Ministerin Hoffmeister-Kraut bittet die Konzerne zum Dialog. Foto: dpa

Wegen der E-Mobilität steht die Branche vor einem Umbruch, der sich auch auf die Beschäftigung auswirkt. Die Wirtschaftsministerin will darauf nun reagieren.

Stuttgart - Die Sorge vor den Umwälzungen in der Autoindustrie und bei Zulieferern im Land treibt nun auch die baden-württembergische Wirtschaftsministerin um. „Ich plane einen Runden Tisch zum Transformationsprozess in der Automobilindustrie“, sagte Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) unserer Zeitung. „Um für den bevorstehenden Transformationsprozess gerüstet zu sein, müssen Wirtschaft und Politik frühzeitig die richtigen Maßnahmen einleiten und umsetzen.“

Dazu will das Wirtschaftsministerium in den nächsten Monaten die Personalvorstände der Hersteller wie Daimler und Porsche, aber auch der großen Zulieferer wie Bosch und ZF sowie die Spitze der IG Metall einladen, um Handlungsfelder im Bereich der Arbeitsplatz- und Mitarbeiterentwicklung zu diskutieren.

Neben der Elektrifizierung soll es dabei auch um die geplante Weiterbildungsoffensive zur Digitalisierung gehen. „Die Fahrzeugindustrie mit ihren Zulieferern, Komponenten- und Fahrzeugherstellern nimmt in Baden-Württemberg eine Schlüsselrolle ein“, sagte Hoffmeister-Kraut. Laut amtlicher Statistik sind in Baden-Württemberg 228 000 Mitarbeiter in der Autoindustrie tätig. Rund 45 Prozent der Gesamtausfuhren der Industrie im Südwesten werden durch die Branche erbracht, und rund ein Drittel des Umsatzes der Industrie im Land wird direkt durch die Fahrzeugbranche erwirtschaftet.

Die Branche steht vor großen Veränderungen

„Mit der Elektrifizierung und Digitalisierung der Mobilität sowie der Fahrzeuge gehen große Veränderungen einher“, sagte Hoffmeister-Kraut. „Neue Kompetenzen werden erforderlich, und Wertschöpfungsanteile werden sich entlang der Wertschöpfungsketten und auch zwischen den Wirtschaftsräumen neu verteilen.“ Das wirke sich auch auf die Beschäftigung aus. Die Ministerin verweist auf Studien, wonach bei der Herstellung eines elektrischen Antriebsstrangs weniger Personal erforderlich sei, als dies bei einem Verbrenner der Fall ist. „Beim direkten Vergleich der Komponenten Verbrennungsmotor versus Elektromotor ist hier oftmals von einem Faktor 7 zu 1 die Rede“, sagte Hoffmeister-Kraut. „Diese Fakten bedeuten natürlich eine echte Herausforderung.“

In den vergangenen Wochen ist das Thema vor allem im Hinblick auf die Autohersteller diskutiert worden. Zuletzt hatte der Stuttgarter Autobauer Daimler angekündigt, dass er im Bereich Verbrennungsmotoren Personal reduzieren will – und damit Aufregung erzeugt.

Hoffmeister-Kraut betonte, dass von dieser Entwicklung auch die Automobilzulieferer betroffen sind: „Die Transformation der Innovations- und Wertschöpfungsketten betrifft vor allem das breite Netzwerk der kleinen und mittelständischen Automobilzulieferer“, so die Wirtschaftsministerin.

Die Ministerin sieht auch Chancen

Gleichzeitig eröffneten sich durch die Elektrifizierung und die Digitalisierung aber auch Chancen für die Wirtschaft im Land sowie ihre Beschäftigten. So bieten laut einer Studie vor allem die Effizienztechnologien und die Nebenaggregate beziehungsweise deren Elektrifizierung ein Beschäftigungspotenzial von 6900 Mitarbeitern. Für das Jahr 2025 ergibt sich laut dem Ministerium durch die Komponenten des elektrifizierten Antriebsstrangs ein realistisch ausschöpfbares Beschäftigungspotenzial von weiteren 5600 Beschäftigten. Die Frage wird sein, ob dies den Beschäftigungsverlust bei den konventionellen Antrieben kompensieren kann.

„Damit der Mittelstand in Baden-Württemberg die Potenziale des Technologiewandels nutzen kann, müssen traditionelle Geschäftsmodelle reformiert, Technologiekompetenzen gezielt ausgebaut und Strategieprozesse systematisch angepasst werden“, sagte Hoffmeister-Kraut. Die Landesregierung begleite den Transformationsprozess in der Mobilitätsbranche seit mehreren Jahren durch verschiedene Landesinitiativen und -agenturen intensiv, teilte die Wirtschaftsministerin mit. Gleichwohl wolle sie dieses Engagement in Zukunft noch weiter ausbauen.