Einstimmig hat der Gemeinderat sich für vorgeschlagene Hebesätze der Grundsteuer A und B entschieden . Aufgrund der großen Kritik seitens der Bürgerinitiative hat Rathauschef Erik Weide Vertreter des Gutachterausschusses in die Sitzung eingeladen.
Das Zustandekommen der Bewertung von Grundstücken, die Festlegung von Richtwertzonen sowie die mangelnde Gesprächsbereitschaft über den „Gemeinsamer Gutachterausschuss Lahr“ wurde von der Bürgerinitiative „Gerechte Grundsteuer“ mehrfach öffentlich angemahnt. Am Montag begrüßte Bürgermeister Erik Weide erstmals Personen des Gutachterausschusses, darunter Karl Stiegeler, der mehrheitlich für sein Gremium Stellung bezogen hat.
Bevor jedoch Stiegeler Erklärungen abgegeben hat, betonte Bürgermeister Weide: „Wir sind als Gemeinde verpflichtet, Steuern zu erheben. Alles andere ist nicht unser Fall.“ Aber die heftige Kritik von Seiten der Bürgerinitiative (BI) wollte Weide nicht im Raum stehen lassen. „Wir müssen die Meinung des Ausschusses akzeptieren“, betonte er und übergab das Wort an Stiegeler.
44 Gutachter aus 13 Gemeinden bilden Fachgremium
Im Fachgremium sitzen 44 Gutachter aus 13 Gemeinden und vertreten somit 130 000 Einwohner. Jährlich würden 1400 Kaufverträge ausgewertet. Jeder Kaufvertrag müsse an die Geschäftsstelle des Gutachterausschusses geschickt werden. Eine gründliche Analyse gebe schon der Gesetzgeber vor. Von Parzellenwerten könne keine Rede sein. Eine Toleranz von 30 Prozent sei möglich. Zusammengefasst seien die Bodenrichtwertzonen in einer Bodenrichtwertkarte ausgewiesen. „Wir vom Gutachterausschuss können nicht nachvollziehen, warum von der Bürgerinitiative die Reputation des Gremiums und die Qualifikation der Mitglieder angezweifelt wird“, betonte Stiegeler und ergänzte: „Bei unseren Bewertungen handelt es sich nicht um Daumenwerte, sondern um eine Bewertung, die auf Fakten gemessen einer Rechtsnorm ermittelt wird.“
Gemeinderäte verärgert über Brief der BI
Im Gemeinderat zeigte sich Michael Walter (GLU) „befremdet“ über den öffentlichen Brief von Seiten der BI an den Gemeinderat und merkte an: „Wohin kämen wir, wenn wir uns noch über solche Entscheidungen eines Gremiums stellen würden. Es gibt Leute, die jetzt mehr bezahlen müssen und sich beschweren. Andere müssen weniger bezahlen. Wer einen hohen Richtwert hat, sitzt auf einem Vermögen.“ Karin Stuber (FW) erklärte: „Es gibt Gewinner und Verlierer. Der Erlass kommt vom Finanzamt, darüber gibt es kein Mitspracherecht. Es gilt, die Hebesätze jährlich zu überprüfen.“ Echauffiert zeigte sich Roland Herzog, (CDU), auch er gehört dem Gutachterausschuss an, über das Verhalten der BI: Der Gemeinde könne nichts Besseres passieren als sich zusammenzutun. Niemand haue „blindlings etwas drauf“ oder wolle gar jemanden „schädigen“ und ergänzte: „Dass Zonen in der Hauptstraße immer sehr viel schlechter bewertet wurden als in der verkehrsberuhigten Gegend, ist klar. Aber an diesen Straßen im Dorf haben vor allem ältere Leute eine bessere Infrastruktur und kürzere Wege zu den Geschäften.“ Für seine Person betonte er: „Mich als Laien zu bezeichnen, das muss ich mir nicht antun. Das ist für mich untere Gürtellinie.“ Dass im Laufe der Jahre die Hebesätze als Steuereinnahmen genauso wie die Gewerbesteuer als Einnahmequelle für die Gemeinde nach oben gehen müssen, dazu sei die Gemeinde verpflichtet, weil sie sonst ihre gesamte Handlungsfreiheit zur Finanzierung einschränke. Einen Vergleich zwischen Hohberg und Friesenheim, wie ihn die BI einbringt, sei für Stefan Armbruster (GLU) nicht erkennbar.
Kritisiert wird die geringe Information
Für die BI brach Julius Haas (CDU) eine Lanze, auch er ist Mitglied im Gutachterausschuss: „Eine Erklärung, wie sie heute Abend vom Gutachterausschuss eingebracht wird, hätte schon viel früher geschehen müssen. Für jeden müssen die Preise nachvollziehbar sein. Das habe ich im gesamten Verfahren bislang vermisst. Schließlich ist die Grundsteuer das Geld der Bürger.“ Er machte es anhand eines Beispiels deutlich: „Wenn ich morgen zu schnell durch die 30er-Zone fahre, habe ich mein Busgeld und weiß, weshalb. Das Hauptproblem war bisher die zu geringe Information.“ Stiegeler erklärte, dass aufgrund der großen Datenlage diese Form der Öffentlichkeitsarbeit nicht für jede Kommune und jedes Gremium leistbar sei.
Hebesätze ab 2025
Einstimmig war der Friesenheimer Gemeinderat dafür, den Hebesatz zur Grundsteuer B von bisher 340 v.H. auf 240 v.H. zu senken. Die Grundsteuer A soll von bisher 350 v.H. auf 490 v.H. steigen. Eine Grundsteuer C wird nicht eingeführt. Angedacht ist eine Evaluation in künftigen Jahren.