Blick auf die Lahrer Innenstadt: Die Verwaltung appelliert an Immobilieneigentümer, freien Wohnraum für Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen. Foto: Bildstein

Bis Jahresende müssen noch rund 850 Flüchtlinge in der Ortenau unterkommen. Das stellt die Kommunen vor große Herausforderungen. Helfen könnten und sollen vor allem private Vermieter.

Ortenau - Müssen die Ukraine-Flüchtlinge bald in Turnhallen untergebracht werden? Michael Loritz, der für Flüchtlingsfragen zuständigen Dezernent im Landratsamt, hält das, wie berichtet, für wahrscheinlich. Unsere Redaktion hat bei den Kommunen nachgefragt. 

Lahr: In der Stadt sind derzeit 677 ukrainische Flüchtlinge gemeldet. "Aufgrund der aufwendigen Verfahren stößt die Ausländerbehörde an ihre Kapazitätsgrenzen", teilt Pressesprecher Nicolas Scherger mit. Die Stadt ruft deshalb dazu auf, ungenutzten Wohnraum für Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen. Auch bei Kitas, Schulen, Sprach- und Integrationskursen werde es eng. Man sei auf die Unterstützung durch Ehrenamtliche, kirchliche und karitative Träger sowie auf von Privatpersonen angewiesen, heißt es. Die meisten Flüchtlinge seien bislang privat untergekommen. Doch es werden noch mehr.

"Der Zustrom von Januar 2016 ist nahezu erreicht", so Scherger mit Blick auf die bislang letzte große Flüchtlingswelle. Neben den ukrainischen Flüchtlingen sei auch ein verstärkter Zustrom unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge, hauptsächlich aus Afghanistan und der Türkei, zu verzeichnen. Derzeit gibt es in Lahr 110 Plätze für die Anschlussunterbringung, die fast komplett belegt sind. Deshalb sollen Flüchtlinge in die Ortenauhalle ziehen.

Ettenheim: "Die aktuelle Situation ist sehr ernst, kann aber derzeit noch bewältigt werden", sagt Pressesprecherin Heike Schillinger. Aus vergangenen Jahren sind noch 151 Flüchtlinge in Ettenheim gemeldet. Dieses Jahr wurden weitere 183, davon 152 aus der Ukraine, aufgenommen. Ohne die private Unterbringung "wäre die Aufnahme der hohen Anzahl an Flüchtlingen in Ettenheim nicht möglich gewesen", so Schillinger. Nach Mitteilung des Landratsamts muss die Barockstadt bis Jahresende noch mindestens 16 Flüchtlinge unterbringen – dann voraussichtlich in städtischen Wohnungen, so Schillinger. Eine Hallenbelegung sei nicht geplant.

 Rust: "Mit der Aufnahme von 312 Flüchtlingen hat die Gemeinde Rust ihre Quote erfüllt", berichtet Sprecher Mirko Masen. Bis Jahresende werde man keine weiteren Flüchtlinge aufnehmen. 120 Flüchtlinge sind in Containern untergebracht, der Rest ist in Gemeindeunterkünfte gezogen oder lebt bei Privatpersonen. Eine Unterbringung in Turnhallen gebe es in Rust nicht. Viele Flüchtlinge – gerade in Privatunterkünften – seien auf Wohnungssuche.

Neuried: In Neuried leben laut der Gemeinde derzeit 143 ukrainische Flüchtlinge und 174 Flüchtlinge aus anderen Ländern. Sorgen machen der Gemeinde die Aufnahmequoten: "Sie steigen ständig, insbesondere für ukrainische Flüchtlinge", erklärt Hauptamtsleiterin Simone Labiche. Dabei habe man die Quote für ukrainische Flüchtlingen bereits übererfüllt: Eigentlich müssten nur 102 aufgenommen werden. Dafür müsse man aber noch 14 Flüchtlinge aus anderen Ländern unterbringen. Diese werden laut Labiche in der alten Schule in Dundenheim untergebracht. "Der Mietraum ist leergefegt." Eine Container- oder Hallenunterbringung sei aber nicht vorgesehen. Man habe eine ukrainische Übersetzerin, von der Gemeinde bezahlt, und eine Integrationsmanagerin, beide in Teilzeit.

Deswegen wünscht sich Labiche von Bund und Ländern insbesondere "finanzielle Hilfe für administrative Aufgaben".  Seelbach: Laut Gemeindeverwaltung hat man 45 Flüchtlinge aus der Ukraine untergebracht, meist in Wohnungen von Privatpersonen, aber auch in kirchlichen Gebäuden. In den vergangenen Jahren seien 45 Flüchtlinge in Seelbach aufgenommen worden. 33 sind in gemeindeeigenen Gebäuden untergebracht, zwölf in Privatwohnungen. Sie seien sehr gut integriert, ist aus dem Rathaus zu hören. Wie viele Flüchtlinge bis Jahresende kommen, sei unklar.

Schwanau: "Die aktuelle Situation ist durchaus belastend. Wir bereiten uns zwar so gut es geht vor, wissen allerdings auch nicht genau, auf welche Dimensionen wir uns letztlich vorbereiten müssen", teilt die Gemeinde mit. Schwanau beherbergt rund 60 ukrainische und 16 weitere Flüchtlinge. Die Aufnahmequote für dieses Jahr sei noch nicht erfüllt. Die meisten ukrainischen Flüchtlingen seien privat untergekommen.

Die Gemeinde sei an der Kapazitätsgrenze angelangt, deshalb müssten andere Lösungen her: "Der Gemeinderat hat bereits im April einen Beschluss zur Anmietung von Wohncontainern gefasst", heißt es.

Friesenheim: Laut Verwaltung sind momentan 64 Flüchtlinge in gemeindeeigenen Unterkünften untergebracht, davon acht Ukrainer. 143 weitere leben in privaten Unterkünften. Nach der Zuteilungsquote muss man bis Jahresende zwölf weitere ukrainische Flüchtlinge aufnehmen. "Die Unterbringung in Hallen ist auf jeden Fall nicht geplant, da es ausreichend Aufnahmekapazitäten in den gemeindeeigenen Unterkünften gibt", gibt die Gemeinde Entwarnung.

Für Ukrainer gelten andere Regeln: 

Ein Problem besteht zunehmend darin, dass viele Flüchtlinge aus der Ukraine von der Zuständigkeit des Kreises in die der Kommunen – die sogenannte Anschlussunterbringung – übergehen. Denn für Ukrainer gelten andere Regelungen als für "normale" Flüchtlinge. Letztere müssen zwei Jahre in der vorläufigen Unterbringung bleiben, Ukrainer verbringen dort maximal sechs Monate.