Umweltminister Franz Untersteller. Foto: dpa

Vor wenigen Wochen sorgte es für Aufsehen, dass der grüne Umweltminister Franz Untersteller einen früheren Grünen-Stadtrat für das Gutachten zur baden-württembergischen Umwelt­verwaltung beauftragt hat. Jetzt erklärt sein Ressort, wie es dazu gekommen ist.

Stuttgart - Wie es dazu kam, dass ausgerechnet der Bochumer Verwaltungswissenschaftler Jörg Bogumil den Zuschlag für das Gutachten zur baden-württembergischen Umweltverwaltung erhielt, hat das Umweltministerium auf Anfrage unserer Zeitung jetzt offengelegt. Demnach gab Bogumil – in einer Bietergemeinschaft mit seinen früheren Mitarbeitern Stephan Grohs (Universität Speyer) und Falk Ebinger (Wirtschaftsuniversität Wien) – als einziger Verwaltungswissenschaftler ein Angebot ab.

Vor drei Wochen hatte unsere Zeitung berichtet, dass Bogumil einst für die Grünen als Fraktionsvorsitzender im Bochumer Stadtrat saß. Die Landtags-FDP stellte deshalb die Aussagekraft seines Gutachtens infrage. Sie kritisierte den „grünen Filz“, den es offensichtlich gebe.

Das Ressort von Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) teilte damals mit, nichts von Bogumils kommunalpolitischer Tätigkeit als grüner Stadtrat gewusst zu haben.

Markterkundungsverfahren mit drei Anfragen

Nach eigenen Angaben hatte das Umweltministerium Ende August 2015 in Jörg Bogumil von der Ruhr-Uni Bochum, Christoph Knill von der LMU München und Sabine Kuhlmann von der Uni Potsdam drei Experten für öffentliche Verwaltungen angefragt, ob sie die Situation der baden-württembergischen Umweltverwaltung im Zeitraum von September 2015 bis Februar 2016 analysieren und mit anderen Bundesländern vergleichen können. Binnen zweieinhalb Wochen sollten die Professoren ein Angebot abgeben. Ein Ministeriumssprecher sagte, das Schreiben habe im Kern nur abgefragt, ob Interesse und Kapazität an einem Auftrag bestehe, und das erbetene kurze Exposé stelle keine besonders hohe Hürde dar. Von daher habe man die zweieinhalb Wochen schlicht als ausreichend erachtet.

Ein gewisser Zeitdruck habe „allenfalls durch den vorgegebenen Redaktionsschluss der Studie“ – der Landtagswahl 2016 – bestanden, sagte der Ministeriumssprecher. Warum dieser Termin gewählt wurde? „Wir als Umweltministerium wollten reaktionsfähig sein, wenn es zur Regierungsbildung kommt“, sagte der Sprecher. Wegen des engen zeitlichen Rahmens sei es nicht möglich gewesen, weitere Verwaltungswissenschaftler anzufragen. Das Umweltressort nahm deshalb das einzige Angebot an – ebenjenes von Bogumil. Nach dem Regierungswechsel und einer Verschiebung der Zuständigkeiten, beauftragte das Ministerium dessen Gemeinschaft noch, auch die Naturschutzverwaltung unter die Lupe zu nehmen.

Aus beiden Untersuchungen, die den Behörden Tendenzen einer Mangelverwaltung attestieren, und einer Anhörung von Umwelt- und Wirtschaftsvertretern leitete Umweltminister Untersteller gemeinsam mit anderen Ministerien und Kommunalverbänden den Bedarf von 300 Stellen für die unteren Umwelt- und Naturschutzbehörden in den vier Regierungspräsidien und Landratsämtern ab. Am Ende einigte sich die grün-schwarze Koalition, in den nächsten zwei Jahren 256 Stellen zu schaffen.

Massive Kritik am Gutachter Bogumil auch in Niedersachsen

Im Frühsommer dieses Jahres stand Bogumil mit einer Expertise auch in Niedersachsen im Fokus. Er hatte dort von der damals noch rot-grünen Landesregierung den Zuschlag für ein Gutachten bekommen, obwohl Verwaltungswissenschaftler aus Speyer ein günstigeres und nach Ansicht von Ex-Innenminister Uwe Schünemann (CDU) auch ausführlicheres Angebot abgegeben hatten. Schünemann warf der Staatskanzlei vor, Bogumil im Vorfeld einer Ausschreibung gezielt ausgesucht zu haben. „Es gab zwar ein offizielles Vergabeverfahren, allerdings sind bei der Auswertung der Angebote keine objektiven Kriterien angewandt worden“, sagte Schünemann unserer Zeitung. Dies habe in einer Sitzung des zuständigen Ausschusses aufgedeckt werden können.

Bogumil untersuchte die niedersächsischen Ämter für regionale Landesentwicklung, die Rot-Grün 2014 als Ersatz für die zuvor abgeschafften Bezirksregierungen eingerichtet hatte. Der Wissenschaftler bewertete die neue Verwaltungsebene als positiv. Schünemann, der in seiner Amtszeit als Innenminister die Verwaltung verschlankt hatte, kritisierte das Ergebnis als „Gefälligkeitsgutachten“, durch das Rot-Grün „eine Jubelarie mit wissenschaftlichen Anschein kaufen“ wolle. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) wies die Vorwürfe als „Brachialrhetorik“ vehement zurück.