Zu den Aufgaben der Abgeordneten gehört auch, über ihre eigene Versorgung zu beraten Foto: dpa

So schnell geht es selten: Am Donnerstag hat der Landtag erstmals über die umstrittenen Verbesserungen für Abgeordnete beraten, am Freitag soll das Gesetz verabschiedet werden.

Stuttgart - Über mangelnde Post können die Landtagsabgeordneten von Grünen, CDU, SPD und FDP derzeit nicht klagen. Seitdem ihre Frakti0nschefs am Montagnachmittag bekanntgegeben haben, dass die Abgeordneten künftig zwischen staatlicher und privater Altersversorgungwählen können und doppelt so viel Geld für ihre Mitarbeiter erhalten, bekommen viele böse Briefe. Einige Grünen-Mitglieder haben ihren Austritt angekündigt

Vor allem die Verbesserung der Altersversorgung verärgert viele Bürger. 2008 hatte der Landtag beschlossen, Vollzeitparlament zu werden. Die Diäten wurden 2011 um ein Drittel angehoben, gleichzeitig wurde die üppige staatliche Altersversorgung für diejenigen, die seit 2006 dem Parlament angehören, gekappt: Die Abgeordneten sollten sich künftig privat für das Alter absichern. Sie erhalten derzeit eine Diät von 7616 Euro monatlich sowie 1679 Euro für die Altersvorsorge.

AfD spricht von „Raubzug“

Bei der Landtagsdebatte am Donnerstag verteidigten die vier Fraktionen die Neuregelungen, Kritik kam von der AfD. Eine gute Bezahlung, Altersversorgung und Ausstattung der Abgeordneten sei nötig, um den Zugang zum Parlament „für alle Bevölkerungsschichten“ und die „Unabhängigkeit der Abgeordneten zu gewährleisten, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Hans-Ulrich Sckerl. CDU-Vizefraktionschefin Nicole Razavi verwies auf wachsende Anforderungen an die Politik – auch durch „veränderte Formen der Kommunikation und soziale Medien“.

Die anderen Parteien wollten sich „mal eben schnell den größten Raubzug in der Geschichte von Baden-Württemberg absegnen lassen“, erklärte der AfD-Abgeordnete Rainer Podeswa. Reinhold Gall, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD konterte, viele AfD-Abgeordente akzeptierten die steuerfreie Pauschale für die Wahlkreisarbeit, „ohne dass dafür eine Gegenleistung in den Wahlkreisen erfolgt“. In einigen Wahlkreisen hätten sie gar keine Büros. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke erklärte, die bessere Ausstattung fließe nicht in die Tasche der Abgeordneten, sondern komme der Arbeit in Stuttgart und den Wahlkreisen zugute. Die Rückkehrmöglichkeit in die staatliche Altersversorgung lehnt die FDP allerdings ab. Ein Sprecher sagte, die FDP-Fraktion wolle juristisch bewerten lassen, ob die geplanten Veränderungen dem Transparenzgebot des Bundesverfassungsgerichts entsprächen.

Landesrechnungshof hält Reform für nachvollziehbar

Unterstützung hingegen finden die Abgeordneten beim Landesrechnungshof. „Die damalige Annahme für die Veränderung der Altersversorgung haben sich aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung nicht erfüllt, sagte Präsident Max Munding dieser Zeitung. Deshalb sei es „nachvollziehbar“, die Versorgung neu zu regeln. Eine Pensionsregelung gebe es auch in den meisten anderen Bundesländern. „Deshalb gibt es durchaus Argumente für die Reform.“ Kritik übt er allerdings am Zeitplan. „Wenn man aber solche Argumente hat, bedarf es keines Hauruckverfahrens zur Durchsetzung.“

Für ihre Mitarbeiter erhalten die Abgeordneten künftig bis zu 10 438 Euro monatlich, bisher sind es bis zu 5409 Euro. Nach Angaben der Landtagsverwaltung riefen die Abgeordneten im Dezember im Schnitt 4900 Euro für ihre Mitarbeiter ab. Zudem erhöht sich die steuerfreie Kostenpauschale von 1548 auf 2160 Euro pro Monat. Mit diesem Geld können die Abgeordneten beispielsweise die Miete für Wahlkreisbüro, Telefonkosten und Veranstaltungen bezahlen.

Nicht alle Abgeordnete haben Wahlkreisbüro

Nach einer Umfrage bei den Fraktionen haben alle Abgeordneten von CDU und SPD eine Anlaufstelle in ihrem Wahlkreis, bei der FDP alle bis auf die Stuttgarter Abgeordnete, die ihr Landtagsbüro entsprechend nutzt. Bei den Grünen suchen einzelne noch Räume. Ein AfD-Sprecher sagte, alle AfD-Abgeordneten wollten Büros einrichten, täten sich aber teilweise schwer bei der Suche, weil Vermieter Vandalismus durch Gegner befürchteten.

Grüne, CDU, SPD und FDP rechnen für die bessere Mitarbeiterausstattung mit zusätzlichen Kosten von rund zwölf Millionen Euro pro Jahr. Zur Altersversorgung legten sie keine Zahlen vor – diese hingen von der Zahl der Abgeordneten und der Dauer ihrer Mitgliedschaft im Landtag ab und seien „im Voraus nicht bezifferbar