Immer wieder landen Haustiere als Geschenk unterm Weihnachtsbaum. (Symbolfoto) Foto: Pixabay/uschi2807

Weihnachten rückt näher und die letzten Geschenke werden eingekauft: Spielzeug, Socken, ein Welpe. Warum Hund, Katze und Co. als Überraschungspräsent aber völlig deplatziert sind, erklären Tierheime in der Region.

Oberndorf - Der allein lebenden Oma möchte man eine Freude bereiten und schenkt ihr zu Weihnachten ein Kätzchen. Nur: die Oma ist wenig begeistert. "Man möchte jemandem ein Kätzchen oder einen Welpen zu Weihnachten schenken, damit er oder sie nicht mehr so allein ist", berichtet Nadine Vögel, Leiterin des Kreistierheims Schwarzwald-Baar-Kreis. Auch in ihrem eigenen Bekanntenkreis habe sie das bereits beobachtet. Doch nicht immer wolle der Beschenkte auch ein Tier. 

"Man verschenkt keine Tiere. Sie sind schließlich keine Gegenstände, sondern Lebewesen", bestätigt Mariell Keim, Leiterin des Tierheims Freudenstadt. Um zu erfahren, ob Tier und Mensch zueinander passen, hat die Einrichtung einen wochenlangen Vermittlungsprozess. "Die Menschen müssen die Tiere zuerst kennenlernen und wir kontrollieren vor einer Vermittlung das neue Zuhause ", sagt Keim. Dadurch soll auch verhindert werden, dass sich Menschen schnell und unüberlegt ein Haustier anschaffen und dieses am Ende wieder im Tierheim landet. "Wir haben immer wieder Besucher, die eigentlich keine Möglichkeit haben, ein Haustier zu halten", berichtet Keim.

Auch im Tierheim Rottweil werden keine Fellnasen zum Verschenken angeboten. "Wir überprüfen vor jeder Vermittlung den Wohnort und das Zuhause des zukünftigen Besitzers", erklärt Günther Hermus, erster Vorsitzender des Tierschutzvereins Rottweil. Dies ist bei einem geschenkten Tier nicht möglich. "Außerdem kann es sein, dass der Beschenkte kein Tier möchte oder der Vierbeiner nicht zu ihm passt."

Den Tieren den Weihnachtsstress ersparen

Die Interessenten sollten sich ihr zukünftiges Haustier deshalb laut Vögel immer selbst aussuchen. "Manchmal verbringen die Leute bis zu zwei Stunden mit den Tieren und sind sich danach immer noch unsicher, welches zu ihnen passt", berichtet die Tierheim-Leiterin. Sie rät: Möchte man jemandem ein Haustier schenken, sollte man dies mithilfe eines Gutscheins tun. Anschließend kann man zusammen das Tierheim besuchen und der Beschenkte kann sich in aller Ruhe den Vierbeiner aussuchen.

Vögel rät auch dazu, das Tier aufgrund des Weihnachtsstresses erst im neuen Jahr zu sich zu holen. "Manche sind nicht darauf vorbereitet, dass das Tier die Kugeln vom Tannenbaum herunterschmeißt, Essen, das auf dem Tisch stehen gelassen wird, verschlingt, oder durch die offene Haustür nach draußen huscht", erklärt sie. Auch Silvester ist anstrengend für Tiere, vor allem in einer neuen Umgebung.

Im Internet "zu Schleuderpreisen verkauft"

Im Internet kommt man dagegen leicht an tierische Geschenke. "Das sind aber oft die Tiere, die danach bei uns landen", so Hermus. Manche Menschen schrecke es ab, dass sie beispielsweise für Katzen aus dem Tierheim eine Schutzgebühr bezahlen müssten. Im Internet hingegen werden die Vierbeiner "zu Schleuderpreisen verkauft", kritisiert der erste Vorsitzende des Rottweiler Vereins. "Doch oftmals sind die Tiere weder geimpft noch kastriert." Und die scheinbar gesparten Kosten fielen dann später beim Tierarzt an.

Gerade im Netz bestellte Hundewelpen werden häufig aus dem Ausland nach Deutschland transportiert. "Diese Welpen landen nach der Beschlagnahmungen durch das Veterinäramt dann letztendlich bei uns", sagt Keim.

Ein Welpe zum Geburtstag oder ein Hase zu Ostern

Immerhin: Dass Tiere nicht als Geschenke unter den Weihnachtsbaum gehören, finde in der Bevölkerung immer mehr Akzeptanz, berichtet Vögel. "Seit zehn Jahren werden die Anfragen vor Weihnachten weniger." Stattdessen komme es jedoch häufiger vor, dass Haustiere zum Geburtstag verschenkt werden sollen.

Auch das Freudenstädter Tierheim hat bereits diese Erfahrungen gemacht. "Manche Anrufer geben von Anfang an zu, dass sie dem Kind einen Welpen zum Geburtstag oder ein Kaninchen zu Ostern schenken möchten", berichtet Keim.

Um zumindest die Weihnachtsproblematik einzudämmen, hat das Kreistierheim in Donaueschingen bereits vor Jahren einen Vermittlungsstopp eingeführt. Besucher können zu den Öffnungszeiten weiterhin die vierbeinigen Bewohner besuchen, doch die Vermittlung erfolgt erst nach den Feiertagen. Von wann bis wann der Vermittlungsstopp andauert, möchte Vögel nicht sagen, damit Besucher nicht direkt davor oder danach das Tierheim mit Anfragen überschütten.

Im Tierheim Freudenstadt dauert der Vermittlungsstopp noch bis zum 7. Januar 2022. Bis dahin ist auch für Besucher geschlossen. "Wer wirklich Interesse an einem Haustier hat, meldet sich dann im neuen Jahr", sagt Leiterin Keim.

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Einen Vermittlungsstopp gibt es im Tierheim Rottweil nicht. Dafür prüfen die Mitarbeiter im Voraus in intensiven Gesprächen, ob Tier und Menschen zueinander passen.

Wie ist die Lage in den Tierheimen?

Doch wie viele Tiere suchen aktuell ein Zuhause? Im Freudenstädter Tierheim ist die Lage aktuell nicht angespannt. "Wir haben vor allem viele Pensionstiere, da ihre Besitzer über die Weihnachtstage verreist sind", berichtet Keim.

Das Kreistierheim Schwarzwald-Baar jedoch ist an seiner Belastungsgrenze. "Wir vermitteln aktuell vor allem schwierige und auffällige Hunde", berichtet Vögel. Diese seien für Anfänger ungeeignet. Hinzu kommt: Die Hundetrainer haben durch die Corona-Pandemie geschlossen oder sind nur eingeschränkt verfügbar, was die Vermittlung zusätzlich erschwert.

Die Anfragen, ob das Kreistierheim Hunde aufnehmen kann, häuften sich. "Sobald wir einen vermittelt haben, kann die Box gleich wieder besetzt werden", berichtet die Leiterin. Die gute Nachricht: Aktuell sind einige Hunde, die schon lange im Tierheim wohnen, kurz davor, in ein neues Zuhause zu ziehen.

Bei den Katzen herrscht laut Vögel momentan eine "schwierige Lage". Viele Jungtiere seien krank und müssten erst gesund gepflegt werden. "Es sind mehr Katzen auf den Straßen, als wir aufnehmen können", klagt Vögel. Sie setzt sich weiterhin für die Katzenschutzverordnung ein, die eine Chip- und Kastrationspflicht für freilebende Hauskatzen vorsieht. Dadurch könnten die Tierbesitzer besser ausfindig gemacht werden, es müssten weniger Katzen auf den Straßen um ihr Überleben kämpfen und das Tierheim wäre nicht überfüllt, zählt Vögel die Vorteile einer solchen Regelung auf. 

Ausgesetzt und zurückgegeben

Im Tierheim Rottweil sind die Zwinger ebenfalls voll, doch die Anfragen reißen nicht ab. Bei den Katzen sei mit 40 bis 50 Vierbeinern ebenfalls die maximale Anzahl erreicht, berichtet Hermus. "Das ist mehr, als wir sonst um diese Jahreszeit haben."

In Rottweil ist die erste Abgabewelle nach dem Haustierboom deutlich spürbar. "Es werden vermehrt Katzen und Hunde zurückgegeben und ausgesetzt", berichtet der erste Vereinsvorsitzende. "Viele Besitzer merken jetzt nach einem halben Jahr, dass sie mit dem Tier überfordert sind."

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Info: Besucherregeln in Corona-Zeiten

Das Tierheim in Donaueschingen hat trotz Vermittlungsstopps weiterhin geöffnet. Besucher können sich zu den regulären Öffnungszeiten telefonisch anmelden und vorbeikommen. Ein 3G-Nachweis (getestet, geimpft, genesen) wird nicht benötigt, informiert Vögel. Allerdings gelten Maskenpflicht und Abstandsregeln, Besucher müssen sich die Hände desinfizieren. Kranke Besucher werden nicht empfangen.

Sobald das Tierheim Freudenstadt im neuen Jahr wieder öffnet, gilt 3G. Besucher müssen zuvor telefonisch einen Termin vereinbaren.

Im Tierheim Rottweil gelten die 2G-Plus-Regeln. Von der Testpflicht befreit ist, bei wem die letzte Impfung oder Genesung weniger als sechs Monate her ist. Ein Besuch ist nur nach Terminabsprache möglich.