Politischer Besuch in der Gemeinschaftsunterkunft im alten Heilig-Geist-Spital: Die SPD-Politiker Derya Türk-Nachbaur und Andreas Stoch (Dritter von links) ließen sich von Martin Seuffert, Daniel Springmann, Heimleiter Patrick Brachat, Oberbürgermeister Jürgen Roth und Jan Hauser (von links) informieren. Foto: Heinig

Auf seiner Sommertour durch Städte und Landkreise in Baden-Württemberg machte der Landes- und Fraktionsvorsitzende der SPD, Andreas Stoch, Station in der Gemeinschaftsunterkunft im alten Heilig-Geist-Spital in der Schertlestraße.

Schwarzwald-Baar-Kreis - Damit besuche er eine beispielhafte Einrichtung, sagte die SPD-Bundestagsabgeordnete im Wahlkreis, Derya Türk-Nachbaur, und fand angesichts der aus der Ukraine geflüchteten Menschen, die hier "unbürokratisch und gut" untergebracht wurden: "Das haben wir super gemacht."

Deutschkurse finden hier statt, es gibt eine Kinderbetreuung, eine Kleiderkammer und Ansprechpartner. Doch nicht überall, so erfuhren Stoch und Türk-Nachbaur, herrscht eitel Freude und Sonnenschein.

Es fehlt trotzdem an vielem

Es fehlt an Anschlussunterkünften, an Deutschunterricht, an Kita-Plätzen und an Manpower, um die Menschen in Arbeit zu bringen.

Der Erste Landesbeamte im Landratsamt, Martin Seuffert, lieferte zunächst die Zahlen: Derzeit leben in dem einstigen Alten- und Pflegeheim 193 Flüchtlinge aus der Ukraine im Alter von 17 Tagen bis über 90 Jahren, darunter 40 Kinder. Platz für 230 Menschen habe man im Nordostflügel des Gebäudes mit einem Invest von 300 000 Euro geschaffen, demnächst werde man auch den Südwesttrakt ertüchtigen und damit weitere 220 Menschen aufnehmen können.

Die elf Gemeinschaftsunterkünfte im Schwarzwald-Baar-Kreis bieten 970 Plätze, 750 sind momentan belegt. Im nördlichen Landkreis werde demnächst eine weitere Unterkunft mit 150 Plätzen in Betrieb genommen, so Seuffert. Insgesamt kamen bereits 2700 Ukrainer. Die wenigsten von ihnen – Sozialamtsleiter Jan Hauser schätzt ihre Zahl auf rund 150 – konnten inzwischen in ihre zerbombte Heimat zurückkehren. "Für die meisten gibt es kein Zurück, ihre Wohnhäuser stehen nicht mehr". Ihnen eine langfristige Perspektive zu schaffen, das sei im Sinne der Solidarität die Aufgabe "von uns allen. Wir sind der Staat", sagte Stoch, warnte aber davor, Überlastungssituationen zu schaffen.

"Integration beginnt jetzt"

"Integration beginnt jetzt", verdeutlichte Jan Hauser die Lage der Flüchtlinge, jedoch daure sie bis zum Erfolg zehn bis 15 Jahre und dabei gebe es auf Landes- und auf Bundesebene noch einige Probleme zu lösen. Oberbürgermeister Jürgen Roth nannte eines, das ihm aktuell auf den Nägeln brennt: Knapp 160 Flüchtlingen müsse er jetzt eigentlich eine Anschlussunterkunft, also eine eigene Wohnung, zur Verfügung stellen. Die habe er aber nicht. Kurzfristige bauliche Abhilfe scheitere an der Vorschrift eines Bebauungsplanes. "Uns sind die Hände gebunden. Wir bräuchten jetzt einen Werkzeugkasten, um flexibel reagieren zu können", so Roth.

Ein großes Problem für die Mütter kleiner Kinder sind die fehlenden Plätze in den Kindertagesstätten. "70 Prozent der Bewohner könnten qualifizierte Arbeitskräfte sein", konstatierte der Sozialamtsleiter. Deutsch zu lernen, geschweige denn zu arbeiten, sei ihr aber mit ihrem unbetreuten fünfjährigen Sohn nicht möglich, erzählte eine jungen IT-Ingenieurin.

Zu hohe Standards?

Jan Hauser machte unter anderem die "hohen Standards" als Ursache aus. Stoch beharrte dagegen auf die Qualität der Kinderbetreuung. Nicht die Standards seien das Problem, sondern, dass man sie derzeit nicht erfüllen könne. Er bestätigte: die Lehre aus dem Flüchtlingszustrom 2015/16 sei es, für die Geflüchteten ausreichend Angebote zu schaffen, in allererster Linie für die deutsche Sprache, "denn sie ist der Schlüssel zu allem". Eine andere junge Ukrainerin wünschte sich mehr Informationen über offene Arbeitsstellen. Laut Hauser hat das Landratsamt darauf bereits reagiert: auch um das Jobcenter bei der Vermittlung zu unterstützen, habe man im Landratsamt 15 neue Stellen für ein Fallmanagement geschaffen, das die Flüchtlinge beispielsweise auch auf das Welcome-Center der IHK aufmerksam machen könnte. Dabei wurde ein weiteres Problem deutlich: "Erst zwei Stellen konnten wir bisher besetzen"