Sechs Männer und Frauen aus der Region sind jetzt Klimabotschafter. Was sie als solche tun, wie sie dazu kamen und was sie gelernt haben, verraten sie im Gespräch mit unserer Redaktion.
Calw - Nicolai Stotz (Calw), Gisela Strauß (Althengstett), Edwin Bäuerle (Gültlingen), Paul Mast (Wildberg), Jennifer Neubauer und Elisabeth Ulrich (Unterreichenbach) sind noch immer ganz euphorisch. Vor wenigen Wochen haben sie die Zertifizierung als Klimabotschafter vom Naturpark Mitte-Nord erhalten.
Zuvor hatten sie drei Ausbildungswochenenden absolviert und dabei viel gelernt. Darüber, wie der Schwarzwald in 30 Jahren aussehen könnte, und welche Pflanzen resistenter gegen den Klimawandel sind als andere. Darüber, wie erschreckend die Lage der Natur in manchen Teilen der Welt bereits ist. Gerade das erste Seminarwochenende "hat uns auf den Boden der Tatsachen geholt", erzählt Stotz. Manche Korallenriffe seien zum Beispiel schon unwiederbringlich verloren. Sie haben gelernt, wie viel Potenzial in Windenergie stecken kann. Und auch, ergänzt Stotz, wie viele Falschinformationen zu diesem Thema im Umlauf sind. Beispielsweise darüber, wie gefährlich Windräder für Vögel seien. Der Dozent des Lehrgangs habe vorgerechnet, dass eine durchschnittliche Katze mit Freigang in etwa gleich viele Vögel im Jaht tötet wie ein Windrad. Aber auch die Themen Mobilität, Nah- und Fernwärme sowie Moore standen auf dem Lehrplan der angehenden Klimabotschafter. Zu den Terminen vor Ort sind die Teilnehmer aus der Region Calw freilich emissionsfrei gereist – mit einem geliehenen Elektroauto.
Offen für alle
Die Teilnehmer an der Ausbildung seien eine ganz bunt gemischte Gruppe gewesen. Knapp 20 Leute haben jüngst ihr Zertifikat erhalten. Es ist schon der zweite Jahrgang an Klimabotschaftern, die der Naturpark ausbildet, erzählt Stotz. Im Vorjahr jedoch durften lediglich ausgebildete Schwarzwald-Guides teilnehmen. Diesmal war die Ausbildung offen für alle.
Die Beweggründe, warum die sechs Klimabotschafter werden wollten, sind dabei ganz unterschiedlich. Mast betont zum Beispiel, dass seine vier Enkel dereinst noch eine lebenswerte Erde vorfinden sollen. Bäuerle ist Landwirt im Nebenerwerb und achte seit jeher auf Artenvielfalt, Ökologie und Tierschutz. Andere sind schlicht interessiert daran, mehr darüber zu erfahren, wie man selbst die Umwelt schützen kann. "Die Menschen müssen in Harmonie mit der Natur leben", äußert Strauß. "Die Natur könnte auch ohne uns Menschen, aber wir nicht ohne Natur."
Wichtig sei daher auch Regionalität, der Verzicht auf weite Wege. "Regionale Wertschöpfung entsteht nur durch regionale Wertschätzung", ist Neubauer überzeugt. Und es gebe bereits Projekte, die zeigen, wie das funktionieren kann. Die Naturparkmärkte seien hierfür ein gutes Beispiel, ergänzt Mast.
Ins Gespräch kommen
Jeder der Klimabotschafter hat seine eigene "Mission", wie er sich als solcher zukünftig engagieren möchte, das wird im Gespräch deutlich. Manche, so erklärt es Mast, nehmen mit, dass sie von nun an ihren Alltag verändern und das anderen Menschen vorleben. Andere, wie Neubauer, die aus der Tourismusbranche stammt, kann ihr neu erlangtes Wissen auf diese Weise in die Welt tragen. "Man lernt immer dazu", so Bäuerle. Er möchte das, was er gelernt hat, nun an die Kinder weitergeben, die bei ihm auf dem Hof das Reiten lernen. Mast indes setzt eher auf das Netzwerken und möchte mit möglichst vielen Leuten ins Gespräch kommen sowie entsprechende Projekte angehen. Strauß hat schon einen genauen Plan: Sie wird bei der Entstehung einer Waldfarm für Kinder auf dem Gelände der ehemaligen Baumschule beim Schnauffer-Parkplatz mitwirken. Vonseiten des Naturparks gebe es keinen konkreten Auftrag für die Klimabotschafter, fasst Stotz zusammen. Die Botschafter aus der Region werden gut ausgebildet auf die Welt losgelassen – und dann heißt es "Macht was draus". Und das nicht mit erhobenem Zeigefinger, unterstreicht Stotz. Man müsse auf konstruktive Art und Weise mit den Menschen ins Gespräch kommen, sich Wissen aneignen und immer mehrere Seiten eines Themas beleuchten, fügt Neubauer an.
Zufrieden mit Ausbildung
Alle sechs sind durchweg zufrieden mit der Ausbildung, die sie durchlaufen haben. Übrigens nicht nur im Lehrsaal, sondern vor Ort – an einem Windrad, auf einem Selbstversorgerhof. Dennoch: Das Klima und dessen Wandel "ist ein so komplexes Thema, das kann man nicht alles verstehen. Auch nicht als Klimabotschafter", räumt Stotz ein. Man dürfe trotzdem nicht resignieren. Sondern stattdessen "Perspektiven schaffen, es gibt genügend Ansätze".