Die Präsenz der Polizei vor Ort soll durch die Reform steigen. Foto: dpa

Zwölf Präsidien im Land wachen über Sicherheit und Ordnung. Am Beispiel Tuttlingen wird Organisationsstruktur aufgezeigt.

Tuttlingen - Die Polizeistrukturreform trat zum Jahresbeginn in Kraft. Wichtigste Maßnahme ist die Zusammenlegung der bisher vier Landespolizeidirektionen mit 37 Polizeidirektionen zu zwölf Großpräsidien im Südwesten.

Nach einer mehr als eineinhalbjährigen Vorbereitungszeit wurde das Projekt der zwölf Polizeipräsidien im Rahmen der Polizeireform in Baden-Württemberg am Neujahrstag mit der »Fusion« der bisherigen Polizeidirektionen vollzogen.

Die Aufbauorganisation der Polizei des Landes wurde gestrafft und die Stäbe verschlankt. Durch den Abbau von Hierarchien und Reduzierung der Führungsfunktionen kann jedes Polizeirevier im gesamten Land mit zwei Beamten verstärkt werden.

Tuttlinger Präsidium umfasst fünf Landkreise

Die einzelnen Polizeipräsidien haben allerdings gerade im ländlichen Raum ein enormes Einzugsgebiet. So wird von Karlsruhe aus die Region zwischen Bruchsal und Calw/Nagold gesteuert. Das Präsidium Ludwigsburg zieht sich wie ein Schlauch über Böblingen bis nach Herrenberg. Zum Reutlinger Bereich gehören Esslingen, Tübingen, Rottenburg, Münsingen oder Zwiefalten. Das Offenburger Präsidium steuert die polizeilichen Aktionen zwischen Rastatt, Lahr/Ettenheim und Haslach. Die »Zentrale« in Freiburg ist für die Aktivitäten zwischen Emmendingen, Lörrach und Waldshut-Tiengen zuständig. Das Tuttlinger Polizeipräsidium umfasst gleich gar die fünf Landkreise Zollernalb Freudenstadt, Rottweil, Tuttlingen und Villingen-Schwenningen.

Das Beispiel Präsidium Tuttlingen zeigt den Aufbau in neuer Struktur. Organisatorisch wurden die bisher eigenständigen Polizeidirektionen der fünf Landkreise zum Polizeipräsidium Tuttlingen zusammengeführt.

Den Hebel über Nacht umgelegt

Als »der Hebel umgelegt wurde«, wie er sagt, war Peter Mehler im Dienst. Mehler ist einer von denen, für die sich mit der Polizeireform beruflich viel verändert hat. Am 30. Dezember ging er noch wie gewohnt in Balingen zur Arbeit, seit 1. Januar hat er sein Büro in Tuttlingen: Nach zwölf Jahren als Sprachrohr der Polizeidirektion am Fuße der Zollernalb leitet er nun die Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit des neuen Polizeipräsidiums Tuttlingen.

Mit dem Abschied aus Balingen sei eine gewisse Wehmut verbunden gewesen, erzählt er – und viele Fragen. »Was kommt auf mich zu? Sind wir gut aufgestellt?« Die Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit ist die neue, zentrale Anlaufstelle für Presseanfragen aus dem Gebiet der fünf bisher eigenständigen Polizeidirektionen. Mehler war an Neujahr mit einem Kollegen im Dienst. Naturgemäß gibt es am Tag nach Silvester viel zu tun. Dennoch: Die Computer laufen, das neue Presseportal funktioniert, und die Telefone sind da.

Nicht nur in der Pressestelle scheint die Umstellung relativ gut verlaufen zu sein. Mehlers Eindruck: »Ich hätte mir das problematischer vorgestellt.« Zumal er die Veränderungen als einen Herkulesakt bezeichnet. Die Reform sei aber gut vorbereitet gewesen. Ihm sei aus dem Bereich des Polizeipräsidiums Tuttlingen nicht bekannt, »dass ein Bürger seine Polizei nicht erreicht habe.«

Peter Mehler ist nicht der einzige, der mit dem Umlegen des Hebels einen neuen Einsatzort hat. 40 Mitarbeiter hätten die Chance genutzt, im Zuge der Reform von Tuttlingen weg in den Bereich eines anderen Präsidiums zu wechseln. Dafür würden 70 andere in den Bereich Tuttlingen eingegliedert, erklärt er.

Veränderung geschieht nicht auf Knopfdruck

Doch nicht jede Veränderung passiert auf Knopfdruck. Der geplante Umzug der 20 Polizeihundeführer nach Zimmern ob Rottweil etwa lässt noch auf sich warten. Dort muss erst noch ein Gebäude errichtet werden. Solange bleiben die Staffeln einfach dort, wo sie bisher sind – für den Zollernalbkreis etwa in Albstadt. Peter Mehler allerdings ist angekommen.

Das Referat Prävention mit der Leitung in Tuttlingen ist im Präsidiumsbereich dezentral organisiert. Das heißt, in jedem der fünf Landkreise gibt es weiterhin einen regionalen Arbeitsbereich Prävention, der die Aufgaben der kommunalen Kriminalprävention, der kriminalpolizeilichen Beratungsstelle, der Verkehrsprävention und der Verkehrserziehung wahrnimmt.

In Rottweil befindet sich zentral die Kriminalpolizeidirektion und in Zimmern ob Rottweil die Verkehrspolizeidirektion des Polizeipräsidiums Tuttlingen.

Die Standorte der insgesamt 14 Polizeireviere sowie der 24 zugeordneten Polizeiposten bleiben wie bisher erhalten. Diese stehen unter der gemeinsamen Leitung der Direktion Polizeireviere in Tuttlingen. Im Zuständigkeitsbereich dieser Direktion liegt auch die zentrale Aufgabe für die Bearbeitung von Gewerbe- und Umweltdelikten.

In Balingen, Freudenstadt, Tuttlingen und Villingen-Schwenningen wurden Kriminalkommissariate neu organisiert, die zusammen mit einem Kriminaldauerdienst rund um die Uhr mit Dienstsitz in Rottweil eine ständige und flächendeckende Erreichbarkeit der Kriminalpolizei im Präsidiumsbereich gewährleisten. Allerdings: Aus einer Stadt wie Albstadt mit an die 50 000 Einwohner zieht die Kripo ab.

Unter Leitung der Verkehrspolizeidirektion wiederum werden Aufgaben der Autobahnpolizei, der Verkehrsunfallaufnahme und dezentral an den Standorten Balingen, Freudenstadt und Villingen-Schwenningen der Verkehrsüberwachung wahrgenommen.

»Ihre Polizei bleibt nach der Umstrukturierung jederzeit für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort erreichbar«, bekräftigt Uli Schwarz, der designierte Polizeipräsident des Polizeipräsidiums Tuttlingen.
Notrufe sollen ab April zentral auflaufen

Die vollständige Inbetriebnahme des im Gebäude des Präsidiums neu geschaffenen Führungs- und Lagezentrums (FLZ) ist für Ende Januar vorgesehen. Die Aufschaltung der zentralen Notrufe der bisherigen Polizeidirektionen beim FLZ wird sukzessive bis Ende April erfolgen.