74,4 Prozent Wahlbeteiligung beim Bürgerentscheid. 56,6 Prozent der Tuninger lehnen Bauvorhaben ab.
Tuningen - In Tuningen, der 3000-Seelen-Gemeinde im Schwarzwald-Baar-Kreis, wird kein Gefängnis gebaut. 56,6 Prozent der 2300 Wahlberechtigten stimmten gestern beim Bürgerentscheid gegen die Ansiedlung einer Justizvollzugsanstalt mit 500 Gefangenen.
Das Ergebnis fiel knapp aus, 43 Prozent hätten es gerne gesehen, wenn auf dem ehemaligen Liapor-Gelände am Rande der Gemeinde direkt neben der Autobahn 81 das Land das Gefängnis gebaut hätte. Immerhin hätte das der Gemeinde jährlich Einnahmen von rund 175 000 Euro beschert. Die Wahlbeteiligung lag bei 74,4 Prozent. Schon am Morgen war klar, dass das nötige Quorum für einen Bürgerentscheid von 25 Prozent längst überschritten war. Den Bürgern war es demnach wichtig, über dieses geplante Projekt des Landes abzustimmen.
Das Ergebnis des Bürgerentscheids ist aber als Schlappe für die Politik zu sehen. Die Mehrheit des Gemeinderates von Tuningen sowie Bürgermeister Jürgen Roth hatten sich erst vor Kurzem für den Gefängnisneubau ausgesprochen. Auch Landesjustizminister Rainer Stickelberger (SPD) warb dafür.
Bisherige mögliche Standorte rücken wieder in den Fokus
Doch eine Bürgerinitiative, die Aktionsgemeinschaft gegen das Gefängnis, machte dagegen mobil, eine zweite Bürgerinitiative, die Arbeitsgruppe Justizvollzugsanstalt, engagierte sich für den Bau. Bürgermeister Jürgen Roth zeigte sich gestern nach der Entscheidung trotzdem erleichtert.
Dennoch hätte er es als Chance gesehen, wenn das Gefängnis in Tuningen gebaut worden wäre. Aber der Souverän, das Volk, habe nun entschieden. Heute werde er das Land über die Entscheidung informieren. Damit sei die Sache für ihn und seine Gemeinde erledigt.
Was nun mit dem alten Liapor-Gelände passiert, muss der Gemeinderat beraten. Bürgermeister Roth könnte sich ein Gewerbegebiet gut vorstellen. Doch noch sei nichts entschieden.
Ursprünglich sollte das Gefängnis in Rottweil gebaut werden. Doch dort war der Widerstand von Bürgern zu groß. Dadurch kam Tuningen als Standort ins Gespräch. Nach dem Aus rücken nun wieder die bisherigen Standorte in den Blick, die beim Ranking hinter dem Tuninger ehemaligen Liapor-Gelände zurückfielen. Allen voran das Areal auf Weigheimer Gemarkung, das zu Villingen-Schwenningen gehört. Ebenso im Rennen sind wieder Rottweil und Meßstetten im Zollernalbkreis.
Das Land ist seit Jahrzehnten damit befasst, im Großraum Rottweil eine Justizvollzugsanstalt zu bauen. 2007 beschlossen das Finanz- und Justizministerium in Baden-Württemberg das "Haftentwicklungsprogramm Justizvollzug 2015". Damit wurden die jahrzehntelangen Planungen konkret für den Bau eines Gefängnisses, das als Ersatz für die vielen kleinen Anstalten dienen sollte. Schon einmal blitzte das Land ab, als eine Bürgerinitiative den Bau auf dem Gewann Bitzwäldle nordöstlich von Rottweil verhinderte.
Beim Gelände in Weigheim könnte es mehr Erfolg haben. Der Gemeinderat der Doppelstadt hat sich bereits für eine Ansiedlung ausgesprochen. Und Oberbürgermeister Rupert Kubon (SPD) hatte sich enttäuscht gezeigt, als die erste Wahl des Landes auf das Tuninger Areal gefallen war.