Die Betreiber von Sammelcontainern versuchen das Unfallrisiko zu minimieren - etwa mit Hinweisschildern, die auf „Lebensgefahr“ hinweisen. Foto: Imago/Michael Gstettenbauer

Eine Frau stirbt in einem Altkleidercontainer. Ein tödlicher Vorfall, der immer wieder in Deutschland vorkommt. Was macht die Sammelcontainer so gefährlich?

Eine Frau ist in Peine (Niedersachsen) tödlich verunglückt, weil sie in einen Altkleidercontainer klettern wollte. Nach bisherigen Polizeiermittlungen hatte sie am Sonntag (9. Juni) versucht, auf dem Parkplatz eines Supermarktes in die Luke des Containers zu klettern. Wie die Polizei mitteilt, verklemmte sich ihr Hals dabei. Die Frau verlor das Bewusstsein, Rettungskräfte konnten nur noch ihren Tod feststellen.

 

Ermittlungen der Polizei ergaben, dass die Verstorbene eine frische Kaiserschnittnarbe hatte. Es könne daher derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass die Frau ein kleines Kind alleine in einer Wohnung zurückgelassen habe und sich dieses womöglich in einer Notsituation befinde, hieß es von den Ermittlern.

Tödlich endende Suche nach Altkleidern

Jedes Jahr sterben Menschen in Altkleidercontainern. Eine bundesweite Statistik gibt es nicht. Doch immer wieder ist in den Medien über Fälle zu lesen, in denen der Versuch, an die Kleider in den Sammelcontainern zu gelangen, tödlich endet. Die Polizei betont immer wieder, dass eine Kleiderentnahme Diebstahl ist.

Dafür, dass es immer wieder zu Todesfällen kommt, gibt es aus Sicht des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), das Zehntausende Altkleidercontainer betreibt, zwei Gründe: Etwa, weil man aus Versehen den Schlüsselbund oder Ähnliches mit hineingeworfen hat - oder, weil man etwas aus dem Container entwenden will. Im ersten Fall genügt laut DRK ein Anruf beim Container-Betreiber und man erhalte seine Wertsachen zurück.

Gefährlicher Kippmechanismus

Die Heimtücke liegt bei Altkleidercontainern im Detail. Wenn ein Gewicht auf der schweren Klappe des Containers liegt, muss man mit der Kraft des Hebels nach hinten drücken. Ab einem gewissen Kipppunkt der Klappe verlagert sich der Gewichtsschwerpunkt. Dann ist sie ist nur noch schwer wieder in die Ausgangsstellung zu bringen, außer das Gewicht – also die Altkleider – ist bereits ins Innere des Containers gefallen.

Wer mit dem Arm in die Klappe hineingreift, so dass Schulter und Oberkörper auf der Klappe aufliegen, kann sich ohne fremde Hilfe kaum aus dieser misslichen Lage befreien. Der Kreislauf hält die Kopfüber-Position nicht lange aus, dazu kommen aufsteigende Panik und Sauerstoffmangel. Die meisten Menschen, die so etwas tun, ersticken qualvoll im Container oder erleiden tödliche Quetschungen.

Wenn Gewicht auf der schweren Klappe des Containers liegt, muss man mit der Kraft des Hebels nach hinten drücken. Foto: Imago/Rolf Poss

„Viele Menschen sind sich der Gefahr nicht bewusst“

In den vergangenen Jahren seien die Container permanent verbessert worden, erläutert Stefan Voigt, Vorsitzender des Fachverbands Textilrecycling (FTR). Viele Sammler und Hersteller hätten in den letzten Jahren darüber hinaus Container weiterentwickelt und optimiert, beispielsweise mit schmaleren Einwurf-Klappen.

„Viele Menschen sind sich der Gefahr nicht bewusst. Der Mechanismus ist ihnen nicht klar“, ergänzt Thomas Ahlmann, Geschäftsführer des Dachverbandes FairWertungg, einem bundesweiten Zusammenschluss von mehr als 160 gemeinnützigen Organisationen, die gebrauchte Textilien sammeln.

Tüv-geprüft und relativ sicher

Zwischen 160 000 und 180  000 Altkleidercontainer sind in Deutschland aufgestellt, die täglich meist mehrfach benutzt werden. Grundsätzlich seien die Sammelbehälter Tüv-geprüft und relativ sicher, bei missbräuchlicher Nutzung könnten allerdings schwere, mitunter tödliche Unfälle passieren, unterstreicht Ahlmann.

Ein weiteres Problem ist die Vermüllung bei Sammelcontainern. Foto: Imago/Schöning

Wer dennoch in die knapp ein Meter breite Öffnung klettert, läuft Gefahr, dass sich der Kippmechanismus durch das Eigengengewicht wieder schließt. Ahlmann: „Die Leute steigen auf das Schloss, heben die Klappe an, um in den Container zu gelangen. Beim Reinhängen drückt der Körper gegen den Griff der Klappe und sie schließt sich wieder.“ Wenn sich der Schwerpunkt der Person noch außerhalb befinde, stecke man im Mechanismus fest, bekomme schlimmstenfalls keine Luft mehr und ersticke.

Um das Unfallrisiko zu minimieren wird etwa mit Hinweisschildern auf die „Lebensgefahr“ hingewiesen. An den Containern ist gut sichtbar auch Kleber mit Telefonnummer angebracht, an die sich Menschen wenden können, die aus Versehen Wertgegenstände in die Container geworfen haben.

Kleinere Klappe mit verringerter Einwurfgröße

„Wir bemühen uns, die Behälter so sicher wie möglich zu machen“, betont Kai-Uwe Jobst, der Geschäftsführer von JO-BA. Das Bremer Unternehmen stellt nach eigenen Angaben jährlich zwischen 7000 und 8000 Altkleidercontainer her.

Den größten Schutz vor tödlichen Unfällen bietet Jobst zufolge eine veränderte Klappe mit verringerter Einwurfgröße. Sie teilt die bislang knapp einen Meter breite Öffnung in zwei Größen, entweder jeweils rund 50 Zentimeter oder im Verhältnis von einem Drittel zu zwei Dritteln.

„Dies hat den Vorteil, dass eine Person nicht mehr in den Container hineinklettern kann.“ Ein Nachteil sei, dass große, prall gefüllte Kleidersäcke nicht mehr ohne Weiteres hineinpassten. Spender müssten sich daher umstellen und könnten Kleidung nur in kleineren Einheiten einwerfen.

Info: Tod im Altkleidercontainer

2022 

• Ein Fußgänger findet im November in Weinstadt eine leblose Frau an einem Altkleidercontainer auf einem Parkplatz und ruft die Polizei. Der Notarzt kann nur noch den Tod der Frau feststellen. Laut Polizei wollte die 26-Jährige in den Container steigen, um Altkleider zu entnehmen. „Sie steckte mit dem Hals in der Einwurfklappe fest, die Druck auf den Hals ausgeübt hat, und konnte sich offenbar nicht mehr befreien“, teilt ein Polizeisprecher mit. Die Frau habe sich unabsichtlich selbst stranguliert und sei erstickt.

• In demselben Jahr sterben allein in Nordrhein-Westfalen mehrere in den Metallboxen mit der sperrigen Klappe: In Rommerskirchen (Rhein-Kreis Neuss) wird ein Mann tot in einem Altkleider-Container entdeckt. Die Polizei geht von einem Unfall aus.

• In Hilchenbach im Kreis Siegen-Wittgenstein und Düsseldorf sterben zwei Männer jeweils bei dem Versuch, durch die schmale Öffnung des Containers an Kleidungsstücke zu gelangen.

2021

• Eine junge Frau stirbt in Großostheim bei Aschaffenburg in Bayern in einem Altkleidercontainer gestorben. Die 25-Jährige sei im unterfränkischen  Großostheim mit dem Oberkörper in dem Container steckengeblieben, teilt die Polizei mit. Es sei davon auszugehen, dass sie versucht habe, Kleidung heraus zu holen.

2019

• In Braunschweig versucht ein Mann, einen Beutel aus dem Container zu holen. In dem Beutel war sein Wohnungsschlüssel, den er wohl versehentlich  hineingeworfen hatte. Er kommt mit Verletzungen in ein Krankenhaus und stirbt dort.

2018

• In Landshut wird der Klappmechanismus eines Sammelcontainers einem 18-Jährigen zum Verhängnis. Nach Polizeiangaben wird er erdrosselt, als er  kopfüber in dem Einwurfschacht eingeklemmt wird.

2017

• In Wetzlar steckt ein 40-Jähriger kopfüber in einem Einwurfschacht fest. Er hatte sich mit dem Oberkörper in die Öffnung gezwängt, um an Kleidung zu  kommen. Der Kippmechanismus des gegen Diebstahl gesicherten Containers verhindert, dass er sich selbst befreien kann.