An der Uniklinik in Tübingen wird Kritik an der Isolationspflicht für an Corona erkrankte Mitarbeiter geäußert. Foto: Marie-Luise Koschowsky

Kritik wird an der Uniklinik Tübingen (UKT) an der Isolationspflicht für positiv auf Corona getestete Mitarbeiter laut. Michael Bamberg, Leitender Ärztlicher Direktor, sagt, dass Mitarbeiter nicht an den Arbeitsplatz dürfen, obwohl sie gar nicht mehr infektiös seien.

Tübingen - Das Winterhalbjahr an der Uniklinik Tübingen (UKT) könnte schwierig werden. Der Krankenstand unter den Pflegekräften ist hoch, gleichzeitig steigt die Zahl der mit Corona infizierten Patienten. Und zu alldem noch dazu zwingt eine starre Isolationspflicht Personal dazu, zuhause zu bleiben – aus medizinischer Sicht völlig zu unrecht.

Wie es um den aktuellen Krankenstand am UKT steht, berichtet uns die Klinik auf Nachfrage: So seien Ende vergangener Woche mindestens zehn Prozent der Pflegekräfte krankgeschrieben gewesen.

15 Tage Isolation

Michael Bamberg, Leitender Ärztlicher Direktor des UKT, spricht sich für eine Lockerung der Isolationspflicht aus. Er sagt: "In anderen europäischen Ländern gehen Infizierte maximal sieben Tage in Isolation. Unsere Mitarbeitenden können erst am 15. Tag nach dem offiziellen Erstnachweis zurück an den Arbeitsplatz. Das Freitesten ist frühestens ab dem fünften Tag möglich. Auch wenn die Personen symptomlos und nicht mehr infektiös sind, kann häufig das Virus noch nachgewiesen werden. Dann ist eine Rückkehr an den Arbeitsplatz nicht möglich. Eine Lockerung unter Einhaltung der notwendigen Vorsichtsmaßnahmen würde uns sehr helfen."

Lage ist angespannt

Die Pflege der Corona-positiven Patienten – auch wenn sie nicht ursächlich deswegen behandelt werden – sei aufgrund der Hygienemaßnahmen sehr aufwendig, heißt es vom UKT. Mit Stand vom Freitag werden an der Klinik insgesamt 46 mit dem Coronavirus infizierte Patienten versorgt. Nur 13 von ihnen wurden ursächlich wegen des Coronavirus auf der Infektstation oder auf der Intensivstation behandelt.

Bamberg bezeichnet die aktuelle Situation als "deutlich angespannt". Die Befürchtung des UKT: Wenn sich jetzt im Herbst und Winter auch die anderen Infektionskrankheiten, besonders die Grippe, ausbreiten, könnte sich die Lage noch verschärfen.

Finanzielle Schwierigkeiten

Corona setzt aber nicht nur dem Personal an der Uniklinik zu, sondern auch finanziell erleidet die Klinik einen Verlust in diesem Jahr. Das Minus soll sich nach Klinikangaben auf mehr als 23 Millionen Euro belaufen. Ursprünglich war ein Verlust von 13,5 Millionen Euro erwartet worden.

Anica Heipl, Pressesprecherin am UKT, sagt unserer Redaktion: "Die Verschlechterung des Ergebnisses ist auf einen deutlichen Leistungs- und Erlösrückgang zurückzuführen, der durch hohe Personalausfälle und den hohen Aufwand zurückzuführen ist, der mit der Behandlung von Covid-positiven Patienten verbunden ist. Hinzu kommen selbstverständlich die Kostenmehrungen aufgrund der Inflation, Energiepreissteigerung, Ukrainekrise et cetera."

Gabriele Sonntag, Kaufmännische Direktorin des Uniklinikums, erwartet sich von der Politik einen "Hilfsfonds Krankenhäuser", das heißt, die negativen Effekte müssten durch Ausgleichszahlungen kompensiert werden. "Wichtig ist aber auch, dass endlich die seit Längerem angekündigte Krankenhausstruktur- und Krankenhausfinanzierungsreform angegangen wird", heißt es von der Uniklinik.

Jetzt streikt auch noch das Personal

Vor einem noch größeren Personalengpass steht das UKT am Montag und Dienstag, da die Gewerkschaft ver.di zum Streik aufgerufen hat. Die Klinik teilt dazu mit: "Während des Streiks werden medizinisch dringliche Operationen natürlich durchgeführt, ebenso wie Notfallbehandlungen."