Die Gäste zeigten sich fasziniert von den Artefakten. In der Mitte sieht man eine nachgebaute kleine Axt. Die Beutel links im Bild dienen der Aufbewahrung getrockneter Nahrung und kleinerer Reparaturwerkzeuge. Foto: Schuster

Nähzeug aus Lederstreifen und Ahlen aus Knochen sowie Birkenpech: Die Zuhörer bestaunten die Dinge des alltäglichen "steinzeitlichen" Bedarfs, die Markus Klek und seine Mitstreiter im Untermühlbachhof präsentierten.

St. Georgen-Peterzell - Die Auswahl an Gerätschaften, die auf dem Stubentisch des Untermühlbachhofs zum Bestaunen und Begutachten ausgebreitet liegen, ist erstaunlich. Das Besondere an ihnen: Es sind allesamt Kopien von Originalen aus einer längst vergangenen Zeit – hergestellt von den vier seltsam gekleideten Herren, die am Tisch sitzen. Markus Klek befindet sich derzeit auf einer mehrtägigen steinzeitlichen Wanderung durch den winterlichen Schwarzwald. Der Archäotechniker aus Schramberg will auf diese Weise seine selbst gefertigten Nachbauten frühzeitlicher Gegenstände des täglichen Bedarfs auf deren tatsächliche Brauchbarkeit überprüfen – sie also gewissermaßen einem Härtetest unterziehen.

Übernachtung im Freien

Zwei Tage zuvor war Klek in seiner Heimatstadt aufgebrochen. Sein Ziel: Freiburg. Übernachtet wird ausschließlich im Freien, aber ohne Zelt und Schlafsack. "Meine Ausrüstung entspricht der, die die Menschen der Steinzeit auch schon nutzten."

Am Ziel seiner zweiten Etappe hatte er sein Lager in der Nähe des Untermühlbachhofs aufgeschlagen. Ehe er sich jedoch in den verschneiten Wald zum Schlafen zurückzog, informierte er in der guten Stube der Familie Hahn über sein Vorhaben sowie über eine Zeit in der Menschheitsgeschichte, die in Mitteleuropa etwa bis 2200 vor Christus bestand und dann durch die frühe Bronzezeit abgelöst wurde.

Kleidung wie in der Steinzeit

Klek berichtete, dass allerdings kaum Gebrauchsgegenstände aus organischem Material erhalten geblieben seien. Glückliche Ausnahme: der Fund des Steinzeitmenschen in den Alpen – Ötzi. Nun habe man Anhaltspunkte über Beschaffenheit und Aussehen einiger Utensilien, etwa der Kleidung. Und genau dieselbe hätten er und seine Begleiter auf der Wanderung an – alles selbstgefertigt.

Da sei zunächst einmal der Lendenschurz, das Teil für "unten drunter". Hinzu kämen Leggins und ein langärmeliges Hemd, beides aus Leder, das mit diversen Knochenteilen und Fuchszähnen reich verziert sei. Schließlich folgten Überwurf, massiver Ledermantel und eine haubenartige Kopfbedeckung, die vor schlechter Witterung schütze. Die Sohlen der Schuhe bestünden aus grober getrockneter Wildschweinhaut, einem besonders widerstandsfähigen Material. Die Archäotechnik, so Klek, habe das Ziel, Dinge des alltäglichen "steinzeitlichen" Bedarfs dieser Menschen nachzubauen, um so deren Lebenswirklichkeit näherzukommen.

Lager im Wald

Die beiden Schweizer Andrè Schnellmann und Reimund Kuckuk sowie Dennis Moch hätten ihn auf den ersten beiden Etappen bis nach Peterzell begleitet. Nach einem Ruhetag, der unter anderem zum Trocknen der Kleidung und Ausrüstung genutzt werde, setze er seine Wanderung dann alleine fort, erklärt der Archäotechniker.

Die erste Etappe sei steil bergan über den Tischneck verlaufen und habe bis in die Nähe von Hardt geführt. Tags darauf habe man, an Buchenberg vorbei, bereits am frühen Nachmittag den Untermühlbachhof erreicht und sich im Wald in der Nähe ein geeignetes Lager gesucht.

Hunde verunsichert

Die vier Wanderer berichteten schmunzelnd von interessanten Begegnungen unterwegs. Manche Leute zeigten sich irritiert, andere wollten mehr von den seltsamen Wanderern wissen. Vor allem die mitgeführten Hunde hätten sichtlich verunsichert Witterung aufgenommen. Sind hier etwa noch Gene aus der Urzeit der Vierbeiner wirksam? Wer weiß.

Wie läuft der Rest des Tages nach Erreichen eines Etappenziels ab? Markus Klek erklärte: Zunächst entferne er den Schnee vom Boden. Als Schutz gegen die Kälte und Nässe von unten nutze er entweder frische Tannenzweige oder seine dicke Felldecke.

Andrè Schnellmann schob ein, er setze die mitgebrachte Schilfmatte ein, die er aber – und dies sei der Nachteil – mitschleppen müsse. Dann werde trockenes Holz gesammelt und mittels Feuersteinen versucht, ein Lagerfeuer zu entfachen. Da es bei diesen niedrigen Temperaturen unsinnig sei, Wasser mitzunehmen, könne man entweder geschmolzenen Schnee oder Wasser aus einem Bach zum Ansetzen eines Tees aus Pfefferminze oder Eberesche in der feuerfesten Keramiktasse über dem Feuer erhitzen.

Frikadellen aus Forelle

Schließlich, so Klek, könne er essen. Für die ersten drei Tage habe er sich mit getrocknetem Fleisch und Obst, Frikadellen aus Forelle und Nüssen eingedeckt. Alles müsse aber leicht und gut zu transportieren sein – in speziellen Ledersäckchen. Danach versuche er, unterwegs geeignete Nahrung zu kaufen. Bis Eisenbach, wo er eine kleine Versorgungsstation angelegt habe, sei seine Route klar. Danach entscheide er je nach Wettersituation über den weiteren Verlauf Richtung Freiburg. Er marschiere entweder über den Feldberg oder alternativ über den Thurner.

Nähzeug aus Lederstreifen

Grundsätzlich habe er alles, was er unterwegs benötige, in seinem Rucksack, der mitsamt dem Tragegestell ganz nach Ötzis Vorbild gefertigt sei, mit dabei. Dazu zählten auch Werkzeuge, mittels derer kleinere Reparaturen an Kleidung und Ausrüstung gemacht werden könnten, so etwa Nähzeug aus Lederstreifen und Ahlen aus Knochen sowie Birkenpech, ein aus Birkenrinde gewonnener vielseitig einsetzbarer Klebstoff.

Man müsse sich bei einer solchen Tour auf jeden Fall vorher genau überlegen, welche Dinge unverzichtbar seien und welche nicht. Es sei gewissermaßen eine Abwägung zwischen zusätzlichem Gewicht, das mitgeschleppt werden müsse, und "Luxus". Sein gesamtes Gepäck wiege rund 14 Kilogramm. Angesichts der aktuell guten Schneelage werde er ab Peterzell versuchen, einen Schlitten einzusetzen.

Bevor sich Klek und seine steinzeitlichen Wandergenossen zum Schlafen in den Wald verabschiedeten, hatten die faszinierten Zuhörer reichlich Gelegenheit, Fragen zu stellen und die präsentierten Artefakte zu bewundern.