Das Telemedizin-Projekt "docdirekt" wurde am Montag in Tuttlingen und Stuttgart gestartet. Foto: Gollnow

Versuch startet in Tuttlingen und Stuttgart. Digitale Sprechstunde. Hausarztpraxen und Notaufnahmen entlasten.

Tuttlingen/Stuttgart - Die Erwartungen, die die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) mit dem Projekt "docdirekt" verknüpft sind hoch: Die Initiatoren erhoffen sich nicht nur die Entlastung in Notaufnahmen und Praxen, auch neue Patientengruppen soll die digitale Sprechstunde, die auch via Smartphone-App möglich ist, erschließen.

In der Schweiz ist das Modell bereits erprobt

Kai Sonntag, Sprecher der KVBW, erklärt auf Nachfrage unserer Zeitung: "Wir gehen davon aus, dass Patienten die App nutzen, die sehr technikaffin sind oder Familien mit Kindern." Weiter zählt er junge Menschen auf, die etwa am Studienort keinen Hausarzt haben, Menschen, die wegen der Öffnungszeiten eine Praxis nicht aufsuchen können, oder Männer ab 45 Jahren, "die eher zurückhaltend sind, wenn es um Arztbesuche geht". Im Ausland, etwa in der Schweiz, sei die App schon länger im Gebrauch und bei Patienten und Ärzten akzeptiert.

Meldet sich ein Patient via App, Website oder Anruf, erreicht er zunächst eine medizinische Fachangestellte bei der KVBW in Stuttgart. Sie priorisiert die Fälle und stellt sie in ein System ein. Insgesamt 35 Ärzte in der Stadt Stuttgart und dem Landkreis Tuttlingen sehen die Fälle am Bildschirm und rufen zurück. Ist eine persönliche Vorstellung bei einem Arzt notwendig, wird der Patient an eine dienstbereite Haus- oder Facharztpraxis überwiesen. Bei lebensbedrohlichen Notfällen wird der Anruf an die Rettungsleitstelle weitergeleitet.

Wie KVBW-Sprecher Sonntag betont, werde das Projekt "flächendeckend" für alle Patienten im Südwesten umgesetzt, wenn es sich in der Praxis bewährt. Zu erreichen sind die niedergelassenen Ärzte montags bis freitags von 9 bis 19 Uhr. Voraussetzung war, dass die Kassenärztliche Vereinigung als erste Kammer bundesweit das bisherige Fernbehandlungsverbot gekippt und die Modellprojekte ermöglicht hatte.

Rezepte können wegen rechtlicher Unklarheiten nicht ausgestellt werden. Der Tele-Arzt informiert stattdessen einen Kollegen, bei dem Patienten Rezepte dann abholen.