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Warum Meyer-Landrut beim Eurovision Song Contest nicht gewinnen wird - 10 wichtige Fragen.

Stuttgart - Mit der Nummer 22 geht an diesem Samstagabend eine 19-jährige deutsche Abiturientin in Oslo an den Start. Doch was erwartet sie im Finale des größten Schlagerwettbewerbs der Welt? Höchste Zeit für die zehn wichtigsten Fragen.

Lieben alle Deutschen Lena?

Lieben alle Deutschen Lena?

Ja, schließlich ist sie sympathisch, schlagfertig, talentiert, etwas unkonventionell und versponnen. Dazu jung. Also alles, was wir selbst nicht (mehr) sind. Die Fernsehwelt aber wird glauben, dass die Deutschen immer cooler werden. Das tut gut. Natürlich kann das nicht jeder offen zeigen. Die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" zum Beispiel. Die spricht von der "quäkenden Hupfdohle Eure-Lena-Meyer-Landrut", die mit "ihrer in den Wahnsinn treibenden Penetranz nur mit der algerischen Wasserfolter vergleichbar" sei. Zeitungskenner wissen, dass das für "FAS"-Verhältnisse natürlich eine Liebeserklärung ist.

Sind die Qualifikanten gegenüber Lena im Vorteil?

Sind die Qualifikanten gegenüber Lena im Vorteil?

Eine schwierige Frage, die die Fachwelt spaltet. Die Pro-Qualifikanten-Fraktion betont das immense Selbstvertrauen, das man nach einer erfolgreichen Zwischenrunde gewinnt, den sogenannten Dieter-Bohlen-Effekt. Die Pro-Nichtqualifikanten-Fraktion dagegen argumentiert, die Qualifikanten hätten sich nach der Zwischenrunde bereits zu sehr verausgabt. Außerdem könnten sie bereits ihr eigenes Lied nicht mehr hören. Bei den Finalauftritten der vergangenen Jahre konnte man sehen, wie die Qualifikanten bei ihrer Performance oft die Hände instinktiv zum Ohr führten. Also Vorteil Lena. Neben Deutschland sind auch Frankreich, Großbritannien, Spanien und Norwegen fürs Finale gesetzt.

Warum wird aus der Punkteverteilung so ein Spektakel gemacht?

Warum wird aus der Punkteverteilung so ein Spektakel gemacht?

Eine irreführende Frage. Die Punkteverteilung ist kein Spektakel, sondern die letzte gesamteuropäische Meditation. Als solche müsste sie von der Krankenkasse als Prophylaxe absetzbar sein, 75 Euro pro Finale. Leider wurde die Ansage der Ländermoderatoren vor kurzem auf die ersten drei Plätze beschränkt. Das kürzt die Sendezeit, ist aber ein Angriff auf die Volksgesundheit.

Warum sind die kleinen Länder wie Albanien eigentlich so heiß auf den Grand Prix?

Warum sind die kleinen Länder wie Albanien eigentlich so heiß auf den Grand Prix?

Weil sonst niemand über sie spricht. Hunderte Millionen Fernsehzuschauer finden sie für einen kurzen Moment auf der Weltkarte. Wirtschaftswissenschaftler führen den Tourismus-Boom in Irland in den 90er Jahren auf die hohe Zahl der Siege zurück: Irland gewann zwischen 1992 und 1996 den Contest viermal. Die Politik sieht den Schlagerwettbewerb als Gelddruck- und Imagemaschine. Der Nachteil: Die Punkteansagerinnen der kleinen Länder haben eine Aufgabe, die sie nicht lösen können. Sie müssen dem Präsidenten, dem Volk und der Welt gefallen. Deshalb werden sie in einem unbarmherzigen Ausleseverfahren gekürt, sind am stärksten geschminkt, lächeln oft unmotiviert und müssen nach gefühlten fünf Minuten weggeschaltet werden, weil sie einfach nicht mehr aufhören wollen - oder dürfen.

Gucken die Norweger lieber den Song Contest als Fußball?

Gucken die Norweger lieber den Song Contest als Fußball?

Ja, die spinnen, die Norweger. Der Song Contest ist dort ein Familienfest, 2009 schaltete fast jeder Zweite ein. Doch der TV-Spaß ist teuer. Norwegens größter Sender hat daher seine Rechte für die Fußball-WM in Südafrika verkauft. Aber was ist schon ein Messi gegenüber den Discotechnopoppern aus Moldawien? Außerdem ist Norwegen in Südafrika sowieso nicht dabei. Südafrika in Norwegen im Übrigen auch nicht.

Wieso dürfen die Teilnehmer keinen Hund auf die Bühne mitbringen?

Wieso dürfen die Teilnehmer keinen Hund auf die Bühne mitbringen?

Hunde gehen immer - so die Fernsehregel. Ist aber verboten, schon wegen der Hinterlassenschaften. Früher holte man auch herzallerliebste Kinder auf die Bühne. Gilt heute aber ebenfalls als Wettbewerbsverzerrung, deshalb müssen alle Teilnehmer mindestens 16 sein. Also haben die Aufmerksamkeitsökonomen die nackte Haut entdeckt. Die Osteuropäerinnen zeigen besonders viel davon, sie müssen auch hübsch sein, das gilt als nationale Ehrensache. Deutschland versuchte es 2009 mit der burlesken Dita von Teese, die ihre Nippel verhängen musste, genutzt hat es nichts. Andere Requisiten machten mehr Eindruck, Alexander Rybak gewann mit der Fiedel in der Hand. Was dazu führt, dass in den diesjährigen Halbfinals fast immer irgendjemand irgendein Streichinstrument auspackte.

Hat Lena einen englischen Akzent?

Hat Lena einen englischen Akzent?

Auch hier streiten sich zwei Fraktionen. Die eine führt Lenas Akzent auf Sprachen zurück, die mit Englisch rein gar nicht verwandt sind. Die zweite bürgert Lena ein: Kostprobe? "Ihr Sprachlehrer muss ein betrunkener Australier gewesen sein, der seine Kindheit in Hawaii verbracht und dann Pflegeeltern in Texas hatte."

Warum hat die Bundesministerin Ursula von der Leyen ihr kürzlich zum 19. Geburtstag gratuliert?

Warum hat die Bundesministerin Ursula von der Leyen ihr kürzlich zum 19. Geburtstag gratuliert?

Tja, warum nur? Warum ist Angela Merkel im Fußballstadion zu sehen? Und warum griff Gerhard Schröder einst als Kanzler stets zur Currywurst? Wer die Geburtstagsgrüße allerdings nur als Anbiederei abtut, erkennt den Ernst der Lage nicht. Den zeigt der genaue Wortlaut: "Das Besondere bei Ihnen ist, dass ein ganzes Land zuschaut", so von der Leyen. "Das Signal an andere Jugendliche ist: Jeder kann etwas Tolles schaffen, man muss an sich glauben und dranbleiben." Übersetzt heißt das: "Lena, wenn du versagst, wird uns niemand mehr die Rente sichern! Also gewinne gefälligst, aber immer schön locker bleiben! Deine Ursula."

Gewinnt Lena?

Gewinnt Lena?

Nein, die Vorzeichen stehen eindeutig auf Platz 2: Die Nutzer der Online-Wettbörse Betfair geben Lena eine Siegchance von rund 16 Prozent - das macht Platz zwei hinter Safura aus Aserbaidschan, die 38 Prozent erhält. Die bisherige einzige deutsche Grand-Prix-Vertreterin mit dem gleichen Vornamen, Lena Valaitis, hat 1981 mit "Johnny Blue" den zweiten Platz erreicht. Und dann ist da noch Lenas Startnummer: zweimal die Zwei. Das könnte allerdings auch heißen, dass sie nur Vierte wird.

Macht dann die Ostmafia wieder den Sieg unter sich aus?

Macht dann die Ostmafia wieder den Sieg unter sich aus?

Natürlich, auch deshalb gewinnt Lena nicht. Offiziell gibt das keiner zu, im Gegenteil: Dominique Mayr hat in seiner Uni-Abschlussarbeit angeblich gezeigt, dass die These der Blockbildung zahlenmäßig nicht zu belegen ist. Aber was sind schon Zahlen, beim Eurovision Song Contest geht's um das ganz große Gefühl. Und das sagt: Der Ostblock macht den Sieg unter sich aus und kürt Aserbeidschan. Das kann die Ausrichtung des nächsten Grand Prix 2011 aber nicht bezahlen, also richten wir ihn aus. Macht bei der GEZ zwei Cent mehr, aber hey! Dafür fühlt es sich wie ein Sieg an!

ARD, Samstag, 21 Uhr