Tausende Ukrainer haben am Freitagabend in Kiew der Opfer blutiger Massenproteste vor einem Jahr gedacht. Foto: dpa

Ein Jahr ist seit dem Sturz des früheren ukrainischen Präsidenten Janukowitsch vergangen. Kiew gedenkt in diesen Tagen der Opfer während der prowestlichen Proteste. Zur Ruhe kommt das Land nicht.

Kiew - Tausende Ukrainer haben am Freitagabend in Kiew der Opfer blutiger Massenproteste vor einem Jahr gedacht. Damals waren bei Gewaltexzessen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten rund 100 Menschen ums Leben gekommen. „Der Kampf für das Recht, in einem echten europäischen Land zu leben, begann auf dem Maidan und hält bis heute im Donbass an“, sagte Präsident Petro Poroschenko bei der zentralen Feier auf dem Unabhängigkeitsplatz in der Hauptstadt.

Bei den Gedenkfeiern zum Sieg der „Revolution der Würde“ erwartet Poroschenko an diesem Sonntag in Kiew auch Bundespräsident Joachim Gauck zu einer Solidaritätskundgebung für eine proeuropäische Ukraine. Mit anderen Staatschefs etwa aus Polen und dem Baltikum wolle er dort ein Zeichen der Solidarität mit der Demokratiebewegung setzen, teilte das Präsidialamt in Berlin mit.

An diesem Samstag jährt sich der Sturz des früheren ukrainischen Präsidenten Janukowitsch zum ersten Mal. Er floh damals über die Halbinsel Krim ins benachbarte Russland, nachdem ein Abkommen mit der Opposition zur Beilegung der politischen Krise gescheitert war. Eine Auslieferung lehnt Moskau bis heute ab. Prowestliche Kräfte machen Janukowitsch für das Blutvergießen auf dem Maidan verantwortlich. Die Waffenruhe in der Ostukraine ist weiterhin brüchig. Die Konfliktparteien im Donbass warfen sich erneut gegenseitige Angriffe vor. Zur Umsetzung des in der weißrussischen Hauptstadt Minsk vereinbarten Friedensplans treffen sich am Dienstag in Paris die Außenminister Deutschlands, Frankreichs, Russlands und der Ukraine.

USA werfen Moskau Gefährdung der politischen Weltordnung vor

Die USA werfen Moskau vor, mit seiner Ukraine-Strategie die Grundlagen der politischen Weltordnung aufs Spiel zu setzen. Russland unterstütze weiter Separatisten in der Ostukraine und verletze den Waffenstillstand. Dies „unterminiert die internationale Diplomatie und multilaterale Institutionen - die Grundlagen unserer modernen globalen Ordnung“, sagte Außenamtssprecherin Jen Psaki am Freitag in Washington. Washington verfüge weiterhin über „eine Reihen von Optionen“. Präsident Barack Obama hatte kürzlich gesagt, auch Waffenlieferungen an Kiew könnten infrage kommen. Ukraines Außenminister Pawlo Klimkin rief den Westen eindringlich zu Waffenlieferungen auf. „Wir brauchen diese Waffen für den Frieden, nicht für den Krieg“, sagte Klimkin der „Bild“-Zeitung (Samstag). Er betonte, dass sein Land nicht um Panzer oder Raketenwerfersysteme bitte. Vielmehr benötige die Ukraine Panzerabwehrsysteme, Transporte oder verschlüsselte Funkgeräte.

In London warnte der britische Nato-General Adrian Bradshaw davor, dass Russland seine neue militärische Stärke „nicht nur zur Einschüchterung, sondern auch zur möglichen Eroberung von Nato-Territorim“ einsetzen könne. Diese Bedrohung durch Russland stelle eine „existenzielle Gefahr“ dar, sagte der stellvertretende Nato-Kommandeur für Europa, wie der SWender SkyNews berichtete.

Die ukrainische Regierung erhöht inzwischen auf Druck internationaler Kreditgeber die Energiepreise in dem krisengeschüttelten Land. Strom werde ab März um 40 Prozent teurer, sagte Energieminister Wladimir Demtschischin in einem Interview der Kiewer Zeitschrift „Fokus“. Ab April würden dann auch die Kosten für Gas steigen. Die prowestliche Führung wolle die Teuerung mit Subventionen abfedern, kündigte der Ressortchef an. „Unseren Schätzungen nach werden zwei Drittel der Bevölkerung Zuschüsse erhalten“, sagte Demtschischin. Dafür seien im Staatshaushalt umgerechnet 400 Millionen Euro vorgesehen.

Mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) sei vereinbart, die Energiepreise innerhalb von zwei Jahren auf Marktniveau zu bringen, meinte der Politiker. Im Gegenzug stelle der Fonds mit anderen Gebern dem finanziell klammen Land Kredite von bis zu 40 Milliarden Dollar (rund 35 Mrd Euro) über die nächsten vier Jahre in Aussicht.