Jede Fachkraft bekommt ein gelb-blaues Armband als symbolisches Friedenszeichen. Foto: Tröger

Wie können wir die Kinder und ihre Familien, die vor dem Krieg aus der Ukraine geflüchtet sind, auffangen? Wie gehen wir mit dem Thema Krieg überhaupt um? Wo finden die zusätzlichen Kinder ihren Platz in unseren Kitas? Fragen, für die im Familienzentrum Althengstett (FAZ) ein Konzept entwickelt wurde, um auf diese Herausforderungen vorbereitet zu sein.

Althengstett - Im Gespräch mit unserer Redaktion gaben Franziska Binczik (Amtsleitung FAZ) und die Leiterin der Ottenbronner Kita, Andrea Wosimsky, einen Überblick über ihre Vorbereitungen und die Maßnahmen unter der Überschrift "Willkommenskultur Schwerpunkt ukrainische Flüchtlinge in den Kitas", das den Kindern und ihren Müttern nach traumatisierenden Erlebnissen und angesichts einer ungewissen Zukunft die Ankunft in der für sie fremden Welt so einfach wie möglich machen sollen.

Helfende Hände vor Ort

Alle Kita-Fachkräfte wollen "Helfende Hände vor Ort" sein, für die ukrainischen Kinder und ihre Familien ebenso wie für alle anderen Kinder und ihre Eltern der Kitas, die sich auf die Neuen ebenso einstellen müssen. Um dieses Engagement sichtbar zu machen und zur Stärkung in der gemeinsamen Aufgabe bekamen alle Fachkräfte ein in den Farben gelb-blau geknüpftes Armband als symbolische Friedenszeichen. Um das Team fit zu machen für die kommenden Anforderungen, absolvieren Binczik und vier ihrer Kolleginnen, also aus jeder der fünf Althengstetter Kitas eine Fachkraft, derzeit einen digitalen Fernkurs zum Thema "Trauma und Traumafolgenstörungen". Diesen Kurs schließen sie mit einer Zertifizierung ab und bilden dann im Gesamt- Erzieher-Team der fünf Kitas den Fachzirkel "Familien aus der Ukraine vor Ort begleiten". Sie stehen als Traumaberater den direkt betroffenen Neuankömmlingen, aber auch den Kolleginnen und allen anderen im Kita-Alltag zur Seite und können gezielt auch weitere Hilfeangebote vermitteln.

Ankommen in einer fremden Welt

Wo finden jetzt die zusätzlichen Kinder ihren Platz in den Kitas? Sie einfach den bestehenden Gruppen zuzuteilen, wird keiner Seite gerecht und ist einem guten Ankommen in der fremden Welt nicht zuträglich, sind die beiden Fachfrauen überzeugt. Es wird in allen Kitas eine sogenannte Auffanggruppe geben, wo die Kinder zusammen mit den Eltern, wohl überwiegend mit ihren Müttern, einen geschützten Raum finden, ankommen können, zur Ruhe kommen und die Personen, die ihre Betreuung künftig übernehmen werden, kennenlernen können. Die Räumlichkeiten dafür müssen noch bestimmt werden, ebenso die Fachkräfte, die das Angebot bis voraussichtlich September abdecken sollen. "Wir haben zwei Kolleginnen im Team, die Russisch sprechen, was uns natürlich sehr hilft", erzählt Binczik, dass im Team die Kompetenz für sprachliche Unterstützung vorhanden ist. Jedem Team-Mitglied ist es eine Herzensangelegenheit, den Neuankömmlingen bestmögliche Hilfestellung zu geben, so die Aussage der Gesprächspartnerinnen, wobei sie bisher noch nicht absehen können, wie viele ukrainische Kinder wie schnell in der Form zu betreuen sind. "Soweit wir wissen, sind aktuell je zwei Familien in Ottenbronn und Althengstett angekommen und eine in Neuhengstett", sagt Wosimsky.

Elternabend zum Thema Krieg

Durch den Krieg in der Ukraine, keine zwei Flugstunden von Deutschland entfernt, ist das Thema überhaupt viel mehr präsent als durch alle anderen Kriege, die nach wie vor weltweit stattfinden. Das spüren die Erzieher auch im Alltag in den bestehenden Gruppen. "Die Kinder schauen Fernsehen, es wird in den Familien darüber gesprochen und die Kinder bringen das Thema auch in ihr Spiel mit", so Binczik. Es werde einen Elternabend zum Thema Krieg geben und auch im Gruppenalltag geht es darum, Kinder stark zu machen und ihre Resilienz zu fördern. Das mache man derzeit ganz gezielt auf die aktuelle Situation bezogen, aber auch schon bisher sei Gewaltprävention und gewaltfreie Konfliktlösung, kindgerecht aufbereitet, übers Kindergartenjahr immer wieder ein Thema.

Vorausschauende Verwaltung

"Die Gemeindeverwaltung und Bürgermeister Götz gehen die anstehenden Themen gut und vorausschauend an", sagt Binczik und berichtet vom Rückhalt, den sie und das Kita-Team dort für ihre Arbeit spüren. Die aktuellen, neuen Herausforderungen seien für sie und ihre Kolleginnen nicht nur zusätzliche Arbeit, sondern auch Motivation, ergänzt die Ottenbronner Kita-Leiterin: "Wir lernen dadurch auch wieder ganz viel dazu und können menschlich wie beruflich wachsen."

Wenn die neue Kita Poststraße zum neuen Kindergartenjahr ihren Betrieb aufnimmt, werden bis zu 70 Fachkräfte die Kleinkindbetreuung in der Gäugemeinde sicherstellen. "Wir haben einen guten Personalschlüssel, auch für die zusätzlichen Anforderungen jetzt", macht Binczik deutlich. Das FAZ, unter dessen Dach die Organisation aller Kitas gebündelt ist, sei ein deutlicher Vorteil für die Gewinnung neuer Mitarbeiterinnen, erlebt die Bereichsleiterin nach eigener Aussage immer wieder, so auch jetzt bei der Verpflichtung neuer Fachkräfte für die Poststraße. In ihrer Funktion als Bereichsleiterin stärkt sie bewusst den Zusammenhalt im großen einrichtungsübergreifenden Kita-Team, durch zwei pädagogische Tage pro Jahr zum Beispiel.