In Florenz will man die campierenden Touristen künftig durch einen nassen Boden vom Rasten abhalten. Damit sollen solche Bilder der Vergangenheit angehören. Foto: dpa

Baden in historischen Brunnen und ohne T-Shirt durch die Innenstadt – Italien ist ein beliebtes Reiseland und nicht alle Touristen wissen sich zu benehmen. Um etwas mehr Kontrolle über die Massen zu erlangen, haben sich einige Städte und Regionen etwas ausgedacht.

Rom - In Italien wurden im vergangenen Jahr 52,6 Millionen ausländische Touristen gezählt. Ein Prozent mehr als im Vorjahr – und 55 Prozent mehr als noch im Jahr 2001. Das ist für manche Städte erstickend viel. Denn dazu kommen noch die vielen Besucher aus dem eigenen Land. Nur wenige Italiener machen im Urlaub eine Auslandsreise. Warum auch, wenn die Heimat so viel zu bieten hat. Noch. Denn die wachsenden Besucherströme gefährden die schützenswerten Sehenswürdigkeiten. Um etwas mehr Kontrolle über die Massen zu erlangen, haben sich einige Städte und Regionen etwas ausgedacht. Ein Überblick:

Rom – Touristen, raus aus den Brunnen!

In Rom werden die vielen Touristen zunehmend als Ärgernis angesehen. Oft genug hat man sie schließlich schon dabei beobachtet, wie sie trotz zahlreicher Verbotsschilder in einem der prunkvollen Brunnen der Stadt ihre geschundenen Füße erfrischen – wenn nicht noch weitere Teile ihrer erhitzten Körper. Dass architektonische Kunstwerke wie zum Beispiel Berninis Vierströmebrunnen auf der Piazza Navona zu Planschbecken degradiert werden, versetzt die sonst so freundlichen Römer in Rage.

Mit einer neuen Verordnung will die römische Stadtverwaltung dem respektlosen Treiben ein Ende setzen: In den Sommermonaten (Anfang Juli bis Ende Oktober) werden Strafen von 40 bis 240 Euro fällig, gönnt man sich ein Bad in einem von rund 20 besonders geschützten Brunnen. Auch wer sich auf den Beckenrand setzt, etwas verzehrt, wer Tiere oder Kleidung in dem Wasser wäscht oder seinen Hund daraus trinken lässt, muss mit einer saftigen Strafe rechnen.

Am bekanntesten Brunnen der Stadt, dem Trevibrunnen, soll es außerdem bald eine Zugangsbegrenzung und ein Leitsystem geben, mit dem die Besucher an der Sehenswürdigkeit vorbeigeschleust werden. Panino und Eis essen kann man schließlich auch woanders. Allerdings nicht mehr wie früher auf der Spanischen Treppe: Seit deren Wiedereröffnung nach einer monatelangen Säuberungsaktion im vergangenen September achten Sicherheitsleute rund um die Uhr darauf, dass dort weder gegessen noch getrunken geschweige denn geraucht wird.

Florenz – Wasser, marsch!

Das Campieren und Vespern auf den Treppen der Kirchen und Plätze ist auch der Stadtverwaltung von Florenz schon lange ein Dorn im Auge. Eine Zugangsbeschränkung oder gar Obergrenze für Touristen, wie sie seit einiger Zeit unter dem Schlagwort „numero chiuso“ in der italienischen Politik diskutiert wird, heißt man in der Renaissance-Stadt am Arno aber nicht gut.

Stattdessen wolle man zu „freundlicheren Maßnahmen“ greifen, wie Bürgermeister Dario Nardella sagt. In Florenz versteht man darunter, ran an den Wasserschlauch. In diesem Sommer werden die am meisten bevölkerten Stufen, beispielsweise die vor der Kirche Santa Croce oder vor dem imposanten Dom im historischen Stadtzentrums, in regelmäßigen Abständen mit Wasser abgespritzt. Damit soll verhindert werden, dass sich die Besucher dort zu einem Mittagshäppchen niederlassen.

Venedig – oben ohne durch die Stadt

Wie das Zentrum von Florenz zählt auch die Lagune von Venedig zum Unesco-Weltkulturerbe. Auch hier übersteigt die Zahl der Besucher die der Tauben auf dem Markusplatz bei weitem. Daher wird nun überlegt, ein Ticketsystem für den Besuch des Platzes aus dem 9. Jahrhundert einzuführen. Venezianer und Angestellte der Betriebe auf dem Platz dürften weiterhin frei passieren. Über die Modalitäten ist man sich noch nicht ganz einig: So wird über den Ticketpreis noch diskutiert, fünf Euro stehen im Raum. Auch soll dies nur für Stoßzeiten gelten.

Festgelegt würde das nach den erwarteten Besucherzahlen. Die aber kennt keiner so genau. Gezählt werden nämlich nur die Hotelübernachtungen, das sind zehn Millionen pro Jahr. Allerdings kommen die meisten Besucher nur für einen Tagesausflug in die Lagunenstadt und verlassen diese nach wenigen Stunden schon wieder. Geschätzt kommen 30 Millionen Besucher jedes Jahr nach Venedig. An drei Brücken, die über den Rio Novo in die Lagune hineinführen, will man Personenzähler aufbauen.

Um den 53 000 Tonnen Müll Herr zu werden, den die Touristen im Jahr hinterlassen, hat Venedig vor wenigen Wochen bereits ein Fast-Food-Verbot erlassen. Ende Juni sollen außerdem hundert zusätzliche Polizisten dafür sorgen, dass sich die Besucher angemessen verhalten. Verboten ist es, mit nacktem Oberkörper durch die Stadt zu laufen, Tauben zu füttern oder in die Kanäle zu springen.

Cinque Terre – Stillstand statt Wanderlust

Wer auf den Wanderwegen der Cinque Terre unterwegs ist, steht viel. Nicht um die Aussicht aufs Ligurische Meer zu genießen, sondern um den Gegenverkehr durchzulassen. Die Regionalzüge, die die fünf Orte Monterosso al Mare, Vernazza, Corniglia, Manarola, Riomaggiore verbinden, sind randvoll mit Touristen. 2,5 Millionen Besucher kommen jährlich, Tendenz steigend. Sie sind nicht nur eine Gefahr für die Natur und den Erhalt der alten Orte und Pfade, die diese verbinden. Oft kommt es zu Unfällen auf den Wanderwegen an der Steilküste.

2002 hat die Region daher die Notbremse gezogen: Um auf dem beliebtesten und bekanntesten Cinque-Terre-Wanderweg Monterosso-Riomaggiore lustwandeln zu können, braucht man eine Eintrittskarte. Seit Anfang Juni dieses Jahres gibt es außerdem eine App, die herunterladen kann, wer die Besuchersteuer für die Cinque Terre entrichtet hat. Sie zeigt den Ausflüglern für drei der beliebtesten Wanderwege mit Hilfe eines Ampelsystems an, ob der gewünschte Weg wieder einmal überfüllt und damit die Obergrenze von 400 Personen erreicht ist.

Von 2018 an sollen auch die fünf Orte, die ebenfalls aus allen Nähten zu platzen, von der Technik profitieren. An strategischen Punkten, wie Unterführungen an Bahnhöfen, werden Geräte zum Zählen der Besucher aufgestellt, die Daten an die Bahnhöfe der anderen Städte und in La Spezia weitergeleitet. Die Touristen können dann entscheiden, ob sie warten wollen, bis sich der Andrang gelegt hat, oder ob sie lieber einen anderen der Orte besuchen wollen. Die Region setzt damit auf eine weiche Lösung. Von einer Obergrenze oder Verboten hält man auch hier nichts.