Bürgermeister Philipp Hahn hat zwei neue Gemeinderäte verpflichtet. Anton Scheda von der AfD stellte sich kurz vor, Ronny Stengel von der CDU (rechts) nutzte die Gelegenheit dagegen, gleich ein paar heiße kommunalpolitische Eisen anzupacken. Foto: Jauch

Noch keine Minute im Amt als neuer Hechinger Gemeinderat hat Ronny Stengel am Dienstag ein kommunalpolitisch ganz heißes Eisen angepackt: Die Unechte Teilortswahl.

Eigentlich klang diese Position der Tagesordnung nach ruhiger Routine. Für zwei Räte, die ausschieden, rückten zwei neue nach und wurden in der Sitzung am Dienstag auf ihr Amt verpflichtet.

 

Als erster war das Anton Scheda von der AfD, der für den ausgeschiedenen Kai Rosenstock nachrückte. 44 Jahre alt, technischer Konstrukteur, Hobbys sind Sport und Heimwerken, stellte er sich kurz vor, nachdem er von Bürgermeister Philipp Hahn feierlich auf sein Amt vereidigt wurde.

Michael Mößner wünschte sich schnörkellose Verabschiedung

Die Verabschiedung von Michael Mößner hätte feierlicher werden können. Immerhin ist er bereits 16 Jahre CDU-Gemeinderat und als Bauexperte eine Stimme im Rat, die Gewicht hatte. Aber Mößner hatte Bürgermeister Hahn gebeten, auf Auflistungen seiner Verdienste zu verzichten und die Abschiedsworte kurz zu halten. Sein Ausscheiden hat er damit begründet, dass ihm die Doppelbelastung – er hat eine leitende Funktion in einer Baufirma – mittlerweile zu groß wird.

Ronny Stengel war Staatsanwalt in Hechingen

Damit rückte Ronny Stengel in die Reihen der CDU-Fraktion nach. Der 44-jährige heutige Oberstaatsanwalt war einst Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Hechingen und im Oktober vorigen Jahres zur Generalstaatsanwaltschaft nach Stuttgart gewechselt. Er wohnt mit Familie im Hechinger Quartier Friedrichstraße und ist stellvertretender Vorsitzender des Hechinger CDU-Stadtverbands.

Vereinbarkeit von Beruf und Familie als ein Schwerpunktthema

Er nutzte die kurze Vorstellung nach dem Ablegen des Amtseids dazu, gleich drei kommunalpolitische Großthemen anzusprechen, um die er sich als Rat besonders kümmern will. Als Familienvater seien ihm hier Institutionen wichtig, die die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtern, als Pendler nach Stuttgart werde er sich für die bessere Verkehrsanbindung per Schiene und Straße einsetzen, und – kleiner Paukenschlag zum Schluss – er würde gerne einen neuen Anlauf für die Abschaffung der Unechten Teilortswahl in Hechingen starten.

Wahlsystem sorgt für drangvolle Enge am Ratstisch

Der Grund lässt sich beim Blick in die drangvolle Enge am Ratstisch leicht erkennen. Eigentlich hat Hechingen nur 22 Räte, aktuell aber sitzen dort 37 Räte am Tisch. Das ist das Ergebnis der so genannten Unechten Teilortswahl, die jedem Ortsteil mindestens einen Gemeinderatssitz sichert. Und weil trotzdem das Stimmverhältnis zwischen den Parteien sich im Rat abbilden muss, wird so lange aufgestockt, bis das eben stimmt.

Unechte Teilortswahl fiel im Bürgerentscheid durch

Allerdings: Vor fünf Jahren hatte der Hechinger Gemeinderat schon einmal einen Anlauf genommen, die Unechte Teilortswahl abzuschaffen. Dafür gab es auch eine satte Gemeinderatsmehrheit, allerdings mobilisierten vor allem die Ortschaften den Widerstand, erzwangen einen Bürgerentscheid, bei dem sich im September 2021 über 72 Prozent der Wähler für die Beibehaltung der Unechten Teilortswahl aussprachen.

Wahlmodus-Änderung könnte frühestens 2034 in Kraft treten

Ob Ronny Stengel mit seiner Initiative weit kommen wird, bleibt also abzuwarten. Eigentlich hatten die Fraktionssprecher nach der Bürgerentscheid-Schlappe verkündet, dass für sie das strittige Thema damit auf lange Zeit erledigt ist. An manchen Reaktionen im Ratssaal war nun aber abzulesen, dass man einem Neuanlauf vielleicht doch nicht völlig abgeneigt wäre. Allerdings ist in dieser Sache dann auf jeden Fall Geduld gefragt. Denn diese Veränderung im Hechinger Wahlmodus könnte laut Gemeindeordnung frühestens zur übernächsten regelmäßigen Wahl in Kraft treten. Das wäre dann im Jahr 2034. So lange bleibt es auf jeden Fall eng am Hechinger Ratstisch.