Erst mal braucht es Unterschriften für die Vereinigung. Satire-Partei hat auch ernste Anliegen.
Die politische Landschaft im Kreis ist um eine Partei reicher geworden, genauer gesagt um "Die Partei". Ende September wurde in Bad Herrenalb ein Kreisverband gegründet. Die ursprünglich als Satire-Partei ins Leben gerufene Vereinigung hat auch ernste Anliegen. Und sie möchte bei der Landtagswahl ins lokale politische Geschehen eingreifen.
Bad Wildbad - Es war kalt am Samstag in Bad Wildbad, als "Die Partei" vor dem Kino auf Unterschriftenjagd ging. Vielleicht auch deshalb wurde deren Stand nur gering frequentiert. Die Unterschriften benötigen die Politiker, um an der Landtagswahl teilnehmen zu dürfen. Eigentlich braucht man dafür 150 Signaturen in einem Landkreis. "Die Partei" hat dagegen mit anderen Kleinstparteien geklagt. Anfang November gab ihnen das Landesverfassungsgericht recht. 75 Unterschriften werden jetzt noch bis zum 13. Januar benötigt.
Besserer Kontakt zur Basis
"Die Leute bekommen 50 Prozent auf ihre Unterschrift", sagt Alexis Vögele, Vorsitzender der Kreisverbandes. Der potenzielle Landtagskandidat André Weber sah das Ganze als Vorteil. Man bekomme so den Kontakt zur Basis. Das fehle vielen Politikern. Die Menschen bekämen Amtsträger, nachdem sie diese gewählt hätten, ja sonst nur noch selten zu Gesicht.
"Die Partei" ist im Kreis nicht ganz unbekannt. Bei der Bürgermeisterwahl in Bad Herrenalb 2019 machte sie durch eine Kandidatenflut auf sich aufmerksam. Gewählt wurde von den 29 "Partei"-Kandidaten niemand. Die Aktion fand jedoch bundesweit Beachtung. Und darum ging es auch, wie Weber erklärte. Man wollte auf das Problem des "Bürgermeisterhoppings" aufmerksam machen, also das viele Kandidaten im ganzen Land immer wieder bei solchen Wahlen anträten. Vögele nannte den Bad Wildbader Bürgermeister Klaus Mack hier als Beispiel.
Wegen dieser Erfahrung habe man auch Bad Herrenalb als Gründungsort für den Kreisverband gewählt. Zu dieser Sitzung habe sogar der dortige Bürgermeister Klaus Hoffmann ein Grußwort überbracht. Dieser meinte, dass bei der "Partei" seien alles intelligente Leute, berichtete Weber. Gemeinsam habe man sich auf ein Projekt verständigt. Im dortigen Stadtpark sollen 29 Bäume gepflanzt werden, als Reminiszenz für die 29 Kandidaten.
Vier "Die Partei"-Mitlgieder im Calwer Kreisverband
"Die Partei" wurde 2004 von Redakteuren des Satiremagazins Titanic gegründet. Ihr Name steht als Akronym für "Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative". Mittlerweile hat sie bundesweit etwa 50.000 Mitglieder. Vier davon sind im Calwer Kreisverband organisiert, wie Vögele berichtete. Auch erste politische Achtungserfolge konnten erzielt werden.
So hat "Die Partei" bei der letzten Wahl zwei Sitze im Europa-Parlament gewonnen. Diese werden durch den prominenten Satiriker Martin Sonneborn und den aus der Heute-Show bekannten Poetry-Slammer Nico Semsrott besetzt. Und auch im Bundestag ist man vertreten. Der frühere Dortmunder SPD-Abgeordnete Marco Bülow hat erst kürzlich zur Satire-Partei gewechselt.
Zum satirischen Anspruch passen auch die Positionen Webers. Er will viel mit Lobbygruppen zusammenarbeiten und möglichst viel Geld für sich rausholen, am liebsten einen eigenen Mercedes, sollte er in den Landtag gewählt werden. Oft in Stuttgart sein werde er wahrscheinlich nicht. Der Weg sei schließlich weit und er außerdem faul. Er sei da ganz ehrlich. Vor der Wahl würde den Menschen ja sonst alles Mögliche versprochen. "100 Prozent plus x", so das bescheidene Ziel des Kandidaten für die Wahl. Es sollten ruhig ein paar bisherige Abgeordnete arbeitslos werden, damit die mal sähen wie das ist.
Weber ist Heilpraktiker und führe in dieser Funktion auch Afterspülungen durch, wie er berichtet. Im Landtag wolle er dann "AfDerspülungen" durchführen. Ein Slogan, der sich auch auf den Wahlplakaten wiederfindet. Dem Kreisvorsitzenden Vögele schwebt die Flutung Calws vor. Dies würde die Flößerwirtschaft wieder beleben und den Verkehr zum "fließen" bringen. Auch in Nagold sei dies möglich. Ein Aquädukt gebe es ja schon.
Auch ernsthafte Anliegen
Das Landratsamt solle zu einer Stadtbrauerei umgewandelt werden gemäß seinem Ansatz "Wirtschaften müssen gefördert werden". Den rechtsextremen Umtrieben beim KSK wolle man mit einer "pazifistischen Wehrsportgruppe" begegnen.
Die beiden Politiker formulierten aber auch ernsthaftere Anliegen. Er wolle in keiner reinen Satire-Partei aktiv sein, meinte Weber. Er fände gut, dass man sich in seiner "Partei" nicht sklavisch an ein Programm halten müsse. Der "gesunde Menschenverstand" stehe im Vordergrund, man sei einem eigenen Gewissen verpflichtet. Für Vögele befinden soziale Themen im Fokus. Er möchte vor allem für billigeren Wohnraum sorgen und dafür, dass es Arbeitslosen besser geht. Und der Umweltschutz habe für ihn und seine "Partei" ebenfalls einen großen Stellenwert. Die Grünen in Baden-Württemberg vernachlässigten dieses Thema seiner Meinung nach stark.Die AfD sei der Hauptgegner.
Doch auch seine "Partei" ist immer wieder Kritik ausgesetzt. Manche Wahlplakate seien rassistisch. Innerhalb der "Partei" gibt es Sexismusvorwürfe.
Insgesamt erhofft sich Vögele einen Schub für "Die "Partei"" im Landkreis. Bei der Europawahl im vergangenen Jahr kam "Die "Partei" im Kreis Calw auf 1,4 Prozent der Stimmen.