Die Fritz-Kiehn-Straße in Deißlingen heißt künftig "Alte Friedenstraße". (Fotomontage) Foto: Reinhardt

In der Bürgerfrageviertelstunde des Deißlinger Gemeinderat kochten teilweise die Emotionen hoch. Auf der Tagesordnung des Rats stand unter anderem die Umbenennung der "Fritz-Kiehn-Straße".

Deißlingen - Diesesmal kamen viele der Anlieger in diese Sitzung. So auch Marianne Kienzler, die ihrem Unmut Luft machte. Ihrer Meinung nach seien die Anlieger der Straße einfach vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Christa Rieker fragte nach, ob es noch möglich sei, einen Namen für die Straße vorzuschlagen. Ihrer Meinung nach wäre es gut gewesen, wenn man die Anlieger im Vorfeld befragt hätte. Ihr Vorschlag für den neuen Straßennamen wäre "Alte Friedenstraße." Vor 60 Jahren hieß die Fritz-Kiehn-Straße nämlich noch Friedenstraße und wurde dann umbenannt.

Bürgermeister Ralf Ulbrich meinte, dass die Namensliste auf der Tagesordnung nicht abschließend sei und nahm den Vorschlag auf. Auch Dirk Rieker plädierte für diesen Namen. Doch bei den Kosten für die Änderungen bei Gewerbetreibenden ging er nicht mit. Die Verwaltung hatte vorgeschlagen, eine pauschale Kostenabdeckung für Privatpersonen von 25 Euro und bei Gewerbetreibenden von 100 Euro für die notwendigen Änderungen zu bezahlen. Bei seinem Betrieb, so Rieker, kämen da aber schon locker 1000 Euro zusammen. "Mit den 100 Euro ist es da nicht getan."

Karl-Wolfgang Staiger wird angegangen

Karl-Wolfgang Staiger wollte die "historische Chance" bei dem neuen Straßennamen nutzen. Kaum hatte er seinen Vorschlag "Fritz-Erler-Straße" ausgesprochen, wurde er von den Anliegern angegangen und konnte seine Begründung nicht vortragen. Bürgermeister Ralf Ulbrich sprach dann ein Machtwort: "Jeder hat bis jetzt die Chance gehabt vorzutragen, ohne dass man ihn unterbrochen hat. Wenn der Tumult nicht aufhört, werde ich die Frageviertelstunde abbrechen."

Daraufhin konnte Staiger seine Argumente ohne weitere Unterbrechung darlegen. Erler sei ein Widerstandskämpfer im Dritten Reich gewesen, sei verfolgt worden und saß im KZ und sei von Kiehn in der nach Nachkriegszeit verhöhnt und diffamiert worden. Für Staiger wäre der Name ein Zeichen gewesen und hätte der Gemeinde gut zu Gesicht gestanden. Auch überregional wäre dies gut angekommen. Geschockt habe ihn, wie aggressiv man ihn persönlich angegangen sei und dass er nur durch das Machtwort vom Bürgermeister weiterreden konnte.

Christian Liebermann wollte wissen, ob noch weitere Straßen in Deißlingen zur Diskussion stehen würden. Dies verneinte der Bürgermeister: "Nach der Namensänderung der Fritz-Kiehn-Straße stehen keine weiteren Straßenänderungen zur Diskussion."

Vorschlag der Anwohner: "Alte Friedenstraße"

Im Vorfeld zum diesem Tagesordnungspunkt hatte es ein Abstimmungsgespräch zwischen Verwaltung und den Fraktionssprechern gegeben. Dabei wurde festgehalten, dass im Zuge der Umbenennung in diesem speziellen Fall keine Person gewürdigt werden soll. Karin Schmeh (CDU) machte dann den Vorschlag, im Namen ihrer Fraktion, die Straße in "Trossinger Straße" umzubenennen. Gerhard Stern (SPD) meinte, dass man es sich bei der SPD nicht leicht gemacht habe. So wurde zum Beispiel über ein Schülerprojekt oder über eine Umfrage diskutiert. Einig sei man sich jedoch gewesen, dass ein Personennamen nicht in Frage komme. Er könne sich mit "Alte Friedenstraße" durchaus anfreunden. Peter Emminger (DUL) drängte: "Wir müssen nun einen Knopf an die Sache machen und mit dem Thema endgültig abschließen."

Bürgermeister Ralf Ulbrich gab zu bedenken, dass mit der "Alte Friedenstraße" eventuell postalische Probleme verbunden sein könnten. Dies sah Bruno Bantle (SPD) jedoch anders. Der Rat plädierte für den Vorschlag "Alte Friedenstraße".

Hubert Holl (DUL) hätte sich mit dem Vorschlag von Karl-Wolfgang Staiger anfreunden können. Doch da die Anlieger den Vorschlag für die Alte Friedenstraße gemacht haben, stimme er für diesen Vorschlag. So sahen es auch die anderen Räte.

Bei den Änderungskosten bei Gewerbetreibenden gab es zwei Vorschläge. Zum einen schlug Karl Heinz Maier eine Kostenpauschale von 500 Euro vor. Der zweite Vorschlag war, dass 100 Euro gezahlt werden und auf Nachweis der tatsächlichen Kosten ein noch zu bestimmender Prozentsatz zur Auszahlung kommen soll. Dieser Idee folgten die Gemeinderäte mehrheitlich. Die Privatleute bekommen 25 Euro pro Person im Haushaushalt (altersunabhängig).

Die Straße wird künftig "Alte Friedenstraße" heißen, auf ausdrücklichen Wunsch der Anlieger. Dies aber, so Bürgermeister Ralf Ulbrich, erst zum Jahreswechsel.