Nur bei Audi gibt es bisher auch beim Kauf eines Gebrauchten den Umstiegsbonus. Foto: dpa

Das baden-württembergische Kfz-Gewerbe fordert eine Ausweitung der Umstiegsprämien, mit denen alte Diesel aus dem Verkehr gezogen werden sollen. Auch beim Kauf eines Gebrauchten sollte es den Bonus geben, verlangt Verbandschef Harry Brambach.

Stuttgart - Das baden-württembergische Kraftfahrzeuggewerbe setzt sich für eine Ausweitung der von den Fahrzeugherstellern angebotenen Prämien für den Umstieg von alten Dieselautos auf schadstoffärmere Wagen ein. Verbandspräsident Harry Brambach fordert, dass auch die Käufer junger Gebrauchter den Bonus erhalten, die Frist bis Ende nächsten Jahres verlängert wird und mancher Autobauer den Bonus aufstockt.

Herr Brambach, wie beurteilen Sie die immer zahlreicheren Umstiegsprämien?
Das baden-württembergische Kraftfahrzeuggewerbe fordert bereits seit mehr als einem Jahr eine Umstiegsprämie für Fahrzeughalter mit Dieseln der Klassen Euro 4 und schlechter. Da wesentliche Elemente unseres Vorschlages in den jetzt von den Herstellern eingeführten Umstiegsprämien enthalten sind, stehen wir diesen grundsätzlich positiv gegenüber. Wenn es gelänge, die rund 37 000 älteren Diesel in Stuttgart und die insgesamt rund 220 000 Diesel in der Region aus dem Verkehr zu ziehen, wären rund die Hälfte des Stickoxidausstoßes des Verkehrs beseitigt. Die jetzige Umsetzung hat allerdings Schwachstellen.
Was gefällt Ihnen nicht?
Eine Schwachstelle besteht darin, dass die Umstiegsprämie im Moment hauptsächlich als Prämie für den Verkauf von Neuwagen umgesetzt wird. Wir haben eine Prämie vorgeschlagen, die auch Gebrauchtwagen der Eurostufe 6 einbeziehen sollte. Dafür spricht, dass ein Großteil der jetzigen Euro-4-Besitzer sich wahrscheinlich keinen Neuwagen leisten kann. Der soziale Sprengstoff in der Dieselfrage, vor dem wir schon früher gewarnt haben, bleibt also zu einem großen Teil erhalten. Audi hat allerdings jetzt als erster Hersteller auch junge Gebrauchtwagen in die Regelung einbezogen. Hier wäre eine einheitliche Regelung wünschenswert. An einem Wettbewerb der Hersteller bei den Prämienbeträgen würde das nichts ändern, diese könnten wie jetzt auch von Hersteller zu Hersteller unterschiedlich sein.
Wer trägt letztendlich die Kosten der Prämien? Die Autohersteller oder die Händler?
Speziell auf die Situation der Autohäuser in der Region Stuttgart bezogen fehlt bisher eine Regelung, die sicherstellt, dass die Hersteller ihre Marktmacht nicht dazu nutzen, einen Teil der Kosten auf die ohnehin schon schwachen Gewinnmargen der mittelständischen Autohäuser abzuwälzen. Die Kosten der Bewältigung der Dieselkrise, die die Autohersteller verursacht haben, müssen auch von diesen bezahlt werden. Sie dürfen nicht auf den Handel abgewälzt werden. Ein positives Beispiel ist hier Skoda.
Bei den Prämien gibt es große Unterschiede. Wenn man wieder einen Verbrenner kauft, gibt es sie bei Mercedes-Benz nur für neue Diesel. Bei Audi und BMW dagegen kann man auch einen Benziner wählen. Bei Daimler gibt es weniger Rabatt für einen Elektro-Smart als für einen Diesel-Mercedes, Audi dagegen zahlt einen Zuschlag für alternative Antriebe. Wie beurteilen Sie dies?
Es macht keinen Sinn, eine Antriebstechnologie der anderen vorzuziehen. In unserem Modell haben wir gefordert, dass eine Umstiegsprämie für den Wechsel von einem Diesel auf jede Antriebsart bezahlt werden soll, die eine Schadstoffverringerung mindestens auf die Werte von Euro 6 bringt. Schließlich geht es um eine Entlastung der Umwelt und nicht um ideologische Grabenkämpfe. Eine technologieoffene Prämie gibt jedem Anlass, über das auch mit Blick auf die Zukunft passende Modell nachzudenken.

Die Bandbreite der Prämien ist ja sehr groß. BMW gibt beim Kauf eines 3ers 2000 Euro, Audi bietet beim konkurrierenden A4 dagegen 8500 Euro an. Wie schätzen Sie insgesamt die Wirkung der Rabatte ein?
Unter dem Strich werden die Prämien die Nachfrage nach Autos dann deutlich steigern, wenn sie ein attraktives Niveau erreichen. Für Fahrzeuge ab 10 000 Euro bis 20 000 Euro halten wir einen Mindestzuschuss von 3000 Euro für erforderlich. Für Fahrzeuge ab einem Listenpreis von 20 000 Euro ist nach unserer Ansicht eine Umstiegsprämie von mindestens 5000 Euro notwendig. Das ist noch nicht bei allen Marken so. Natürlich können die Autohersteller gerne über diese Beträge gehen. Außerdem sollten die Prämien nicht nur bis 31. Dezember 2017 angeboten werden. Die Frist sollte bis zum Ende des nächsten Jahres verlängert werden. Unter dieser Voraussetzung kann die Umstiegsprämie dem schon deutlich sinkenden Auftragseingang bei den Autohäusern entgegenwirken, der in den letzten Wochen durch die unklare Position der Politik zu beobachten war. Dazu muss aber auch eine klare Aussage zur Frage kommen, wie es mit den geplanten Fahrverboten weitergeht. Alle, die jetzt Autos kaufen, brauchen die Sicherheit, dass sie mindestens zehn Jahre von Fahrverboten verschont bleiben.

Das Gespräch führte Harry Pretzlaff.