Der Bauwagen für einen Naturkindergarten sollte laut den bisherigen Planungen nahe der Skihütte aufgestellt werden. Foto: Ulrich

Günstiger und schneller umsetzbar: Mit einem Naturkindergarten wollte Oberndorf mehr Kindern einen Kitaplatz ermöglichen. Jetzt will die Stadtverwaltung das Projekt auf Eis legen.

Platz für 22 Kinder, verlängerte Öffnungszeiten und tägliche Aktivitäten und Erkundungen in der Natur: Das sollte der Naturkindergarten bieten, für den ein Bauwagen im Oberndorfer Webertal vorgesehen war. 2023 hatte die Stadtverwaltung die Planungen dafür aufgenommen. Jetzt empfahl sie, das Projekt nicht umzusetzen.

 

Eigentlich hatte man sich die Umsetzung für 2026 vorgenommen. 260 000 Euro wären dazu im Haushalt vorgesehen gewesen – für den Bauwagen, Untergrundarbeiten, Strom- und Wasseranschluss und Bebauungsplanänderungen – und 160 000 Euro als jährliche Personalkosten für drei Erzieher.

Bedarf nicht mehr gegeben

Angesichts des aktuellen Bedarfs ist die Einrichtung aus Sicht der Stadtverwaltung aber nicht mehr nötig. Bis 2027 würden in Bochingen und in der „WABE“ auf dem Lindenhof 64 zusätzliche Plätze entstehen, 20 davon Krippenplätze, erklärte sie dem Gemeinderat in der Sitzungsvorlage. Zudem gebe es noch 16 freie Plätze in Altoberndorf, Aistaig, Beffendorf und Hochmössingen.

Und: Der Naturkindergarten wäre aufgrund dessen, dass sich die Kinder dann bei Wind und Wetter im Freien aufhalten würden, ohnehin nicht für alle Nutzergruppen geeignet, heißt es in der Sitzungsvorlage. Deshalb wolle man die Planungen nun „erstmal nicht umsetzen und zu den Akten nehmen“, meinte Bürgermeister Matthias Winter im Gemeinderat.

Verwunderung über „Sinneswandel“

Den Naturkindergarten ins Spiel gebracht hatte seinerzeit die CDU-Fraktion. „Damals war die Verwaltung optimistischer, was die Nachfrage angeht“, meinte CDU-Stadtrat Thorsten Ade nun, verwundert über „den Sinneswandel“ und darüber, dass die Verwaltung offenbar ein „Bauchgefühl“ zu dieser Empfehlung heranziehe. „Überall sonst werden Naturkindergärten gut angenommen“, deshalb plädiere man weiterhin für die Umsetzung des Projekts, so Ade.

Auf der Warteliste für einen Kitaplatz stünden außerdem weiterhin genügend Kinder, meinte der Stadtrat. Die Stadtverwaltung spricht in der Sitzungsvorlage von einer „Interessenliste“, auf der sich, Stand Oktober, 71 Kinder befanden.

Dass ein Naturkindergarten angenommen würde, sei vorstellbar, meinte Bürgermeister Winter, äußerte aber Zweifel daran, dass er eine echte Alternative darstellen könne. Den „Sinneswandel“ erklärte er damit, dass die Zusatzplätze in der „WABE“ damals noch nicht zu erwarten gewesen seien.

Nachteile des Naturkindergartens

Ruth Hunds (SPD) erinnerte sich ebenfalls daran, dass der Naturkindergarten in erster Linie wegen der prekären Situation in Sachen Kitaplätze in den Fokus gerückt war. Die besondere Konzeption sei nicht der Grund gewesen.

Als nachteilig am Naturkindergarten erachte sie zum einen, dass es dort oft keine Ganztagsbetreuung gebe. Zum anderen nähmen Menschen mit Migrationshintergrund ein Angebot wie dieses oftmals nicht wahr, sprach Hunds von einer „kulturellen Barriere“. Außerdem sei das Webertal zu Fuß schlecht erreichbar.

Menschen mit Migrationshintergrund könnten dann ja eine andere Kindergartenform wählen, gab Ade zurück. Und das Webertal sei im Vergleich zum Lindenhof zumindest relativ ebenerdig erreichbar.

Nur noch „nice to have“

Dieter Rinker (FWV) meinte, angesichts von damals 139 fehlenden Kitaplätzen habe man nach einem Strohhalm gegriffen – auch wenn 22 Plätze ohnehin nur ein Tropfen auf den heißen Stein gewesen wären. Jetzt sei ein Naturkindergarten aus seiner Sicht allenfalls nur noch „nice to have“.

Nicole Saile (SPD) sah das ganz anders. „Diese Betreuungsform ist im Kommen“, meinte sie und verwies auf eine Einrichtung in Sulgen, in der es wegen des großen Interesses schon in der Planungsphase eine Warteliste gegeben habe. Als Ergänzung des Bildungsangebots könne ein Naturkindergarten auch ein wichtiger Standortfaktor sein, meinte sie. Und das Konzept der „WABE“ sei auch nicht für alle Eltern etwas.

Hans-Joachim Ahner (SPD) erinnerte an den Vorstoß vor einigen Jahren, einen Bauernhofkindergarten bei Aistaig zu realisieren. Das Projekt scheiterte letztlich, Interesse sei aber schon da gewesen, so Ahner.

Letztlich war das Gremium zwiegespalten, was sich in der Abstimmung niederschlug. Am Ende hieß es bei elf Ja-Stimmen, sieben Gegenstimmen und zwei Enthaltungen: Der Naturkindergarten im Webertal wird nicht umgesetzt.