch Corona hat sich vieles verändert. Wie die Nachfrage aktuell ist und welches Urlaubsziel im Trend liegt, verraten Reiseunternehmen in Rottweil und Bösingen.
Rottweil/Bösingen - Dubai, Kreta, Kanaren – wer sich durch das Internet klickt, der stößt immer wieder auf Reiseangebote und dürfte beim Blick aus dem Fenster nicht abgeneigt sein, sonnigere Gefilde aufzusuchen. Gleichzeitig wird man täglich mit hohen Inzidenz-Zahlen konfrontiert. Kann da überhaupt Lust auf Urlaub aufkommen?
Laut Alexander Hesse vom Lufthansa City Center Reisebüro Übersee in der Rottweiler Hochbrücktorstraße auf jeden Fall. Generell sei der Januar der buchungsstärkste Monat. Für viele Reiselustige spielten zudem die Inzidenz-Zahlen kaum eine Rolle mehr, so sein Eindruck.
Reiselust spürbar
Die Nachfrage sei beinahe vergleichbar mit der Situation vor zwei Jahren. Während viele 2020 beim Thema Urlaub eher zögerlich gewesen seien oder nur sehr kurzfristig gebucht hätten – "da hatten wir ein Last-minute-Geschäft wie vor 15 Jahren" – spüre man die Reiselust nun deutlich. So erhalte man sowohl Anfragen bezüglich kurzfristiger Flugreisen als auch zu Pauschalreisen für den Sommer. Vor allem bei Letzterem sei die Nachfrage deutlich größer als 2020.
"Ehe die Kunden sich selbst durch die verschiedenen Verordnungen wursteln, fragen sie dann lieber uns Experten", sagt Hesse. Die 2G-Regel erschwere die Arbeit hierbei. Viele Kunden seien auf Anfragen via Telefon und E-Mail umgestiegen. "Häufig ist es so, dass wir nun Angebote heraussuchen und den Kunden zuschicken, und sie diese dann schriftlich bestätigen oder dann persönlich vorbeikommen." Die typische Laufkundschaft habe man kaum.
Über Verordnung informieren
Generell könne man auch in der aktuellen Zeit gut und sicher verreisen, sagt Hesse. Es sei eben wichtig, die Verordnung im Zielland genau zu kennen und alle erforderlichen Formulare auszufüllen. "Statt zwei Papieren muss man dann am Flughafen eben noch weitere Unterlagen zeigen." Durch flexible Storno-Optionen sei auch das frühe Buchen des Urlaubs kein Problem. Zudem gebe es in den Reisebüros stets zu Beginn des Jahres Frühbucherrabatte.
Für beliebte Reiseziele zeichne sich schon ab, dass die Plätze im Sommer knapp werden könnten, meint Hesse. Wo früher sechs Mal am Tag nach Antalya (Türkei) geflogen wurde, werde nun nur noch drei Mal täglich ein Flug angeboten. Beliebte Reiseziele seien im Sommer 2022 wie die vergangenen Jahre schon vor allem Spanien, Griechenland, Italien und die Türkei. Neben der begrenzten Flugkapazität seien auch die besonders guten Hotels erfahrungsgemäß schnell ausgebucht.
Bei den Fernreisezielen gebe es aktuell einige Anfragen für Dubai, auch aufgrund der Weltausstellung, die noch bis Ende März dort zu sehen ist. "Und natürlich weil das Wetter dort zu dieser Zeit noch gut zu ertragen ist." Wer Geld sparen wolle, der sollte sich nicht aufs Stadtzentrum konzentrieren, sondern eher auf Hotels, die etwas außerhalb liegen, so Hesses Tipp.
Europaweite Reisen gut umsetzbar
Generell seien europaweite Reisen am besten umsetzbar, so der Teamleiter. Schwierig sei es hingegen bei Reisezielen wie den USA. Da habe man zwar für die Weihnachts- und Silvesterzeit viele Buchungen verzeichnen können, doch die steigenden Corona-Zahlen dort hätten der Euphorie über die Wiederöffnung für Touristen im November einen Dämpfer verpasst. Fast gar keine Anfragen habe man bezüglich Reisen nach Asien.
Und wie steht es um Kreuzfahrten, insbesondere im Lichte des jüngsten coronabedingten Reiseabbruchs der Aida? "Solche Aufreger in den Medien spüren wir bei uns im Reisebüro immer sofort", sagt Hesse. Eine Reise wie diese werde aber ohnehin selten last minute gebucht. Dementsprechend gebe es für den Sommer trotzdem schon einige Anfragen. "Die Leute haben eben Lust aufs Reisen."
Ganz anders empfindet das Sükrü Baca von Baca-Reisen in der Rottweiler Hauptstraße. Schon 2020 klagte er gegenüber unserer Redaktion über die schwierige Lage für die Tourismusbranche. Aktuell habe er für den Sommer ein paar Anfragen für den Mittelmeer-Raum. Dennoch seien die meisten Kunden noch äußerst verhalten. "Es gibt eben keine Klarheit", sagt er. Das mache das Geschäft mit dem Reisen so schwierig.
Sehnsucht nach Reisen
Auch Axel Keller, Geschäftsführer von Hauser Reisen, sieht noch reichlich Luft nach oben bei der Nachfrage. An Weihnachten und Silvester sei das Geschäft inzidenzbedingt gar nicht gut gelaufen. So habe man schon allein wegen der Sorgfaltspflicht die Hälfte der geplanten Reisen, etwa nach Frankreich oder in die Niederlande, absagen müssen.
Der große Unterschied zu 2020 sei jedoch der bessere Ausblick. "Die Kunden haben sich besser mit der Pandemie arrangiert. 2020 war alles viel ungewisser." Die Kunden hätten durchaus Sehnsucht nach Reisen, so auch Kellers Beobachtung. Der verbleibenden Ungewissheit könne man mit Option auf flexible Stornierung abhelfen.
Fernreiseziele seien aktuell nicht der Renner. Eine abgebrochene Schiffsreise und Quarantäne des Bayern-Torwarts auf den Malediven – solche Nachrichten würden die Kunden schon beeinflussen. So sei ein Großteil beim Thema Kreuzfahrt aktuell eher zurückhaltend, während es im Herbst haufenweise Anfragen dazu gegeben hatte.
2020 habe der Fokus besonders auf Reisen in Deutschland gelegen. "Da waren die Nord- und Ostsee sehr beliebt." Nun fokussiere man sich mehr auf Reisen nach Südeuropa. "Das vermisst der Kunde aktuell am meisten", so Kellers Eindruck.
Gruppenreisen schwierig
Besonders schwer sei die Lage bei den Gruppenreisen. Die leicht übertragbare Omikron-Variante mache es schwierig, ein gutes Hygienekonzept zu erstellen. Und wenn die Inzidenz steige, so merke man das im Reisebüro sofort. Dennoch seien die Menschen weniger ängstlich, so Kellers Gefühl. Und auch, weil mancher zwei Jahre lang keinen richtigen Urlaub gehabt habe, sei das Verlangen nach dem Reisen umso größer.
Jeder interpretiere die Corona-Lage jedoch anders, dem müsse man Rechnung tragen, hat Keller Verständnis für diejenigen, die bei der Reiseplanung noch zögerlich sind. Insgesamt lasse sich jedoch eine Tendenz zum frühen Buchen für den Sommer beobachten. "Das Niveau von 2019 werden wir zwar nicht erreichen, aber die Plätze für besonders beliebte Reiseziele werden recht schnell vergriffen sein", prognostiziert Axel Keller.
Hoffnung ruht auf dem Sommer
Bei Müller Reisen in Bösingen ist die Stimmung derweil gedrückt. Nachdem man drei Monate wieder normal gearbeitet habe, stehe nun wieder Kurzarbeit an, erzählt eine Mitarbeiterin des Unternehmens. Die Kunden seien durch die Inzidenzzahlen verunsichert. Die vielen wechselnden Verordnungen bedeuteten für das Unternehmen einen hohen Arbeitsaufwand.
Ende 2021 habe man fast täglich den Kunden hinterhertelefonieren und einige Reisen und Tagesfahrten stornieren müssen, etwa zum Weltweihnachtszirkus, nachdem man im Vorfeld eine Menge Arbeit in die Planung gesteckt hatte.
Während sonst im Januar vor allem die Nachfrage nach Badereisen für den Sommer hoch sei, gebe es nun nur vereinzelt Interesse. Das Thema Busreisen sei generell sehr schwierig. "So wie es aktuell läuft, haben wir es uns nicht vorgestellt", sagt die Mitarbeiterin. Nun liege alle Hoffnung auf dem Sommer. "Es ist einfach schade. Die Kunden wollten unbedingt wieder verreisen." Und dann sei die nächste Welle gekommen und habe viel Frust hinterlassen.