Andreas Epple fühlt sich vom Kreis im Stich gelassen. "Zustand gefährdet meine Existenz."
Unterkirnach - Eigentlich wollte er nur zuverlässige Mieteinnahmen und gleichzeitig helfen, erzählt Andreas Epple. Er vermietet seit Herbst 2015 eine Wohnung in Unterkirnach für Flüchtlinge. Ein Schritt, den er bitter bereut – er fühlt sich vom Landratsamt und dem DRK VS im Stich gelassen.
Der 34-jährige Wohnungsvermieter weiß weder ein noch aus: "Es ist langsam ein Zustand, der meine Existenz gefährdet", schreibt er in einer E-Mail an das Rote Kreuz, die er auch unserer Redaktion zur Verfügung stellt. Im Telefonat erzählt er seine Geschichte: Inmitten der Flüchtlingskrise, im Herbst 2015, sei der Bedarf an Unterkünften für Flüchtlinge groß gewesen. Als die Vormieterin, eine unzuverlässige Zahlerin, aus der etwa 50 Quadratmeter großen Wohnung in Unterkirnach ausgezogen sei, habe er deshalb nicht lange gezögert, seine Wohnung als Wohnraum für Flüchtlinge zu vermieten.
"Anfangs war auch alles okay", erinnert er sich. Zunächst sei ein junger Flüchtling eingezogen und schließlich ein zweiter. Das Amt habe zuverlässig monatlich für jeden 248 Euro Miete plus eine Nebenkostenpauschale überwiesen. Nach einem Jahr jedoch sei plötzlich für eine Person kein Geld mehr eingegangen. Er habe nachgeforscht, es habe sich herausgestellt, dass der erste Asylsuchende eine Arbeitsstelle in Villingen gefunden habe und deshalb nun selbst für seine Miete aufkommen müsse.
Dann habe der Ärger begonnen. Die Zahlungen blieben trotz Aufforderungen aus. Der örtliche Stromversorger habe damit gedroht, den Strom abzustellen. Sein zahlungsunwilliger Mieter habe sich aus dem Staub gemacht – mitsamt der Schlüssel, ohne Abmeldung. Epple sei auf etwa 2500 Euro Mietschulden sitzen geblieben. Der andere Bewohner jedoch sei dort geblieben, – und mit ihm womöglich weitere, unangemeldete Geflüchtete. Diesen ungeheuren Verdacht hegt Epple seit einem seiner Besuche vor Ort. Aus dem überquillenden Briefkasten seien gelbe Briefen geragt, adressiert an mehrere Unbekannte unter "seiner" Adresse, "es waren nicht nur einer oder zwei".
Haben sich hier weitere Leute eingenistet? Bei seiner Rückfrage beim vermittelnden DRK habe er erfahren, dass ein Adressat der gelben Briefe gar nicht mehr hierzulande sei, er sei "zurück in Afghanistan", das Problem habe sich in diesem Fall wohl erledigt. Für Epple aber ist gar nichts erledigt.
Lage spitzt sich zu
Stattdessen spitzte sich die Lage in dem Mehrfamilienhaus zu. Die Nebenkosten für die kleine Wohnung explodierten. Bei Minustemperaturen, laufenden Heizungen und offenem Fenster hätte sich eine Nachzahlung von 1400 Euro angestaut. Hinzu kam ein Wasserschaden über mehrere Stockwerke – der Bewohner habe eine neue Waschmaschine erhalten, sie aber nicht fachgerecht angeschlossen, Schadensbilanz: "mindestens 10.000 Euro – und wohingegen andere Gemeinden gegen solche Fälle versichert seien, treffe das laut Auskunft der Gemeindeverwaltung auf Unterkirnach nicht zu.
Viel schwerer jedoch wiegt offenbar das gescheiterte Zusammenleben in der Hausgemeinschaft. Sein Mieter habe mehrfach randaliert, bedauert Epple. Zuletzt, vergangene Woche, sei die Situation so sehr ausgeartet, dass die Polizei mit vier Kräften nachts anrücken musste. Nachbarn schildern unserer Redaktion bei der Recherche vor Ort unisono verheerende Zustände. Auch von jener Nacht: "Er hat die Haustüre kaputt gemacht", wieder mal sei es im Hausflur laut geworden, Glas habe geklirrt. Ob der Bewohner dabei verletzt worden ist und die Blutspuren an der Wand und seiner Wohnungstüre daher rühren, wissen sie nicht. Epple hingegen bekommt später Klarheit über das Ausmaß des Schadens, per Post von der Hausverwaltung: "Ihr Mieter gewährte jedoch der Polizei keinen Zugang zu Ihrer Wohnung", heißt es darin und weiter: "die Hauseingangstür und die Briefkastenanlage wurden beschädigt, das Treppengeländer wurde abgerissen und an der Wohnungstür befinden sich Blutspuren." Die Krönung für den gebeutelten Eigentümer: "Selbstverständlich gehen alle Kosten, die aus diesem Schaden resultieren, zu Ihren Lasten."
Ein Einzelfall ist das, glaubt man den Nachbarn, nicht. Von Hausfrieden ist keine Rede mehr – "ernsthaft, ich gehe nur noch bewaffnet aus dem Haus", schildert ein Nachbar unserer Redaktion vor Ort und zeigt als Beweis, dass er das stattliche Jagdmesser im Lederschaft stets griffbereit hat. Lebenspartnerinnen der dort wohnenden Männer würden von dem Mann als "Bitches" beschimpft, erzählt ein anderer, einer Nachbarin habe er sogar in den Nacken gespuckt. Und nachts, wenn der Bewohner oft Besucher aus dem Raum Rottweil empfange, würden die übrigen Mieter von Lärm gestört. "Da die Bewohner des Hauses sich von Ihrem Mieter mittlerweile bedroht fühlen, bitten wir Sie eindringlich auf die Beendigung des Mietverhältnisses mit Ihrem Mieter hinzuwirken", schreibt die Hausverwaltung noch und meint, "Gründe für eine fristlose Kündigung liegen offenkundig ausreichend vor." Doch wie er das anstellen soll, ist Andreas Epple ein Rätsel: 25-mal habe er schon Kontakt zu den zuständigen Stellen gesucht, sagt er und mutmaßt in seinem Schreiben an das DRK: "Meine Kündigungen werden nicht gelesen, Sie suchen keine Bleibe für den Herrn, sie sind tatenlos" – auf den Punkt bringt er es am Ende: "Ich bin nur noch fassungslos."