Nach einem Unfall liegt ein zerstörtes Fahrrad auf der Landstraße. (Symbol-Foto) Foto: Arnulf Stoffel/dpa

Im vergangenen Monat kam es im Rottenburger Stadtgebiet zu mehreren Unfällen mit Fahrrädern und Pedelecs. Ist die Zahl der Fahrrad- und Pedelec-Unfälle zuletzt angestiegen? Oder trügt der Eindruck nur?

Rottenburg - Am 2. Juli, gerät in Rottenburg ein Radfahrer an einen Bordstein und wird in der Folge von seinem Fahrrad abgeworfen. Der Fahrradfahrer verstirbt – trotz notärztlicher Versorgung noch an der Unfallstelle. Einige Tage nach dem tragischen Unfall kann der verunglückte 64-jährige Radfahrer identifiziert werden.

Am 17. Juli stürzt in Rottenburg eine 59-Jährige alleinbeteiligt von ihrem Pedelec und zieht sich leichte Verletzungen. Der Rettungsdienst bringt sie zur Untersuchung und Behandlung ins Krankenhaus.

Am 24. Juli stürzt in Rottenburg ein 79-Jähriger mit seinem Pedelec – offenbar wegen zu hoher Geschwindigkeit in einem Kurvenbereich. Er verletzt sich am Kopf und muss vom Rettungsdienst in eine Klinik eingeliefert werden.

Zahlen geben Aufschluss

Kann es sein, dass die Zahl der Fahrrad- und Pedelec-Unfälle in letzter Zeit zugenommen hat? Unsere Redaktion hat beim Polizeipräsidium Reutlingen nachgefragt. "Die Zahlen für 2022 werden erst am Jahresende bilanziert", sagt Pressesprecher Martin Raff vom Polizeipräsidium Reutlingen, das für die Landkreise Esslingen, Reutlingen, Tübingen und Zollernalb zuständig ist. Allerdings lassen sich die Zahlen aus den Jahren 2020 und 2021 für den Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Reutlingen miteinander vergleichen.

Lag die Anzahl der Verkehrsunfälle unter Beteiligung von Fahrradfahrern im Jahr 2020 mit 1360 auf dem Höchststand im Fünfjahresvergleich, so ging die Zahl im Jahr 2021 laut dem Polizeipräsidium Reutlingen in ihrem gesamten Zuständigkeitsbereich um 11,3 Prozent auf 1207 zurück. Bei 466 Unfällen in 2021, das macht über ein Drittel der Unfälle aus, verunglückten Radfahrer der Statistik zufolge ohne Beteiligung weiterer Verkehrsteilnehmer.

Unfälle mit Pedelecs angestiegen

"Die wachsende Beliebtheit der Pedelecs schlägt sich bereits seit vielen Jahren mit teils massiven Steigerungen in der Unfallbilanz nieder", stellt Martin Raff fest. Während die Fahrradunfälle insgesamt im Jahr 2021 zurückgegangen seien, seien die Unfälle mit Pedelecs um 2,6 Prozent nochmals leicht angestiegen.

"Da sind natürlich auch Unfälle dabei, die einem ›normalen‹ Radler auch passiert wären. Wenn zum Beispiel Pkw-Lenker den Radlern die Vorfahrt nehmen, so spielt der Antrieb des Fahrrads für den Unfall in der Regel keine ursächliche Rolle", erläutert Martin Raff. "Und andererseits gibt es bei Pedelecfahrern und anderen Radlern gleichermaßen Fälle, in denen die Radler den Unfall verursachen, weil sie zum Beispiel unabhängig vom Antrieb des Rads die Verkehrsregeln, zum Beispiel Vorfahrtsregeln, nicht beachten oder – wenn sie alleinbeteiligt sind – einen Fahrfehler begehen."

Martin Raff weiter: "Wir empfehlen den Pedelecfahrern wie den anderen Radlern und Verkehrsteilnehmern auch natürlich eine defensive Fahrweise, gegenseitige Rücksicht, das Einhalten der Verkehrsregeln, das Achten auf den technisch einwandfreien Zustand des Rads, helle Kleidung und die richtige Schutzausstattung." Das gelte auch - und insbesondere - für das Tragen eines Helms.

Beim Pedelec gebe es zusätzliche Risikofaktoren: "Die ohne große Anstrengung zu erreichende Geschwindigkeit und das Gewicht der Pedelecs sind zusätzliche Risikofaktoren, an die es immer zu denken gilt", sagt Martin Raff. Das gelte nicht nur, aber gerade auch für Senioren, die keine Übung mehr haben oder ohne Elektrounterstützung womöglich auf das Radfahren komplett verzichten würden und erst gar nicht in die Gefahr kämen, mit dem Rad zu verunglücken.

Seine eigenen Fähigkeiten richtig einschätzen

Beim Pedelec hat Martin Raff deshalb einen wichtigen, zusätzlichen Rat: "Gerade wenn man das Radfahren vielleicht nach längerer Abstinenz – weil eventuell das Radfahren alters-, fitness- oder gesundheitsbedingt zu beschwerlich war oder, auch von Jüngeren, bisher als zu anstrengend empfunden wurde – nicht mehr gewohnt ist, das Radeln aber nun mit dem Antrieb doch oder wieder attraktiv wird, sollte man besonders vorsichtig sein, seine eigenen Fähigkeiten richtig einschätzen und sich behutsam rantasten."

Hier seien entsprechende Kurse "absolut sinnvoll", die zum Beispiel von Händlern, den Verkehrswachten, aber auch von der Polizei in Kooperation mit weiteren Partnern angeboten würden. Solche Kurse seien laut Martin Raff "gerade den Neu- oder Wiedereinsteigern wirklich zu empfehlen".

Weitere Informationen rund ums Thema Verkehrssicherheit gibt es auf der Homepage "Gib acht im Verkehr".