Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine dauert nun schon drei Jahre. Und ein schnelles Ende ist nicht in Sicht. Mit zweien der ukrainischen Flüchtlinge in Furtwangen konnte unsere Redaktion sprechen. Wie beurteilen sie die aktuelle Situation?
Olga und Liobov, zwei Frauen aus unterschiedlichen Gegenden der Ukraine und mit unterschiedlichen Meinungen, sitzen am Tisch im ehemaligen Albert-Schweitzer-Wohnheim in Furtwangen. Sie können schon ganz gut deutsch sprechen und antworten bereitwillig auf die Fragen unserer Redaktion.
Ihre Antworten, auch wenn sie bei etlichen Fragen unterschiedlich ausfallen, haben doch eine Gemeinsamkeit: Die beiden sind kriegsmüde, sehnen sich nach Frieden.
Die zwei Frauen sind bereits seit 2022 in Furtwangen, wohnen mit derzeit etwa 60 weiteren ukrainischen Flüchtlingen im ehemaligen Studenten-Wohnheim in der Albert-Schweitzer-Straße. Der Hochhaus ist mittlerweile in städtischem Besitz und wird seit drei Jahren als Wohnraum für ukrainische Flüchtlinge genutzt.
Hilfe hätte schneller und umfangreicher erfolgen sollen
Drei Jahre Krieg in der Heimat. Und nun kündigt US-Präsident Donald Trump auch noch die Unterstützung der USA für das bedrohte Land. Bei Liobov (52 Jahre) macht sich ein Stück Hoffnungslosigkeit breit. Die Hilfe der westlichen Länder hätte in den vergangenen Jahren schneller und umfangreicher sein sollen, um Russlands Angriff mehr entgegensetzen zu können.
Sie hält den Widerstand gegen die russische Aggression für wichtig. Auf Putins Forderungen einzugehen, den Osten der Ukraine Russland abzutreten und eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine auszuschließen, sei für Putin die Einladung, sich über kurz oder lang die ganze Ukraine einzuverleiben. Er würde schnellstmöglich versuchen, eine Marionettenregierung nach russischem Geschmack in Kiew einzusetzen.
Olga (38 Jahre) argumentiert anders, spricht von der Möglichkeit, die ein Referendum für eine friedliche Lösung bieten würde. Liobov hat da ihre Zweifel und verweist auf das Referendum, das 2014 im Osten der Ukraine abgehalten wurde. Das sei keine echte Wahl gewesen. Es habe viele Verstöße gegeben.
Olga ist anzumerken, sie möchte vor allem eines, Frieden. Um welchen Preis? Sie räumt ein, es gebe unterschiedliche Meinungen, unter den Flüchtlingen im Wohnheim und in der Heimat. Manche stünden hinter ihrem Präsidenten Selenskyj, manche weniger. Sie empfindet seine Bemühungen um Waffen einseitig, möchte, dass er mit Putin über den Frieden spricht.
Ressourcen werden weniger
Die Ressourcen an Soldaten, an Finanzen und an Infrastruktur werde durch den Krieg immer weniger. Viele Menschen wären gestorben oder kriegsversehrt. Auf beiden Seiten.
Olga und Liobov haben Kontakt zu Freunden und Verwandten in Russland. Wie sehen sie auf den Krieg oder die „Spezialoperation“? Liobov bemerkt bei ihren russischen Freunden, dass sie das Gespräch darüber scheuen, Angst hätten, sich dazu zu äußern. „Lieber übers Wetter reden“, wechsle dann das Thema.
Olga nimmt bei ihren Gesprächskontakten mit Russen gegensätzliche Haltungen wahr. Die einen würden den Krieg und Putins Handeln ablehnen. Andere stünden hinter ihm. Er vertrete russische Interessen.
Letztere Haltung zeige sich auch bei vielen so genannten Russlanddeutschen in Deutschland, bemerkt Liobov bei entsprechenden Kontakten in Furtwangen. Sie würden sich ausschließlich über russische Medien informieren – „aus Solidarität“ – und glaubten der russischen Propaganda.
Manche wollen zurück in die Heimat, andere in Deutschland bleiben
Nach drei Jahren Krieg und Zerstörung in der Heimat – wer von den Flüchtlingen möchte überhaupt noch zurück in die Ukraine? Olga meint, das hänge von verschiedenen Faktoren ab. Sie selbst wolle auf jeden Fall zurück in die Ukraine. Sie stammt von Odessa hab dort Wirtschaftsmanagement studiert für den Bereich Marine. Ein Abschluss, der in Deutschland nicht ohne Weiteres anerkannt werde. Sie geht davon aus, dass sie in der Ukraine, wenn der Krieg dann hoffentlich bald zu Ende sei, beruflich besser vorankommen wird. Aber etliche andere ukrainische Flüchtlinge, vor allem Familien, die hier mittlerweile heimisch geworden seien, würden sicherlich auch hier bleiben wollen. Auch aus dem Wissen, dass in der Ukraine viel zerstört worden sei und die Löhne voraussichtlich vorerst niedrig bleiben würden.
Liobov, sie kommt aus der Nähe von Kiew, entgegnet, nach dem Krieg müsse es an den Wiederaufbau gehen. Und wer soll das machen, wenn nicht die Ukrainer? Sie sieht also eher die Notwendigkeit, dass viele Flüchtlinge nach dem Krieg wieder zurück in die Heimat gehen.
Unterschiedliche Sichtweisen. Doch die beiden eint die Hoffnung auf baldigen Frieden.