Von Wasser und Geröll abgeschnittene Orte, Lebensmittel per Hubschrauber: Slowenien kämpft mit den Folgen heftiger Unwetter. Zwei Drittel des Landes sind betroffen. In Teilen Österreichs und Kroatiens werden weitere Überschwemmungen befürchtet.
Im seit drei Tagen von schweren Überschwemmungen heimgesuchten Slowenien ist es am Samstagabend (5. August) zu neuen Notfällen gekommen. Im Nordosten und im Zentrum des EU-Landes sind ach Polizeiangaben binnen 24 Stunden drei Menschen gestorben – darunter nach Angaben der Nachrichtenagentur STA zwei Niederländer.
So ist die aktuelle Lage in den Hochwassergebieten Sloweniens
Zwei Drittel Sloweniens vom Hochwasser betroffen
Der Katastrophenschutz meldete am Samstag innerhalb von 36 Stunden landesweit mehr als 3700 Einsätze. Menschen wurden gerettet, die sich auf Bäumen oder Hausdächern in Sicherheit gebracht hatten. Die Regierung schätzt den Gesamtschaden auf voraussichtlich mehr als 500 Millionen Euro.
Nach Angaben von Ministerpräsident Robert Golob sind zwei Drittel des Landes vom Hochwasser betroffen. Es seien die größten Schäden einer Naturkatastrophe seit mehr als drei Jahrzehnten im Adria-Land.
Fluss Mur, Dolnja Bistrica
Im Osten des Landes brach ein Damm zum Schutz vor Hochwasser am Fluss Mur. Rund 500 Menschen mussten eilig aus dem Dorf Dolnja Bistrica in Sicherheit gebracht werden, berichtet das staatliche Fernsehen RTV Slovenija.
Weitere neun Ortschaften seien wegen des Dammbruchs an der Mur gefährdet, sagt der Kommandant des Katastrophenschutzes, Srecko Sestan. Man versuche nun, per Hubschrauber das mehrere Meter breite Loch am Damm mit Betonblöcken abzudichten. Nach Angaben von Hydrologen steigt der Pegel der Mur an ihrem österreichischen Oberlauf bei Graz.
Crna na Koroskem
Unterdessen dauern in anderen Landesteilen Sloweniens die Rettungs- und Aufräumarbeiten an. Wegen eines befürchteten Erdrutschs in Crna na Koroskem nahe der österreichischen Grenze würden Bewohner in mehreren Orten am Fluss Meza vorsichtshalber in Sicherheit gebracht, berichtet die slowenische Nachrichtenagentur STA.
Mehrere Dörfer sind seit Freitag von der Außenwelt abgeschnitten. Die Bewohner werden teils per Hubschrauber mit Trinkwasser und Lebensmitteln versorgt, teils versuchten Soldaten, zu Fuß in diese Orte zu gelangen.
Ljubno ob Savinji
In der Gemeinde Ljubno ob Savinji an der österreichischen Grenze rissen Erdrutsche vier Häuser weg. An anderen Orten stürzten Brücken ein, Straßen und Bahnschienen standen unter Wasser.
Am Rande der Hauptstadt Ljubljana wurde demnach noch ein weiterer Toter aus dem Fluss Save geborgen, dessen Tod nach ersten Erkenntnissen der Polizei womöglich auf die Überschwemmungen zurückgeführt werden kann. Der Zugang zu Dörfern wurde abgeschnitten, der Verkehr vielerorts gestört.
Crna na Koroskem
Besonders kritisch ist die Lage in der Region Koroska in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Überschwemmungsgebieten Österreichs. Die Stadt Crna na Koroskem ist einer der am schlimmsten getroffenen Orte, sie blieb am Samstag von der Außenwelt abgeschnitten. Armeehubschrauber mussten Hilfe in den 100 Kilometer nördlich von Ljubljana liegenden Ort fliegen.
Kamnik, Menges
Im näher an der Hauptstadt gelegenen Kamnik sind viele Straßen noch gesperrt und mehrere Gebiete ebenfalls unzugänglich. Berichten zufolge hat sich einer der wetterbedingten Todesfälle in Kamnik ereignet.
Im nahegelegenen Dorf Menges waren Rettungskräfte und Bewohner am Samstag mit Aufräumarbeiten beschäftigt.
EU sichert Hilfe zu
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sichert Slowenien Hilfe zu. Die Schäden in dem Adria-Land seien „herzzerreißend“.
Der EU-Kommissar für humanitäre Hilfe und Krisenschutz, Janez Lenarcic, beriet am Samstag mit der Regierung in Ljubljana. Er nannte die drei wichtigsten EU-Fonds, bei denen Slowenien Hilfen beantragen könne: den europäischen Mechanismus zum Katastrophenschutz, den Europäischen Solidaritätsfonds sowie die europäische Krisenreserve für die Landwirtschaft.
So ist die aktuelle Lage in Kroatien
Das südliche Nachbarland Kroatien ist entgegen ersten Befürchtungen von größeren Überschwemmungen bewohnter Gebiete bis zum Samstagabend zunächst verschont geblieben. Eine klare Entwarnung gibt es allerdings nicht.
Wegen der erwarteten Flutwelle auf den Flüssen aus dem nördlichen Nachbarland Slowenien haben Kroatiens Behörden mit Deichen aus Sandsäcken und stellenweiser Ableitung von Flusswasser vorgesorgt. Im nördlichen Nachbarland Österreich blieb die Lage angespannt.
So ist die aktuelle Lage in den Hochwassergebieten Österreichs
Kärnten, Steiermark
In den südlichen österreichischen Bundesländern Kärnten und Steiermark hatten am Samstag nach neuen heftigen Regenfällen weitere Überschwemmungen gedroht. Dort sind insgesamt 5000 Feuerwehrleute im Einsatz.
In Kärnten wurde für neun Gemeinden eine Zivilschutzwarnung herausgegeben, in zwei gab es Zivilschutzalarm. In der Steiermark sprachen die Behörden laut APA für drei Bezirke eine Zivilschutzwarnung aus sowie Katastrophenalarm für 15 Gemeinden.
Urlaubsreiseverkehr stak beeinträchtigt
Im Urlaubsreiseverkehr ist es zu zahlreichen Staus und Behinderungen im Urlaubsreiseverkehr gekommen. Die Lage vor der ohnehin stark belasteten Karawanken-Autobahn (A11) blieb den Angaben nach am Samstag „angespannt“.
Der Automobilclub ÖAMTC bezifferte die Wartezeit vor dem Karawanken-Tunnel laut APA in beide Richtungen auf teils zwischen einer und eineinhalb Stunden. Der Club appelliere an Urlaubsreisende, auch bei Staus auf den Autobahnen zu bleiben.
Die kleineren Grenzübergänge zu Slowenien in den Bezirken Völkermarkt und Wolfsberg seien weiterhin nicht passierbar, berichtet APA weiter. Ebenso sei der Loiblpass über die Karawanken weiter gesperrt.
Auswärtiges Amt rät zur Vorsicht
Das Auswärtige Amt in Berlin rät reisenden Deutschen in den betroffenen Gebieten Österreichs, „die regionalen Wetter- und Verkehrshinweise zu beachten“ und den Anweisungen der örtlichen Behörden zu folgen.
„Es ist mit der Sperrung betroffener Straßen zu rechnen“, fährt das Ministerium fort und erklärt, dass noch bis zunächst Montag mit Regenfällen und Sturm zu rechnen sei.