Ein Unternehmer aus Sulz am Neckar muss sich vor Gericht verantworten. Es geht um späte Entscheidungen, private Darlehen – und eine überraschende Wendung.
Ein Unternehmer aus Sulz steht wegen Insolvenzverschleppung und Betrug vor dem Oberndorfer Amtsgericht.
Laut Anklageschrift ist der 65-Jährige seit Ende 2019 überschuldet. Dementsprechend hätte bereits 2020 ein Insolvenzantrag gestellt werden müssen. Allerdings wurde dieser erst 2022 gestellt. Zudem habe der Angeklagte aufgrund einer Zahlungsunfähigkeit vier Darlehen im Wert von 40 000 Euro von seiner damaligen Freundin angenommen – im Wissen, dass er diese nicht zurückzahlen könne, verliest der Staatsanwalt.
„Wir waren uns einig, dass man keine Insolvenz anmelden muss“, verteidigt sich der Angeklagte und bezieht sich mit seiner Aussage auf Gespräche, die er mit seinem Steuerberater und einem Insolvenzberater geführt haben will.
„Ich wollte kein Verbrechen begehen“
In den Jahren 2018 bis 2020 habe der Ingenieur gemeinsam mit seiner inzwischen verstorbenen Mutter insgesamt noch 144 000 Euro in sein Ingenieursdienstleisterunternehmen investiert. „Ich hätte das Geld nicht mehr der Firma zugeschossen, wenn ich hätte Insolvenz anmelden müssen“, gibt er an.
„Ich wollte kein Verbrechen begehen“, versichert der Angeklagte. Er habe sich wiederholt rückversichert, ob er Insolvenz anmelden müsse.
2020 habe sich die Lage seiner Firma auch gebessert. Er habe neue Projekte an Land ziehen können, sei aber einfach nicht von dem Schuldenberg runtergekommen, erklärt der ehemalige Unternehmer.
Finanzielle Lage offen kommuniziert
Zum Betrugsvorwurf erklärte der Angeklagte, er habe seine finanzielle Lage offen kommuniziert. Die Rückzahlung der Darlehen sei geplant gewesen. Als dies nicht möglich war, habe er eine Grundschuld angeboten.
Hierbei handelt es sich um das Haus, das ihm inzwischen als Alleinerbe seiner Mutter gehört. Über eine Zwangsversteigerung solle die Geschädigte nun das Geld zurückerhalten, so der Angeklagte.
Als Zeugin sagt eine Vollzugsbeamtin der Staatsanwaltschaft Rottweil aus. Diese habe in einem Ermittlungsverfahren festgestellt, dass eine Überschuldung des Unternehmens schon aus der Jahresbilanz für das Jahr 2019 ersichtlich war. „Zu dem Zeitpunkt als er das Darlehen angenommen hat, hätte ihm klar sein müssen, dass er es nicht zurückzahlen kann“, gibt die Zeugin zu Protokoll.
Steuerrückerstattung von 15 000 Euro
In einem vorausgegangenen Zivilverfahren wurde der Angeklagte bereits zur Rückzahlung der Darlehen verurteilt, so die Vollzugsbeamtin.
Anfang 2022, als die Geschädigte den Angeklagten kennengelernt habe, „war auch schon die Rede davon, dass es finanzielle Probleme in der Firma gibt“, sagt die ehemalige Freundin des Unternehmers aus.
Die 58-Jährige berichtet, der Angeklagte habe mit einer Steuerrückerstattung von 15 000 Euro gerechnet. Mit ihren ersten zwei Darlehen ein paar Monate nach dem Kennenlernen habe sie ihm helfen wollen, die Zeit zu überbrücken, bis dieses Geld komme.
Zwei weitere Darlehen
Einige Zeit später habe Geld gefehlt, um die angestellten Ingenieure zu bezahlen, und daraufhin habe sie dem 65-Jährigen zwei weitere Darlehen gegeben. „Ich wusste nicht, dass es der Firma schlecht geht“, erläutert sie, sonst hätte sie ihm niemals die 40 000 Euro überwiesen. Vier Monate später hätten die Schulden schon beglichen sein sollen.
Doch auch nach dem Heilbronner Urteil habe sie noch immer keinen Cent von ihrem Geld gesehen.
Im weiteren Verlauf der Verhandlung versuchte der Anwalt mit Fragen an die Geschädigte, wiederholt auf die Beziehung zwischen den beiden einzugehen. Auch andere Tilgungspläne, die das Paar per WhatsApp besprochen haben soll, sollten zum Thema gemacht werden.
Anwalt stellt Befangenheitsantrag
Diese Fragen unterbindet der Richter immer wieder, da diese Aspekte nicht zu der Bewertung der Schuld betrügen. Also, ob der 65-Jährige die Darlehen seiner Freundin angenommen habe in dem Glauben, dass er es nicht zurückzahlen könne, erklärt der Richter genauer.
Daraufhin stellt der Anwalt des Angeklagten einen Befangenheitsantrag gegenüber dem Richter. Jetzt ist die Hauptverhandlung ausgesetzt – ein neuer Richter wird über die Sache entscheiden.