Lara Danelutti und Nele Epperlein haben einen Traum: den Twirling-Sport in Deutschland voranzutreiben. Sie wollen ihre Erfahrung von zahlreichen WM- und EM-Auftritten weitergeben.
Samstagmittag, kurz nach 12 Uhr, Goldenbühlhalle. Mehrere Mädchen im Alter von neun bis 18 Jahren haben sich fein säuberlich in Kreisform auf dem Parkettboden formiert. Die einen führen artistische Sprünge durch. Die anderen werfen dünne Stäbe – die sogenannten Batons – meterweit gen Hallendecke. Wiederum andere wärmen sich mit Dehnübungen auf, die bei Normalsterblichen schon beim Zuschauen für schmerzverzerrte Mienen sorgen.
Die kleinen Dinge
Lara Danelutti läuft bedächtigen Schrittes um den Kreis herum. Sie hat die Mädchen genau im Blick. Die Trainerin hält immer wieder inne, gibt Tipps oder schnappt sich einen Baton und demonstriert eine Bewegung selbst. Schnell wird klar: Twirling ist eine Sportart, in der es auf jedes noch so kleine Detail ankommt. Ein zu wenig ausgestreckter Arm hier, eine zu wenig nach innen gedrehte Hand da. Es geht um Millimeter, um Nuancen. „Hand-Auge-Koordination, Kraft, Dehnbarkeit – Twirling lehrt einen extrem viel“, erzählt die 24-Jährige.
Wenige Meter entfernt probt Nele Epperlein eine besonders schwierige Kombination aus Baton-Wurf und Akrobatik mit einem der Mädchen. Diese in die Kategorie der „Aerials“ fallenden Übungen sind eine der tragenden Säulen im Twirling. Epperlein selbst beherrscht viele dieser Bewegungen im Schlaf. Schließlich gehörte sie vor nicht allzu langer Zeit noch zu den besten Deutschen und Europäerinnen ihres Fachs. Regelmäßig kam sie weit bei Welt- und Europameisterschaften, einmal holte sie sogar EM-Bronze. Ihre Laufbahn hat die 23-Jährige inzwischen beendet, doch ihrem Sport ist sie seitdem treu geblieben – und versucht, die Liebe zu diesem weiterzugeben: „Jedes Kind kommt nach dem Training nach Hause und hat etwas Neues gelernt. Das ist Gold wert“, schwärmt sie.
Jede freie Minute
Auch Danelutti, die hauptberuflich die Geschäftsstelle sowie die Marketing- und Sponsoring-Abteilungen der Black Forest Panthers leitet und selbst auch auf zahlreichen internationalen Twirling-Wettkämpfen antrat, hat ihre große Liebe nie aufgegeben. Im Gegenteil: Sie ist Trainerin, Jurorin, Funktionärin – und das nicht nur für ihren Verein, die TTSG Niedereschach. Zuletzt trainierte sie das Nationalteam der besten deutschen Athletinnen. Jene landesweite Mannschaft gibt es im Erwachsenenbereich nicht mehr. „Wir sind nun mal leider noch immer eine Randsportart“, so Epperlein. Doch daran wollen Lara Danelutti und ihre Mitstreiterinnen etwas ändern.
Ein neues Nationalteam
Aktuell betreut die 24-Jährige die besten Talente des Landes in einem Junioren-Nationalteam. „Das Projekt hat letztes Jahr begonnen. Es gibt ein Nord- und ein Süd-Team, aus denen dann ein finales Team zusammengestellt wird, das zur WM nach Paris fährt“, erzählt die Deutsch-Italienerin.
Mittel- und langfristig sollen aus diesem Pool dann auch die Nachfolgerinnen von Epperlein und Co. für Senioren-Wettkämpfe auf dem Elite-Level hervorgehen. „Viele konzentrieren sich auf den Breitensport, wir versuchen eben auch den Leistungsbereich nach vorne zu bringen. Wir wollen, dass die Mädels mit viel Talent auch die richtige Förderung bekommen“, sagt Danelutti.
Irgendwann olympisch?
Noch hat das Twirling auch international einen weiten Weg vor sich. Erst vor wenigen Jahren wurde mit der IBTF ein einheitlicher Weltverband gegründet. Ab einem bestimmten Level an Mitgliedszahlen und -ländern könnte die Sportart nun auch endlich olympisch werden. Darauf haben Lara Danelutti und Nele Epperlein jedoch keinen allzu großen Einfluss. Doch ihre Sportart in zumindest in Deutschland mehr zu etablieren? An der Erfüllung dieses Traums arbeiten sie fleißig – mit Erfolg. „Ich habe das Gefühl, dass sich etwas entwickelt“, blickt Danelutti optimistisch in die Zukunft. Dafür setzt die 24-Jährige sich ein – Schritt für Schritt, einen Baton-Wurf nach dem anderen.