Während die CDU von der AfD bedrängt wird, verlieren die Grünen Wahlsympathisanten an die Linkspartei. Gern würden die Christdemokraten die Grünen als Koalitionspartner abschütteln.
Die Christdemokraten schwitzen es aus allen Poren: Zu gerne ließen sie die Koalition mit den Grünen in Baden-Württemberg hinter sich. Nicht alle in der Südwest-CDU denken so, vielleicht ein Drittel sieht das anders, vorneweg Innenminister Thomas Strobl, der früher mal ein Beißer gewesen war, ein Konservativer mit Schmiss.
Inzwischen aber hat Strobl einen Narren an Winfried Kretschmann gefressen. Der Ministerpräsident behandelt Strobl immer gut, was dieser von der eigenen Partei nicht behaupten kann, jedenfalls nicht in Stuttgart, wo es der frühere Bundestagsabgeordnete bis heute nicht leicht hat. Aber Strobl ist ein politischer Überlebenskünstler, der vermutlich darauf hofft, auch in der nächsten Landesregierung unter einem möglichen Regierungschef Manuel Hagel ein Plätzchen zu finden. Wenn er sich nur da nicht täuscht.
Zwei Drittel der Christdemokraten streben weg von den Grünen nach der Landtagswahl 2026. Aber wohin? Hagel, der Nachfolger Strobls im Vorsitz der Landespartei, sagt, die Südwest-CDU stehe fest hinter ihm und seiner Vorgabe der strikten Abgrenzung zu jenem Gemisch von Rassisten, Nationalisten, Demokratieverächtern und Russlandfreunden, das sich AfD nennt. Für das Feld der Funktions- und Mandatsträger mag das in weiten Teilen zutreffen, dahinter allerdings beginnt der Wald, und dort wächst mancherlei, was das Sonnenlicht scheut.
In Hessen ersetzte die CDU nach der Landtagswahl die Grünen durch die SPD als Koalitionspartner. Jedoch liegen die Sozialdemokraten bei der aktuellen Umfrage der Demoskopen von Infratest dimap bei zehn Prozent. Wenn es dumm läuft, rutschen sie in die Einstelligkeit. Die FDP kämpft ums parlamentarische Überleben.
Eine Mehrheit für eine sogenannten Deutschlandkoalition aus CDU (aktuelle 29 Prozent), SPD (zehn Prozent) und FDP (fünf Prozent) ist also alles andere als aussichtsreich. Auch wird sich der CDU-Hoffnungsträger Hagel gut überlegen, ob er eine Koalition eingehen will mit einem Mann wie dem FDP-Spitzenkandidaten Hans-Ulrich Rülke, der seit fast 20 Jahren im Landtag sitzt und auf ein Ministeramt hofft. Auch der SPD-Spitzenkandidat Andreas Stoch wirkt nicht mehr ganz taufrisch. Immerhin kann man als Journalist über ihn schreiben, dass er weniger verkniffen in die Welt blicken sollte. Ein Rat, den man bei Rülke tunlichst unterlässt, weil dieser schneller einen Anwalt schickt, als dass der Hahn dreimal kräht. Humor und (Selbst-)Ironie finden in der Landespolitik nicht viele Freunde. Das war schon anders.
Dieser Befund gilt freilich für das politische Klima der gesamten Republik. Die krisenbedingte Gereiztheit wächst. So ist im Südwesten die Zufriedenheit mit der Landesregierung erneut gesunken: auf 48 Prozent, womit Grün-Schwarz zwar grob im Schnitt der westdeutschen Landesregierungen liegt, aber unter früheren Werten bleibt.
Klimawandel interessiert wenig
Die Grünen leiden unter der mangelnden Attraktivität ihres Kernthemas Klimaschutzes in der Wählerschaft. An der Spitze der als Problem erkannten Themen steht bei den Befragten noch immer das Thema Zuwanderung respektive Flüchtlinge. Dies schlägt auf die Zustimmungswerte für die Grünen bei der Sonntagsfrage durch. Mit 20 Prozent liegt die Partei gut zwölf Prozentpunkte unter dem Ergebnis der Landtagswahl 2021.
Allerdings legten die Grünen auch damals einen bemerkenswerten Endspurt hin. Und ihr Spitzenkandidat Cem Özdemir ist aktuell deutlich bekannter als sein CDU-Konkurrent Hagel. Wenn es denn stimmt, was Ministerpräsident Winfried Kretschmann häufig sagt: dass Landtagswahlen immer mehr zu Persönlichkeitswahlen werden (vergleichbar den Oberbürgermeisterwahlen in den Städten), dann ist für die Wahl im März noch nichts entschieden.