Die Crew ist empört, der Kapitän nimmt’s mit Humor: Die Narren entern das Unterkirnacher Flaggschiff und zeigen stolz ihre Eroberung. Fotos: Hanauer Foto: Schwarzwälder-Bote

Kieschtock erobern das Unterkirnacher Rathaus / Bürgermeister muss sich der Übernahme geschlagen geben

Von Julia Christiane Hanauer

Unterkirnach. Das Unterkirnacher Rathaus ist seit gestern in der Hand der Narren. Der Kapitän, Bürgermeister Andreas Braun, und seine Crew mussten sich ergeben und den Schlüssel an die Kieschtock übergeben.

Widerwillig, aber dennoch mit einem Lachen im Gesicht musste sich Bürgermeister Braun geschlagen geben. Er und seine Mannschaft hatten dem Überfall der Kieschtock wenig entgegenzusetzen, die Narren waren zahlenmäßig einfach überlegen. Auch Flucht war aussichtslos, denn sein Schiff war bereits umzingelt von der närrischen Gemeinde, die den Käpt’n wohl ohne weiteres an die Kieschtock ausgeliefert hätten, hätte er sich in ihren Schutz begeben wollen.

Und so übernahmen die Mitglieder der Zunft das Ruder in Form des riesigen Schlüssels und haben nun für 120 Stunden die Gewalt über den Ort. Kapitän Braun äußerte sich mit den Worten: "Mir gefällt’s".

Doch es blieb nicht nur bei der Schlüsselübergabe. Auch an dem hölzernen Antlitz der Narren, das, mit strengem Blick dem fasnächtlichen Treiben vor seiner Nase folgte, wurde eine hölzerne Schriftrolle angebracht, auf der zu lesen ist: "Jetzt hät d’r kieschtock sage". So weiß nun jeder, was im Dorf los ist.

Das närrische Kindergartenvolk überzeugte den Bürgermeister mit Gesang und Tanzeinlage schließlich ganz davon, dass Unterkirnach nun wirklich in der Hand der Narren liegt und Gegenwehr zwecklos ist. So ließ sich Bürgermeister Braun schließlich fast widerstandslos von seiner Brücke abführen, stets mit einem Lachen auf dem Gesicht, denn "endlich mal 120 Stunden nichts arbeiten", das stimmte ihn wohl doch fröhlich.

Weniger zu lachen hatte kurz darauf seine Crew. Denn ihr Anführer musste auf Geheiß der Narren auf dem Schemel eines Wagens Platz nehmen. Die Mannschaft war verdonnert, ihn zur Schlossberghalle zu chauffieren und das mit reiner Muskelkraft. "Hätt’ ich das gewusst, hätte ich weniger zu Mittag gegessen", sprach noch der Bürgermeister, ehe er wippend davon verfrachtet wurde, royal winkend und von einer Horde Narren verfolgt.