Gedanken über die digitale Zukunft von Unterkirnach machten sich Bürger beim Diskussionsabend im Rathaus. Foto: Schimkat Foto: Schwarzwälder Bote

Diskussionsabend: Unterkirnach als Modelldorf / Bei Bürgern kommt auch Kritik auf

Unterkirnach. In Unterkirnach werden gerade Strategien gesucht. Der Förderverein Aqualino sucht ein Konzept zum Erhalt des Hallenbads, im Rathaus wurden am Montag 35 Bürger von Stefan Selke und Victoria Hasenkamp aufgefordert, eine Strategie zu entwickeln, wie Unterkirnach digital werden kann. Unterkirnach könnte ein Modelldorf werden, wurde ihnen in Aussicht gestellt.

Für die Hälfte der Bürger war es ein "déja vu", sollten sie doch Zettel mit ihren Vorschlägen an Stellwände kleben oder Punkte an die Vorschläge, die Victoria Hasenkamp schon vorgegeben hatte, verteilen. "Das haben wir doch schon alles bei der Bürgerbeteiligung, als es um das Hallenbad ging, getan", meinte ein Bürger. "Es hat uns nichts so in den letzten 15 Jahren verändert, wie das Internet", eröffnete Bürgermeister Andreas Braun den Abend und erteilte Professor Selke das Wort.

Er sei leidenschaftlich gerne Bürger von Unterkirnach, begann Selke, und schlug vier Typen des Handelns vor: Konservatives Handeln mit Aufklärung und Bildung, neo-liberale Maßnahmen mit Beratung und Kompetenzerwerb, reformatorische Maßnahmen wie Leitlinien, Monitoring und Aufsicht, sein Favorit sei die vierte Kategorie, das so genannte Empowerment, kollektive Aushandlungen, also basisdemokratisch. Die Reihenfolge wäre der digitale Wandel, anschließend der digitale Dialog, der Bürgerdialog, mit dem Endergebnis, dass Unterkirnach zum Modelldorf würde. Er griff den Einwand einer Bürgerin, man könnte auch Verlierer sein, auf und räumte ein, dass die elektronische Patientenakte zum Beispiel missbraucht werden könnte. Trotzdem: "Ich bin digital", laute das neue Glaubensbekenntnis, so Selke. Partner zum Projekt Digitaldialog 21 seien die Hochschule Furtwangen, die Hochschule der Medien und die Pädagogische Hochschule Ludwigsburg, Förderer sei das Ministerium für Wissenschaft und Kunst.

"Wie erreichen wir die negativen Bereiche, wie weit verstehe ich die digitale Sprache, das alles hängt auch von der Bildung jedes einzelnen ab", meldete sich Horst Belz zu Wort. Das sei ein ewiges Thema, die Abgehängten bekomme man nicht dazu, antwortete Selke. Eine Bürgerin sprach die gesundheitlichen Folgen an, diese würden total verschwiegen. Für diese gebe es das Thema "Strahlen", aber nicht heute, so Selke.

Victoria Hasenkamp nannte Beispiele wie die digitale Straßenzustandserfassung, den digitalen Spielplatzfinder, oder die Online-Beteiligungsplattform in Heidelberg. An einer Stellwand waren ihre Vorschläge angebracht, die Bürgern mit Punkten "liken" sollten, jeder Bürger erhielt einen Punkt. Die meisten Punkte erhielt die Infrastruktur, gefolgt von der Datensicherheit, der Bürgerbeteiligung, Verwaltung und Bildung und Freizeit. "Wir werden uns in der Priorisierung an Ihrer Meinung orientieren und denken zur Umsetzung über einen Zeitraum von fünf Jahren nach", versprach Victoria Hasenkamp.

"Wir sollten auf dem Boden bleiben, digitale Verwaltung gibt es schon lange, das ist alles ein alter Hut, konzentrieren Sie sich auf das Wesentliche", verlangte Wolfgang Wimmer. Sie wolle niemandem etwas überstülpen, sondern erreichen, dass Verwaltung und Bürger auf einen Nenner kommen, erklärte Victoria Hasenkamp. "Wenn ich hierherziehe oder wegziehe, dafür müsste es doch Blaupausen geben, das müssen wir nicht neu erfinden", ließ Wimmer nicht locker. Belz erklärte, er bekomme im Rathaus immer sofort einen Termin, man sei nicht in der Großstadt: "Was wollen Sie uns hier erzählen?", fragte er.

Denken sei Widerstand gegen Information, das sei prima, meldete sich Selke zu Wort. Die Bürger seien auf dem Weg zu einer Strategie, er würde es sich jedoch etwas harmonischer wünschen. Es gehe darum, dass man sich der Digitalisierung stelle, es sei auch wichtig, dass sich die Bürger einbringen, schloss Braun den Abend ab.