Gefährliches Spiel: In Lahr wird erst einmal weitergezockt. Foto: Vichra

Lahr - Betreiber leben in "großer Ungewissheit", die Stadtverwaltung "hängt in der Luft": Während die Zukunft der Lahrer Spielhallen weiter unklar ist, bleiben sie geöffnet. Das kann Folgen haben.

Auf dem Papier ist die Regelung klar: Spielhallen müssen untereinander sowie zu Jugendeinrichtungen einen Mindestabstand von 500 Metern einhalten. Betriebe, die diese Vorgabe nicht erfüllen, haben zu schließen. So sieht es der Glücksspiel-Staatsvertrag von 2012 vor, den die Landesregierung zum 30. Juni scharf gestellt hat (wir berichteten). Indes, in der Praxis erweist sich das Gesetz als nicht so einfach – der Stadt Lahr bereitet es sogar großes Kopfzerbrechen.

"Wir befinden uns in einer äußerst unbefriedigenden Situation", sagt Bürgermeister Guido Schöneboom. Eines der Probleme, mit dem seine Mitarbeiter vom Ordnungsamt derzeit zu kämpfen haben: Wenn zwei oder mehr Spielhallen zu dicht beieinander liegen – welche muss dann schließen? "Die Kriterien sind sehr unbestimmt und weder vom Städtetag noch vom Regierungspräsidium bekommen wir auf Nachfrage zielführende Informationen. Wir hängen in der Luft", sagt Schöneboom.

Noch keine Schließungsverfügung erhalten

Letzteres gilt freilich auch für die Betreiber. Das Automaten-Casino von Matthias Goberville in der Dinglinger Hauptstraße liegt (wohl) zu nah an den Beruflichen Gymnasien in der Bergstraße und müsste folglich eigentlich zusperren. Aber: "Wir haben noch keine Schließungsverfügung erhalten und machen deshalb erst einmal weiter", sagt Goberville im Gespräch mit der LZ. "Besonders bitter ist es für unsere vier Mitarbeiterinnen, die in großer Ungewissheit leben."

Wie Goberville handhaben es offenbar alle Spielotheken-Chefs in Lahr. 16 Hallen gibt es in der Stadt, nur vier sind nach aktuellem Stand nicht von einer Schließung bedroht, heißt es aus dem Rathaus. Dennoch laden mehr als eine Woche nach dem Stichtag auch die anderen Zwölf weiter zum Zocken ein. Ein gefährliches Spiel – und zwar für alle Seiten: Die Betreiber machen sich de facto strafbar, weil sie keine gültige Konzession haben, die Stadtmitarbeiter könnten sich der Beihilfe schuldig machen, weil sie nicht einschreiten.

Mangel an "klaren Richtlinien"

Deshalb, macht Schöneboom deutlich, werde die Verwaltung nun trotz des Mangels an "klaren Richtlinien" handeln: "Wir prüfen jeden Fall individuell und entscheiden dann nach bestem Wissen und Gewissen." Bis Ende August will das Ordnungsamt allen Spielhallen sein Urteil mitteilen. "Damit sind wir unserer Verantwortung nachgekommen." Jene, die eine Schließungsverfügung erhalten, können Widerspruch einlegen, für den dann das Freiburger Regierungspräsidium zuständig ist.

Matthias Goberville sagt schon heute: "Wir werden alles dafür tun, unseren Standort zu erhalten." Wenn nötig, auch klagen. Als Kompromiss könnte sich der Spielhallen-Betreiber einen Umzug innerhalb der Stadtgrenzen vorstellen: "Dann wären wir die glücklichsten Menschen."

Info - Hälfte hat offen

In der Region droht insgesamt 24 Spielhallen das Aus: Zu den zwölf in Lahr kommen, wie berichtet, neun in Mahlberg und drei in Ringsheim. Den Betreibern dort hat das Landratsamt als zuständige Behörde Schließungsverfügungen geschickt. »Ein Großteil der Spielhallenbetreiber hat widersprochen, die Verfahren sind noch anhängig«, teilte das Amt am Donnerstag der LZ mit.

Man gehe davon aus, dass die Spielotheken derzeit geschlossen sind. Nachfragen in den betreffenden Betrieben zeigten jedoch: Sechs von zwölf haben offen.