Edeltraud Walla zieht im Streit mit ihrem Arbeitgeber, der Universität Stuttgart, vor das Bundesverfassungsgericht. Foto: dpa

Der Zufall brachte es an den Tag: Eine Frau bekommt an der Universität Stuttgart für die gleiche Arbeit weniger Geld wie ihr männlicher Kollege. Bislang scheiterte sie mit ihren Klagen. Nun liegt der Fall in Karlsruhe.

Stuttgart - Edeltraud Walla streitet mit ihrem Arbeitgeber - der Universität Stuttgart - über eine große Lücke. Weil sie für die gleiche Arbeit deutlich weniger Geld als ihr männlicher Kollege bekommt, zieht die 58 Jahre alte Schreinermeisterin vor das Bundesverfassungsgericht. Sie ist Leiterin der Modellbauwerkstatt an der Fakultät für Architektur und Stadtplanung.

„Die Verdienstlücke zwischen Frauen und Männern ist eine große Ungerechtigkeit“, sagt sie. Die Politik diskutiere zwar über das Thema. Aber: „Ich würde mir wünschen, dass man das auch lebt.“

Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes verdienten Frauen in Deutschland zuletzt 22 Prozent weniger als Männer. Die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen ist in Baden-Württemberg nach Angaben des Deutschen Gewerkschaftsbunds mit knapp 26 Prozent aber noch höher als im Bundesdurchschnitt. Es spreche viel dafür, dass Frau Walla kein Einzelfall sei, wenn auch vermutlich bei einer Lohndifferenz von mehr als 40 Prozent ein besonders extremer, erklärt eine Gewerkschaftssprecherin. Ihr Fall sei besonders für die Beschäftigten im Landesdienst von hoher Relevanz. Walla bekam eher durch Zufall mit, dass sie am Monatsende weniger auf dem Konto hat als ihr Kollege. Denn: Als es um die Zusammenlegung von Werkstätten ging wurde die Bezahlung aller Leiter in einer Tischvorlage aufgeführt.

Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig (SPD) plant derzeit ein Gesetz zur Lohngleichheit von Männern und Frauen, das noch in diesem Jahr auf den Weg gebracht werden soll. „Wir haben schon bei der Frauenquote gesehen, dass gutes Zureden und freiwillige Selbstverpflichtungen die Frauen nicht vorangebracht haben“, erklärt Schwesigs Amtskollegin in Baden-Württemberg, Katrin Altpeter (SPD). Walla zufolge braucht es viel Mut, um mit dem Thema als Betroffene an die Öffentlichkeit zu gehen.

Uni sieht bei Walla "keine geschlechtsbedingte Entgeltdiskriminierung"

Die Universität sieht bei Walla „keine geschlechtsbedingte Entgeltdiskriminierung“, wie ein Sprecher erklärt. Die im Vergleich zu ihrem männlichen Kollegen unterschiedliche Vergütung habe historische Gründe, die sich vor allem aus der früheren Tätigkeit des Werkstattleiters ergaben. Für Walla ist das nicht nachvollziehbar. Sie sei Meisterin und ihr Kollege, der inzwischen im Vorruhestand ist, Geselle.

Die 58-Jährige klagte 2012 zunächst vor dem Arbeitsgericht Stuttgart auf gleiche Bezahlung. Dort scheiterte sie. Auch in den weiteren Instanzen hatte sie keinen Erfolg. Schließlich reichte sie im Mai 2014 Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe ein. Darüber sei noch nicht entschieden, so ein Gerichtssprecher.

Tatsächlich lehnt mehr als ein Drittel der Deutschen mehr Transparenz bei Löhnen und Gehältern in ihren Unternehmen ab: 33 Prozent aller Bundesbürger würden es zwar begrüßen, wenn sie sich in ihrem Betrieb über Löhne und Gehälter der Kollegen mit vergleichbarer Tätigkeit informieren könnten, wie eine Forsa-Umfrage für das Magazin „Stern“ ergab. 38 Prozent der Befragten sprachen sich aber dafür aus, dass die Höhe der Bezüge geheimbleiben soll.

Walla ist an der Universität zugleich Beauftragte für Chancengleichheit. Ihr Arbeitgeber erklärt: Sollte Wallas Beschwerde zugelassen werden, würde die Universität Stuttgart das begrüßen. „Möglicherweise könnte auf diesem Wege ein noch höheres Maß an Rechtssicherheit und Rechtsakzeptanz erreicht werden.“