Blick auf die Stadt Lahr und das Gewerbegebiet im Vordergrund: Die Verwaltung will die in Lahr ansässigen Firmen mehr zur Kasse bitten, um die anstehend Infrastruktur-Projekte finanziell stemmen zu können. Foto: Bildstein

Das Lahrer Rathaus reagiert auf die angespannte Finanzlage: Die Verwaltung hat eine „Finanz- und Investitionsagenda“ erstellt, um anstehende Großprojekte stemmen zu können. Dafür werden Firmen und Spielhallenbetreiber mehr zur Kasse gebeten.

Breitmattenschule, Klinikum, neue Kreisstraße: In Lahr stehen in den kommenden Jahren einige Großprojekte an, die die Stadtkassen stark belasten werden. Die Haushaltslage ist jedoch bekanntermaßen angespannt. Der Antwort, wie die Vorhaben dennoch finanziell gestemmt werden könnten, ist die Verwaltung nun einen Schritt näher. „Zur Finanzierung zusätzlicher Zukunftsinvestitionen in die Bildungs-, Gesundheits- und Verkehrsinfrastruktur“, heißt es in einer Pressemitteilung von Freitagmittag, schlägt die Verwaltung Erhöhungen bei der Gewerbesteuer und der Vergnügungssteuer vor. Der Gemeinderat wird sich im November mit diesem Thema befassen.

 

Der Plan: Grundlage, so die Stadt weiter, ist eine „langfristige Finanz- und Investitionsagenda bis zum Jahr 2035“, die ebenfalls von der Stadtverwaltung erarbeitet wurde. Bislang stehen für die Jahre 2025 bis 2028 rund 47 Millionen Euro Investitionen an. Die Agenda sieht nun vor, weitere 24 Millionen Euro in die Haushaltsplanung aufzunehmen. Dieses Geld, so die Stadt, soll für Projekte wie die neue Kreisstraße von Ringsheim nach Lahr, das neue Klinikum bei Langenwinkel, die Ganztagesbetreuung an Schulen (das heißt vor allem für den Bau der Breitmattenschule), die Kita Reichenbach und Mittel für Feuerwehrbedarfe verwendet werden. „Geförderte Maßnahmen sollen dabei unter dem Vorbehalt der Förderbewilligung stehen“, heißt es.

Die Schuldengrenze: Zur Gegenfinanzierung schlägt die Stadtverwaltung vor, die Schuldenobergrenze auf voraussichtlich 64 Millionen Euro zu erhöhen. Ein deutlicher Schritt, denn bislang liegt die Grenze bei 40 Millionen Euro. Auch in den laufenden Betrieb will man eingreifen: Für die Jahre 2026 bis 2028 sollen die laufenden Kosten um jeweils eine Million Euro reduziert werden.

Die Steuern: Auch an der Schraube der Einnahmen will die Stadt Lahr drehen: Neben dem Gemeindeanteil an der Einkommensteuer bildet die Gewerbesteuer die zweite große Einnahmenposition unter den Steuern im städtischen Haushalt, heißt es dazu in der Pressemitteilung. Die Gewerbesteuer eines Unternehmens errechnet sich aus dessen Gewerbeertrag multipliziert mit der bundesweit einheitlichen Steuermesszahl (3,5 Prozent) und dem Hebesatz, den jede Kommune selbst festlegen darf. Der Hebesatz in Lahr liegt seit 15 Jahren bei 390 Prozent und soll gemäß Vorschlag der Verwaltung zum 1. Januar 2026 auf 420 Prozent steigen.

Die Auswirkungen: Eine Beispielrechnung zeigt, dass ein Unternehmen mit einem Gewerbeertrag von 100 000 Euro dann künftig rund 11 000 statt zuvor 10 000 Euro an die Stadt abdrücken müsste. Die Verwaltung will mit dem frühzeitigen Beschluss ermöglichen, dass sich die Unternehmen, von denen sich viele derzeit „in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld bewegen“, entsprechend vorbereiten können. Im Übergangsjahr 2025 kommt ihnen laut Stadt zugute, dass die Neuerungen bei der Grundsteuer zu Entlastungen führen.

Darüber hinaus will die Stadt die Vergnügungssteuer erhöhen: Diese betrifft hauptsächlich Geldspielgeräte in Gaststätten und Spielhallen. Die Verwaltung schlägt vor, den Steuersatz zum 1. Januar 2025 für diese Geräte von 22 auf 25 Prozent des Einspielergebnisses zu erhöhen. 2023 betrieben 35 Automatenaufsteller 77 Spielgeräte in 22 Gaststätten; weitere 137 Spielgeräte wurden in zwölf Spielhallen betrieben.

Die Mehreinnahmen: Die Stadt Lahr, heißt es weiter, verzeichnete 2023 ein Gewerbesteueraufkommen von brutto knapp 30,5 Millionen Euro. Mit der Anpassung des Hebesatzes rechnet die Verwaltung ab 2027 mit Mehreinnahmen von 2,5 Millionen Euro. Die Vergnügungssteuer, die 2023 bei rund 1,95 Millionen Euro lag, soll durch die Erhöhung Mehreinnahmen von jährlich etwa 200 000 Euro ermöglichen. Insgesamt plant die Stadt also mit jährlich 2,15 Millionen Euro Mehreinnahmen. Bis 2035 wären das fast 20 Millionen Euro.

Die Diskotheken: Darüber hinaus regt die Verwaltung an, künftig Diskotheken und Tanzveranstaltungen von der Vergnügungsbesteuerung auszunehmen. Im Unterschied zu allen anderen kulturellen Angeboten in Lahr werden Diskotheken bislang mit der Vergnügungssteuer belegt. Die Stadt würde mit diesem Schritt ab 2025 auf jährliche Einnahmen von voraussichtlich 4320 Euro verzichten, um Diskotheken als kulturelle Einrichtungen zu unterstützen. Die Stadt Lahr ist ohnehin bislang die einzige Große Kreisstadt im Ortenaukreis, die Diskotheken besteuert, heißt es in der Mitteilung. Diese Ausnahme war bereits im September Thema im Gemeinderat, wurde jedoch auf den Wunsch der Räte vertagt.

Start in Reichenbach

Der öffentliche Gremienlauf der Beschlussvorlagen zur Gewerbesteuer und zur Vergnügungssteuer beginnt am Mittwoch, 6. November, im Ortschaftsrat Reichenbach. Ziel ist es laut Mitteilung der Stadt, in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats am Montag, 18. November, diese beiden Vorlagen sowie die Vorlage zur Finanz- und Investitionsagenda abschließend zu behandeln und den städtischen Haushalt 2025 einzubringen.