Eine Menge zu tun haben die Mitarbeiter des Jobcenters. Foto: Alt

Wie viele Ukrainer arbeiten bereits im Kreis Freudenstadt? Wir haben versucht dieser Frage auf den Grund zu gehen.

Kreis Freudenstadt - Vor etwas mehr als 100 Tagen kam es im Russland-Ukraine-Konflikt zur Eskalation. Die Menschen flüchteten, viele auch nach Deutschland. Wie lange der Krieg noch dauert, weiß keiner. Trotzdem wird versucht, die Menschen zu integrieren, im besten Fall auch in den Arbeitsmarkt.

 

Arbeitslosengeld für Geflüchtete

Peter Schuster ist Geschäftsführer des Jobcenters in Freudenstadt. Er und sein Team haben in den vergangenen Wochen einen "enormen Kraftakt" bewältigt. Seit dem 1. Juni erhalten geflüchtete Menschen Leistungen des Jobcenters. Mit dieser Gesetzesänderung soll insbesondere die Überführung der Leistungsansprüche aus dem Asylbewerberleistungsgesetz hin zu den regulären Sozialgesetzbüchern erfolgen. Kurz gesagt: Die Menschen können Arbeitslosengeld II erhalten.

"Alleine im Monat Mai haben wir für 307 Bedarfsgemeinschaften (Anm. d. Redaktion: zum Beispiel eine Familie) die Gewährung übernommen, sodass diese nun Arbeitslosengeld II erhalten", erklärt Schuster. Zur besseren Einordnung fügt er hinzu: "Normalerweise haben wir 50 dieser Fälle in einem Monat. Es ist eine außergewöhnliche Situation. Dies erfordert eine intensive Planung und hohes Engagement unserer Mitarbeiter."

Noch keine genauen Zahlen

Und wie viele Menschen aus der Ukraine arbeiten dann bereits? Hier erläutert Schuster: "Da kann ich noch keine Zahlen nennen. Es gibt definitiv Beispiele von Menschen, die bereits arbeiten oder eine Ausbildung begonnen haben, aber zunächst einmal ging es für uns um die Sicherstellung der materiellen Existenz." Die finanziellen Leistungen hätten höchste Priorität gehabt, im nächsten Schritt geht es dann in Richtung Integration in den Arbeitsmarkt. "Wir werden Beratungsgespräche führen. Und natürlich Stellenangebote passend zu den Fähigkeiten vermitteln", so Schuster.

Für ihn ein wesentlicher Faktor bei diesem Thema: Die Sprache. "Wir wollen die Zeit sinnvoll nutzen. Keiner weiß, wann der Krieg endet. Wann und ob die Menschen zurück können. Eine Perspektive und eine Beschäftigung hängen auch mit dem Spracherwerb zusammen. Darum wollen wir uns kümmern." Schuster spricht von einer sehr guten Zusammenarbeit mit dem Landratsamt. Was ihm ebenfalls wichtig zu sagen ist: "Natürlich liegt ein Fokus auf den geflüchteten Menschen. Aber der bisherige Geschäftsbetrieb läuft weiter. Wir wollen niemanden vernachlässigen."

Wenig Resonanz von Firmen

Startpunkt der Recherche war eine Umfrage – zum ersten Mal nachgefragt hat unsere Redaktion bereits im April – bei mehreren großen Firmen im Kreis, inwieweit dort bereits Ukrainer beschäftigt sind. Entweder gab es keine Rückantwort, oder Ukrainer sind noch nicht beschäftigt. Von Homag hieß es: "Auch aktuell sind noch keine geflüchtete Menschen aus der Ukraine bei uns angestellt. Da wir aktuell qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ungeachtet ihrer Nationalität, suchen, würden wir uns auch über entsprechende Bewerbungen von Menschen aus der Ukraine freuen." Ähnlich klang es auch bei Bosch Rexroth: "Aktuell sind an unserem Standort in Horb keine geflüchteten Menschen aus der Ukraine beschäftigt. Prinzipiell richten sich unsere Stellenangebote an alle und sind damit auch offen für geflüchtete Menschen aus der Ukraine."

Genaue Zahlen zu den beschäftigten Ukrainern lassen sich also noch nicht herausfinden, die Entwicklung wird spannend zu beobachten sein. Es könnte ein weiterer "Kraftakt" für Peter Schuster und sein Team werden.

Info: Zahlen vor Kriegsbeginn

Im Rahmen unserer Recherche stellten wir die Frage ob es aktuelle Zahlen zu ukrainischen Beschäftigten gibt, auch der Arbeitsagentur. Pressesprecher Stefan Gauß teilte uns daraufhin mit: "Die aktuellsten Zahlen sind vom September 2021. Zu diesem Zeitpunkt waren im Landkreis Freudenstadt 50 Ukrainerinnen und Ukrainer sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Insgesamt waren im September 2021 in Deutschland 55.660 Ukrainerinnen und Ukrainer sozialversicherungspflichtig beschäftigt, davon 7112 in Baden-Württemberg."