Nutzhanf erfreut sich als Kulturpflanze in Deutschland zunehmender Beliebtheit. Im Ortenaukreis hat er sich bisher noch nicht durchgesetzt. Foto: Pförtner

Hanf als Nutzpflanze fristet in der Ortenau ein Schattendasein: Nur sieben Landwirte im Kreis bauen ihn an. Dabei hat die Pflanze in der Region eine lange Tradition – und bietet viele Vorteile.

Hanf ist eine alte Kulturpflanze und wurde über Jahrhunderte in der Rheinebene zur Gewinnung von Fasern und Hanföl angebaut, viele Gewann-Bezeichnungen weisen auch noch heute darauf hin“, erläutert Volker Heitz vom Amt für Landwirtschaft des Landratsamts. Anfang des 20. Jahrhunderts geriet der Hanf jedoch wegen des berauschenden Inhaltsstoffs Tetrahydrocannabinol (THC) in Verruf. Ab 1982 war sogar der Anbau der Sorten mit beinahe vollständig fehlendem THC-Gehalt in Deutschland verboten.

Seit 1996 darf Nutzhanf – also mit extrem geringem THC-Gehalt – unter strengen Auflagen wieder angebaut werden. Immer mehr Bauern trauen sich an die Pflanze heran. Trotzdem: Seine frühere Bedeutung für die Landwirtschaft in der Region erlangte der Nutzhanf nicht wieder. Lediglich sieben Landwirte bauen die Pflanze in der Ortenau an. Zusammen kommen sie auf 3,65 Hektar. Insgesamt zwei Hektar – also mehr als die Hälfte – werden auf der Gemarkung Achern angebaut. Experte Heitz nennt den Flächenanteil in der Ortenau „verschwindend gering“. Dominante Hauptkultur in der Ortenau sei der Mais – mit einer Anbaufläche von circa 12 000 Hektar.

Gut an die hiesigen klimatischen Bedingungen angepasst

Dabei bringt die grüne Pflanze mit dem schlechten Ruf viele Anbauvorteile mit sich: „Hanf ist sehr gut an die hiesigen klimatischen Bedingungen angepasst und ist eine ideale Kulturpflanze zur Auflockerung von Fruchtfolgen“, erläutert Heitz. Hanf stelle keine besonderen Ansprüche an die Bodenqualität. „In der Fruchtfolge wirkt Hanf positiv auf die nachfolgend angebauten Kulturen, er wird in der Regel vor Wintergetreide angebaut.“ Zudem sei der Hanf mit sich selbst verträglich, das heißt er könne auch mehrere Jahre hintereinander auf der gleichen Fläche angebaut werden. „Wirkliche Nachteile können nicht genannt werden“, so Heitz.

Startup „Hänf“ setzt auf Nutzhanf

Knapp nördlich der Kreisgrenze setzt Stefan Karcher mit dem Bühler Start-Up „Hämp“ auf Nutzhanf. Der habe nämlich auch ökologisch einiges auf dem Kasten. „Hanf benötigt keine Spritzmittel, ist sehr resistent gegenüber Schädlingen und Beikraut“, berichtet Karcher unserer Redaktion. Er benötige zudem viel weniger Dünger als andere Kulturen. Hanf brauche durch seine langen Wurzeln auch weniger Niederschlag. Und auch Insekten könnten mit ihm etwas anfangen: „Bienen, Wildbienen und Hummeln lieben Hanfpollen und füttern ihn ihren Larven“, weiß Karcher zu berichten.

Das 2021 gegründete Start-Up „Hämp“ hat sich laut eigener Angaben auf die Fahnen geschrieben, die Tradition des Hanfanbaus und seine Verarbeitung in der Region zu stärken. Mit seinen landwirtschaftlichen Partnern baut „Hämp“ in Mittelbaden auf 14 Hektar Nutzhanf an, im vergangenen Jahr waren es noch zwei Hektar.

Produkte finden vielfältige Anwendung

Die Anwendungsmöglichkeiten der Hanf-Produkte sind vielfältig: „Alle Teile des ungespritzten Hanfs - Stängel, Samen, Blätter - können genutzt werden“, erläutert Karcher. Dessen Stroh ersetze beispielsweise im Sonderkulturanbau Plastikfolien. Aus den Blütenblätter entstünde kosmetisches Mundöl mit Cannabidiol (CBD). Dabei handelt es sich um einen weiteren Inhaltsstoff der Hanfpflanze, dem man gesundheitsfördernde Wirkung zuschreibt. „Aus ernährungsphysiologischer Sicht sind besonders die Hanfsamen interessant und enthalten wertvolle Inhaltsstoffe“, weiß Volker Heitz vom Amt für Landwirtschaft. Die Samen enthielten mehrfach ungesättigte Fettsäuren in einem für den menschlichen Körper optimalen Verhältnis, leicht verdauliche Proteine – darunter alle acht essenziellen Aminosäuren – sowie Vitamin B1, Folsäure und Vitamin E sowie Eisen, Kalium, Zink, Magnesium.

Unter Auflagen

Seit 1996 dürfen zugelassene Nutzhanfsorten wieder angebaut werden. Allerdings gilt das nur für landwirtschaftlichen Betriebe und auch nur dann, wenn der Gehalt an Tetrahydrocannabinol (THC) – das ist der in den Blüten enthaltende psychoaktive Wirkstoff – niedriger als 0,2 Prozent liegt. Landwirte müssen den Anbau von Nutzhanf im Vorfeld anmelden.