Bürgermeister Andreas Braun geht im Interview auf die geplanten Vorhaben und Herausforderungen für die Gemeinde ein. Foto: Graf Foto: Schwarzwälder-Bote

Interview: Gemeindeoberhaupt appelliert an Bürger: Möglichst viel im Ort konsumieren / Rückgang bei den Übernachtungszahlen

Unterkirnach. Es gibt viel zu tun in der Gemeinde. Weichen für die Zukunft müssen jetzt gestellt werden. Ob schnelles Internet, Ausbau und Erhalt der attraktiver Infrastruktur oder die Steigerung der Übernachtungszahlen, es tut sich einiges in der Gemeinde, um den zukünftigen Herausforderungen zu begegnen. Im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten stellt Bürgermeister Andreas Braun seine Sicht der kommenden Aufgaben dar.

Sie sind jetzt seit über zwei Jahren im Amt. Haben sich Ihre Erwartungen bisher erfüllt, und welche Ziele haben Sie sich für Ihre weitere Amtszeit gesetzt?

Ich habe hier eine tolle Gemeinde vorgefunden, in der es ein überdurchschnittliches Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger gibt. Gerade in der heutigen Zeit ist die Arbeit füreinander und miteinander von unschätzbarem Wert. Auch die Kolleginnen und Kollegen im Rathaus und in der gesamten Verwaltung leisten eine exzellente Arbeit. Trotzdem ist die Weiterentwicklung einer Gemeinde eine nie endende Aufgabe. Und dies erfolgt im Hinblick auf die Größe der Gemeinde in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem Oberzentrum. Dort gibt es eine Vielzahl von Angeboten, welche aufgrund von Mobilitätsverbesserungen natürlich auch in Kürze erreichbar sind. Daher wird es immer eine große Herausforderung sein, hier vor Ort diese einzigartige Infrastruktur mit ihren zahlreichen Angeboten vollumfänglich zu erhalten. Mein Ziel ist es, die Lebens- und Wohnqualität zu erhalten und bedarfsgerecht auszubauen.

Was schätzen Sie an der Gemeinde besonders, und wo sehen Sie Handlungsbedarf auf der Zeitachse?

Konkret sehe ich bei zwei wesentlichen Themen Handlungsbedarf. Diese sind die kurz- und mittelfristige Sicherung der örtlichen Nahversorgung, und die absolut notwendige Stärkung der Ertragskraft in unserer Gemeinde. Diese muss durch die Steigerung der Übernachtungs- und der Einwohnerzahlen erfolgen. Genauso wichtig ist die Schaffung weiterer Arbeitsplätze in unserem Dorf, wobei diese von der Erschließung neuer Gewerbeflächen abhängig sein wird. Die örtlichen Rahmenbedingungen sind hierbei von entscheidender Bedeutung, denn noch verfügt die Gemeinde derzeit über keine weiteren nutzbaren Gewerbeflächen.

Welche Bedeutung hat der Tourismus für die Gemeinde und welche Maßnahmen werden getroffen, um den Tourismus zeitgemäß weiterzuentwickeln? Warum sind die Übernachtungszahlen im restlichen Ferienland gestiegen und nur in Unterkirnach gesunken?

Durch den Austritt aus dem Ferienland gilt es, die Aufgaben im touristischen Bereich zunächst personell so auszustatten, dass es auch möglich sein wird, zielgerichtet und projektbezogen zu arbeiten, um dann konkrete Ergebnisse zu erzielen. Allerdings werden wir das bisherige Personalvolumen der Gemeinde nicht erhöhen. Durch eingesparte Aufwendungen für Personal gegenüber dem Ferienland können wir intern Verfahren optimieren und Arbeitsabläufe neu organisieren, sodass wir nun in der Lage sind, zukünftig wieder alle zum Tourismus dazugehörigen Aufgaben sinnvoll und zentral in der Gemeinde bearbeiten zu können.

Weiterhin bedarf es, sinnvolle Produkte und Angebote seitens der Gemeinde bereitzustellen und dies sowohl für unsere touristischen Leistungsträger, als auch für die Gäste. Dabei denke ich unter anderem an die Erhaltung und den Ausbau der Qualität unserer Wanderwege. Gegenüber den anderen Gemeinden des Ferienlandes sind die Übernachtungszahlen in Unterkirnach gesunken, da einige Anbieter von Gästeunterkünften aufgehört haben. Ebenso hatte Hapimag einen wesentlichen Rückgang zu verzeichnen. Mir ist es wichtig, gemeinsam – auch mit Hapimag – den Rückgang der Übernachtungszahlen zu erörtern, um auch hier so weit dies möglich ist, unterstützenden tätig zu werden.

In einer außergewöhnlichen Maßnahme wurde der Landmarkt als GmbH mit Ihnen als Geschäftsführer übernommen. Hat sich diese ungewöhnliche, einmalige Handlung gelohnt und wo stehen Sie bei der Suche nach einem Nachfolger?

Es ist ein Kreislauf. Ohne Landmarkt gibt es keinen Tourismus, da die Attraktivität des Orts deutlich sinkt. Gerade in der Weihnachtszeit, als viele Gäste im Ort waren, hat man deutlich sehen können, wie stark der Markt von den Touristen genutzt wurde und von den Gästen abhängig ist. Aber auch für die Bürgerinnen und Bürger ist der Markt von Bedeutung und jeder entscheidet mit seinem Einkauf über den Erhalt des Landmarkts mit. Leider ist derzeit noch kein neuer Marktbetreiber in Sicht. Wir nehmen uns auf alle Fälle die Zeit, die notwendig ist, um einen geeigneten Betreiber zu finden. Als Geschäftsführer des Marktes bin ich selbst täglich maximal eine Stunde im Markt präsent. Mehr ist auch nicht nötig, da die Kolleginnen eine exzellente Arbeit leisten.

Welchen Stand gibt es bei der Weiterführung der Apotheke?

Der Sachstand ist derzeit nach wie vor unverändert. Die Suche nach einem Nachfolger gestaltet sich nicht gerade einfach. Zunächst liegt dies an den umfangreichen Vorschriften, die für das Betreiben einer Apotheke beachtet werden müssen. So wird eine Mindestöffnungszeit gefordert, die die Anwesenheit eines Apothekers zwingend vorschreibt. Alle 18 bis 19 Tage kommt dann noch ein 24-Stunden Notdienst mit dazu. Wir werden jedoch weiter suchen, andernfalls muss über eine alternative Medikamentenversorgung im Ort nachgedacht werden. Die örtliche Versorgung mit Medikamenten ist auch für den Tourismus bedeutend.

Die Infrastruktur ist für die Attraktivität des Standorts mit entscheidend. Mit welchen Maßnahmen soll diese gehalten oder ausgebaut werden?

Die Sicherung der Nahversorgung ist mir ein wichtiges Anliegen. Dies hängt wiederum mit der Steigerung der Übernachtungs- und Einwohnerzahlen zusammen. Die Schaffung neuer und der Erhalt bestehender Arbeitsplätze ist jedoch genauso wichtig. Weiter werde ich weiterhin an unsere Bürger appellieren: Konsumieren Sie nach Möglichkeit so viel wie möglich in Unterkirnach. Holen Sie die frischen Brötchen bei Krachenfels, die Lebensmittel im Landmarkt, die Spezialitäten im Bäuerinnen-Laden und lösen Sie die Rezepte in unserer Apotheke ein. Für Familien- oder Geburtstagsfeiern würde sich die örtliche Gastronomie genauso so freuen, wie über ein volles Reservierungsbuch.

Wie ist der aktuelle Sachstand bei der JUFA Entwicklung? Warum braucht die Gemeinde ein Hotel mit 200 Betten?

Die Konzeption der Standortprüfung läuft derzeit. JUFA hat mindestens 130 Betten, die Gemeinde braucht einfach höhere Übernachtungszahlen und die Kaufkraft, die Touristen in den Ort bringen.

Warum ist die Gemeinde aus dem Ferienland ausgetreten?

Wir wollen selbst die Struktur des Angebots überprüfen und dann verbessern. Gerne würden wir auch neue Vermieter von Ferienwohnungen gewinnen und gegebenenfalls die Qualität einiger Wohnungen verbessern sowie die touristische Infrastruktur voran bringen. Das Geld, welches für Investitionen und Maßnahmen zur Verfügung gestellt wird, soll dann zielgerichtet eingesetzt werden. Wir brauchen nun aber messbare Zahlen und sichtbare Erfolge bei der Steigerung der Übernachtungszahlen.

Welche Maßnahmen sind angedacht, um den Standort Unterkirnach sowohl für den gewerblich-technischen Bereich als auch den touristischen Bereich attraktiver zu machen?

Touristisch sind wir derzeit gerade mittendrin. Es wäre noch zu früh erste Zwischenergebnisse zu präsentieren. Gewerblich sind wir derzeit konkret dabei, das ehemalige Gutmann-Areal im Gewerbegebiet zu überprüfen. Dann wird festgelegt, wie dieses Areal sinnvoll genutzt werden kann, um ortsansässigen Firmen, welche sich vergrößern möchten, diese Möglichkeit zur Expansion zu bieten. Gleichzeitig möchten wir auch neuen Firmen die Gelegenheit geben, sich anzusiedeln. Mit dem Eigentümer des Geländes laufen derzeit Gespräche. Die Kommunalentwicklung erstellt dann eine Machbarkeitsstudie unter Einbeziehung der dort ansässigen Mieter des bisherigen Eigentümers.

Welchen Sachstand gibt es beim Ausbau des schnellen Internets in der Gemeinde?

Im Dorf haben wir durch den Ausbau von der Telekom des alten Kabels von Unitymedia derzeit schon die Möglichkeit bis zu 400 MBit zu erhalten. Sollte im Dorf die Übergabestation des kreisweiten Backbone-Netzes vorhanden sein, wird zuerst der Fokus auf das Gewerbe gelegt werden. In einer Abfrage der Bevölkerung werden wir dann den eigentlichen Bedarf schlussendlich ermitteln und entscheiden.

Wo sehen sie die entscheidenden Meilensteine, damit die Einwohnerzahl der Gemeinde mindestens auf aktuellem Stand gehalten werden kann?

Das Wichtigste ist die Frage, ob wir eine attraktive Gemeinde bleiben wollen. Da wird es wichtig sein, die bestehende Infrastruktur zu erhalten und vorbehaltlich der finanziellen Möglichkeiten auch sukzessive zu sanieren und aufzuwerten. Weiter wird es von zentraler Bedeutung sein, dass wir für Familien ein flexibles Betreuungssystem, wie im letzten Jahr bereits begonnen, nach den Bedürfnissen der Bürger auszubauen. Dazu gehört eine Ganztagsbetreuung im Kindergarten und in der Schule. Damit kann einer Familie die Möglichkeit gegeben werden, Wohnort und berufliche Tätigkeit unter einen Hut zu bringen.

Weiterhin möchten wir ein Angebot für Senioren schaffen, das es ihnen ermöglicht, auch im Betreuungsfall ein Leben im Dorf zu ermöglichen. In Dauchingen zum Beispiel gibt es eine Art Pflegewohngruppe als Ergänzung zum betreuten Wohnen. Weiter müssen wir versuchen, die offenen Baugrundstücke im Marbental zu vermarkten sowie bereits bestehenden Flächen, wie das Grundstück des ehemaligen Rathauses, einer Wohnbebauung zuzuführen. Mit Augenmaß sollte eine mögliche Erschließung eines Baugebietes geprüft werden. Hier könnten Doppelhaushälften oder Mehrfamilienwohnungen entstehen, um mit möglichst wenig Flächenverbrauch ein interessantes Wohnungsangebot zu offerieren.

Es bedarf also der Schaffung von zeitgemäßem Wohnraum unterschiedlicher Größen, der entweder durch Sanierung von Bestandsgebäuden oder durch den Bau neuer Wohnungen oder Häusern entsteht. Nicht zu vernachlässigen sind auch die rund 130 Höfe in der Fläche. Auch dort ist es notwendig, eine ausreichende Infrastruktur zu erhalten oder auszubauen. Denn auch dort muss ein zeitgemäßes, attraktives Leben und Arbeiten möglich sein.   Die Fragen stellte Gerhard Graf.