Das Landgericht Rottweil hat im Fall der brutalen Prügelattacke am Tuttlinger Busbahof die Urteile gesprochen. Foto: Seeger

Zwei Männer wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung verurteilt. 21-Jährigen halb tot geschlagen.

Tuttlingen/Kreis Rottweil - Als sich am Abend des 18. Dezember 2015 in Tuttlingen eine kleinere Clique trifft, um das Wochenende mit kräftig Alkohol und wohl auch Drogen zu feiern, gibt es keine Anzeichen dafür, dass die Sause am frühen Morgen des 19. Dezember 2015 – einem Samstag – in einer lebensbedrohenden Prügelattacke mündet.

Zwei heute 38- und 34 Jahre alte Männer hatten gegen 5 Uhr einen jetzt 22-Jährigen fast totgeschlagen. Frust und verletzte Ehrgefühle sollen die beiden Landsleute zum Durchdrehen gebracht haben. In dumpfer Wut wurden beim Tuttlinger Busbahnhof zwei wildfremde junge Männer ins Auge gefasst. Einem gelang gerade noch die Flucht. Der andere – ein heute 22-Jähriger – kam mit viel Glück gerade noch mit dem Leben davon nach den hemmungslosen Schlägen mit den zuvor – von dem emotional völlig außer Kontrolle geratenen Duo – von einer Gärtnerei entwendeten Hölzern. Schwerste Kopfverletzungen machen bis heute Operationen notwendig. Der junge Mann wird sich nie wieder von den lebensbedrohlichen Attacken erholen können.

Nach 22 Verhandlungstagen mit einer Vielzahl von Zeugen und zahlreichen Gutachtern wurde am Mittwoch vor dem Landgericht Rottweil das Urteil gesprochen. Wegen versuchten Totschlags und Körperverletzung wurde der ältere der beiden Angeklagten zu einer zehnjährigen Haftstrafe verurteilt. Der 34-Jährige erhielt neun Jahre.

Die Nuancen im Strafmaß sind auf die unterschiedlichen Lebensführungen der beiden Täter zurückzuführen. Dem Jüngeren wird ein aufgeweckter Charakter zugeschrieben. Nach einem dem Abitur vergleichbaren Schulabschluss habe er zunächst den Försterberuf ergriffen, wegen der besseren Verdienstmöglichkeiten aber schnell in die Gastronomie gewechselt, um dann auch sein Heimatland zu verlassen und sich in Süd- und Mitteleuropa als Arbeiter zu verdingen.

Der mitangeklagte Kompagnon hatte schon in seiner Kindheit nichts zu lachen. Bis zur jetzigen Verurteilung verbrachte der 38-Jährige bereits zwölf Jahre in rumänischen Gefängnissen. Laut dem psychologischen Gutachter zeigt sich hier ein Mensch, dessen Sozialprognose denkbar schlecht ist. Die schwere Persönlichkeitsstörung, die ihm attestiert wird, reicht laut der Kammer zwar nicht zur Unterbringung in einer Psychiatrie, doch Berechenbarkeit hinsichtlich der Hinführung zu einem normalen Leben ohne Ausflüge in die Kriminalität wird diesem – der kaum eine Schulbildung genossen hat – kaum jemand attestieren.

Der offenbar auch von starken Minderwertigkeitskomplexen geplagte Mann hatte bereits am 30. Oktober 2015 nach einem von ihm als unglücklich verlaufenen Besuch einer Tuttlinger Gaststätte Besucher in Todesangst versetzt. Kurz nach seinem Abgang aus der Gastronomie war er mit einem Samurai-Schwert aufgetaucht, um Angst und Schrecken zu verbreiten.

Eineinhalb Stunden nahm Karlheinz Münzer, Vorsitzender der Ersten Schwurgerichtskammer, im Rahmen der Urteilsverkündung Stellung zu vielerlei Aspekten im Zusammenhang mit dem schrecklichen Geschehen, das für ein Zufallsopfer so fatal endete. Indizien und Zeugenaussagen hätten keine Zweifel daran gelassen, dass es sich bei dem Duo um die brutalen Schläger handle.

Gleichwohl habe die Kammer bei der Urteilsfindung statt versuchtem Mord versuchten Totschlag zugrunde gelegt. Die Anforderungen zur Annahme niederer Beweggründe seien sehr hoch. Soll heißen: Aufgrund der auch durch viel Alkohol in Rage gebrachten Täter könne eine verminderte Schuldfähigkeit nicht ausgeschlossen werden.

Die ausgesprochenen Strafen bewegten sich aber deutlich im oberen Bereich des für Totschlag vorgesehenen Strafmaßes.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.