„Die Firmen brauchen das Signal, dass sich in diesem Land etwas zum Besseren ändern soll und kann“, mahnt Christian O. Erbe. Foto: dpa/Christoph Schmidt

Wenige Wochen vor der Bundestagswahl übt die IHK Reutlingen Kritik. Unternehmen benötigten unter anderem weniger Regulierung, dafür mehr Innovation.

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Reutlingen mahnt vor der Bundestagswahl im Februar, dass ein wirtschaftlicher Umschwung dringend nötig sei.

 

„Die strukturelle Krise in diesem Land ändern wir nur noch mit umfassenden Reformen und klaren Prioritäten“, sagt IHK-Präsident Christian O. Erbe, zugleich Geschäftsführer der Erbe Elektromedizin GmbH mit Sitz in Tübingen und Rangendingen.

Die IHK-Vollversammlung hat nach eigenen Angaben zehn Forderungen verabschiedet. Sie spricht sie sich unter anderem für weniger Regulierungen, Ausbau und Modernisierung der Infrastruktur sowie ein vereinfachtes Steuersystem aus. „Die Firmen brauchen das Signal, dass sich in diesem Land etwas zum Besseren ändern soll und kann. Wir stehen an einem Scheideweg: Gelingt uns das Comeback als starker Wirtschaftsstandort oder sind wir künftig einfach nur noch Mittelmaß?“, warnt Erbe demnach.

IHK: Energiekosten beeinträchtigen Wettbewerbsfähigkeit

Kritisiert werden unter anderem die hohen Energiepreise: Wenn Betriebe zum Teil das Vier- bis Fünffache ihrer ausländischen Konkurrenten für Strom zahlen müssten, seien sie oft nicht mehr wettbewerbsfähig, heißt es unter anderem.

„Am Ende brauchen die Betriebe Versorgungssicherheit, unabhängig davon, welcher Energieträger den nötigen Strom liefert“, erklärt IHK-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Epp.

Die IHK fordert, regelmäßige Berichte und Nachweise abzubauen und nennt als Beispiel Statistik-Meldungen zur Produktionsmenge oder die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Stattdessen schlägt sie Stichproben vor. „Was dadurch an Kapazität gespart wird, kann unmittelbar in die Digitalisierung der Verwaltung fließen, denn auch hier sind uns andere Länder deutlich voraus“, so Epp.

Kritik: Ausbau von B27 und B463 dauert zu lang

Gemahnt wird auch, die Infrastruktur auszubauen und zu sanieren. Das Beispiel in diesem Fall: „Wir brauchen Jahrzehnte für den Bau einer Straße wie der B 27 oder dem Ausbau der B 463 in Albstadt. Das ist nicht mehr vermittelbar“, kritisiert Epp. Die Planungsverfahren sind aus seiner Sicht zu langwierig. „Politik und Verwaltung hören auf jede Bürgerinitiative, aber haben zu wenig im Blick, was dem Standort, den Unternehmen und dem Erhalt des Wohlstands dient.“

Darüber hinaus fordert die IHK unter anderem, die Fachkräftebasis zu verbessern, unter anderem, indem der Zuzug erleichtert wird, oder auch Innovationen zu fördern – etwa in KI- und Biotechnologie-Forschung.

IHK-Hauptgeschäftsführer Epp drängt: „Die deutsche Freude am Detail gepaart mit politischer Ideologie haben das Land mit in diese schwierige Lage gebracht.“

Thomas Lindner, Vorsitzender des IHK-Gremiums Zollernalbkreis und Aufsichtsratsvorsitzender bei Groz-Beckert in Albstadt, unterstützt die Forderungen: „Die Meinung der Wirtschaft muss endlich stärker gehört und Unternehmertum als Grundlage für Arbeit und Wohlstand in diesem Land wieder wertgeschätzt werden.“