Scheidender Bürgermeister Gerold Löffler muss seiner Amtszeit manchmal Unmut aushalten / Dorf mit "supernetten" Leuten
Unterkirnach. Noch-Bürgermeister Gerold Löffler hat auf dem Besuchertisch in seinem Büro des Unterkirnacher Rathauses elf Papierstapel wie Sprossen einer Leiter aneinandergereiht. Die Stapel stehen für seine bisherigen Amtsjahre 2002 bis 2012. Im Gespräch wird klar: So rational Löfflers Entscheidung zum Rücktritt aus gesundheitlichen Gründen auch war, emotional hängt er noch sehr an seiner Bürgermeisteraufgabe. Wie kam es zu Ihrer Bewerbung für das Bürgermeisteramt in Unterkirnach? Es waren eigentlich zwei Schritte, bis es soweit war. Im Jahr 2001 hat mich meine Frau Barbara auf den Tipp eines Bekannten angesprochen, dass in der Gemeinde Aach im Hegau eine Bürgermeisterstelle zu besetzen sei. Das könne vielleicht etwas für mich sein. Abenteuerlustig wie ich damals war, habe ich mich kurz entschlossen in den Wahlkampf gestürzt. Es hat unter drei Bewerbern mit etwa 20 Prozent der Stimmen aber nur zu Bronze gereicht. Ihre Frau war also der Steigbügelhalter für Aach als Aufgalopp für die Kandidatur in Unterkirnach? Ich bin zunächst ohne weitere Ambitionen auf ein Bürgermeisteramt in meine Tätigkeit als Leiter der Sozialen Betreuungsstelle in Villingen zurückgekehrt. Als mein guter Bekannter und jetziger Bürgermeister von Vöhrenbach, Robert Strumberger, im Jahr 2002 die Bürgermeisterwahl in Unterkirnach ins Gespräch brachte, habe ich mir den Ort und die Leute angeschaut und bin dann angetreten. Die Wahl wurde mit 67 Prozent Stimmen bereits im ersten Wahlgang ein voller Erfolg. Sie genießen in Unterkirnach hohes Vertrauen und Ansehen. Hat es lange gedauert, bis es soweit war? Schließlich haben Sie mit Siegfried Baumann als Ihrem Vorgänger ein Unterkirnacher Urgestein beerbt. Sie zielen mit Ihrer Frage in die richtige Richtung. Das ging nicht von heute auf morgen. Als kurz nach Beginn meiner ersten Amtszeit bei der Sanierung der Kreisstraße Richtung Oberkirnach um ein Haar die geliebten Alleebäume dem Fehler eines Baggerfahrers zum Opfer gefallen wären, war sicher nicht jeder begeistert von mir. Als Bürgermeister müssen Sie mit der Verwaltung einen mittleren Betrieb führen und gleichzeitig die vielseitigen Bürgerinteressen unter einen Hut bringen. Was empfanden Sie als größere Herausforderung? Das ist vom jeweiligen Zeitpunkt her zu betrachten. Am Anfang war ich für die Verwaltung sicher gewöhnungsbedürftig. Die Angestellten waren über viele Jahre davor einen anderen Ansprechpartner gewohnt. Aber so etwas kann man entwickeln. Heute klappt die Zusammenarbeit prima. Die motivierten Verwaltungsangestellten sind ein hohes Kapital für Unterkirnach. Interessenkonflikte lernt man in einer Bürgermeisterlaufbahn erst kennen, wenn sie auftreten. Es gibt Dinge, wo man sich unbeliebt macht. Haben Sie Beispiele?
Als vor zehn Jahren die Idee aufkam, beim Ackerloch einen Campingplatz aufzumachen, und ich diesen Vorschlag zur Diskussion stellte, waren die Spaziergänge dort nicht immer angenehm. Die Leute hatten Angst, dass ich ihren Wald möbliere. Auch bei der Eröffnung der zweiten Arztpraxis im Jahr 2009, die ich im Interesse der langfristigen Versorgung befürwortete, ging im Dorf der Punk ab.
Was war der größte Erfolg Ihrer Amtszeit? Das Inklusionsprojekt Fohrenhof im Hapimag steht ganz oben. Wegen einem vielseitigen Sanierungsstau stand Unterkirnach als Standort für Hapimag in Frage. In Workshops rangen wir mit den Managern um zündende Ideen, um das Resort in Unterkirnach mit einem charakteristischen Merkmal aufzuwerten und zu erhalten. Mein Einfall, die nicht abgerufenen Mittel für einen Integrationsbetrieb beim Lorenzenhof auf den Fohrenhof umzuwidmen, brachte den Durchbruch. Die Caritas-Tochter Inklusiv gGmbH machte aus dem Fohrenhof ein modernes Restaurant mit angeschlossenem Servicebetrieb für das Hapimag. Jährlich rund 50 000 Touristenübernachtungen waren gesichert.
Gab es weitere Meilensteine in Ihrer Amtszeit? Das Projekt Ortsmitte Süd mit dem Neubau des Rathauses und der Verwirklichung einer Betreuten Wohnanlage. Es ist gelungen, beide Gebäude an den für sie passenden Standorten zu platzieren. Das Betreute Wohnen in die Ortsmitte in der Nähe der Kirche, wo es ruhig ist. Das Rathaus mit dem angeschlossenen Tourismusbüro ist in der Durchgangsstraße am richtigen Platz und fällt gleich auf. Lässt sich in der heutigen Zeit mit dem Bau eines neuen Rathauses punkten? Nur ein neues Gebäude kam in Frage. Wir haben bei der Auswahl der Architektenentwürfe auf die Stimmung in der Bevölkerung gehört. Ein Entwurf mit Schindeldach bekam den Spitznamen "Futterscheune" und wurde mehrheitlich abgelehnt. Es war gut, den zweiten Preis des Architektenwettbewerbs zu realisieren. Eine Indexkostenrechnung hatte gezeigt, dass die Baukosten für das neue Amtsgebäude mit dem ersten Preis viel höher gewesen wären. Gab es Situationen, in denen Sie das Gefühl hatten, dass es für die Entwicklung der Gemeinde kritisch werden kann? In denen Sie gedacht haben, wenn das nicht gut geht, haben wir ein Problem? Vor allem die vorher angesprochene Hapimag-Standortfrage. Beim Wegzug von Hapimag wäre ein Dominoeffekt zu befürchten gewesen. Wir brauchen die Touristen für die Erhaltung unserer Nahversorgung. Aber auch die Zensusgeschichte mit 300 Einwohnern weniger war ein Schlag ins Kontor. Unterkirnach ist eine Gemeinde mit hohen Unterhaltungslasten, Beispiel Spielscheune und Hallenbad. Zum Glück wurde die Wirkung durch zeitliche Streckung der Einnahmeausfälle abgemildert. Sie bleiben in Unterkirnach wohnen. Was antworten Sie einem Bauwilligen auf die Frage, warum er nach Unterkirnach ziehen soll? Zunächst das, was mir die aus der Stadt zugezogenen Leute bei meinen Gesprächen sagen. Man fühlt sich in schöner Lage und guter Luft wohl. Aus eigener Erfahrung würde ich zuraten, weil es hier supernette Leute gibt und ein gutes Vereinsleben den Alltag bereichert. Gesundheit ist speziell für Sie ein wichtiges Thema. Wir schließen uns Ihrem eigenen Wunsch an, dass es aufwärts geht. Haben Sie neben der Gesundheit einen zweiten großen Wunsch für Ihren nächsten Lebensabschnitt? Dass ich es schaffe, mein Leben mit interessanten Dingen und neuen Aufgaben zu füllen. Ich bin nicht zum Rosenzüchter geboren. Ich brauche andere Dinge, die mich ausfüllen. Das kann zum Beispiel die Musik sein oder auch Aufgaben im sozialen Bereich.
u Die Fragen stellte Ulrich Schlenker.