Umzug in Lahr Foto: Melanie Geitlinger

Für einen Zeitungsredakteur ist es ganz normal, ja sogar wünschenswert, dass er auf seine Arbeit angesprochen wird. Schließlich ist das Ergebnis seines Schaffens täglich für jeden, der will, öffentlich einsehbar. Und je größer die Resonanz, desto interessanter sind mutmaßlich die niedergeschriebenen Inhalte. Jüngster und bester Beleg für diese These sind unsere Berichte über das Miet-Desaster in der Tramplerstraße.
 
Egal, wo ich am langen Pfingstwochenende hinkam – erstes Thema war stets das Schicksal der 91 Mieter, deren Einzugstermin vielfach nur Stunden vor selbigem geplatzt war. Die meistgesehene Reaktion – offener Mund gepaart mit langsamem Kopfschütteln – drückte zwei Dinge aus: Mitleid mit den Mietern, Wut über den Vermieter. Verständliche Gefühle, die bei genauer Betrachtung aber nur zur Hälfte angebracht sind.Statt die Abnahme der offenbar mangelhaften Wohnanlage in sprichwörtlich letzter Sekunde zu verweigern, hätte der Hauseigentümer die Mieter wie geplant einziehen lassen können. Dann würde er jetzt kassieren, statt für Hotelzimmer und Pensionen zu bezahlen. Möglicherweise steckt hinter der Entscheidung eine kühle Abwägung zwischen einer Auseinandersetzung jetzt (mit dem Bauträger) und Dutzenden in Zukunft (mit den Mietern). Jedenfalls war es für das Großunternehmen, das bundesweit Tausende Immobilien besitzt, keine Werbung in eigener Sache und deshalb ein außergewöhnlicher und bemerkenswerter Schritt.
 
Es wurden Fehler gemacht. Die Schuldigen sind aber keine Bösen, diese Erkenntnis darf und muss man aus dem ganzen Schlamassel ziehen.Was bleibt, ist, den Beteiligten – zuvörderst den Mietern – zu wünschen, dass der Redakteur bald über ein Happy End in der Tramplerstraße berichten darf. Ob die Rückmeldungen darauf dann wieder so zahlreich sein werden?