Einst plätscherte der Schweinbach bei Hirsau in Nagoldtal. Jetzt ist dort von Wasser keine Spur mehr. Foto: Thomas Fritsch

Die Lage wird immer kritischer. Von Entspannung weit und breit keine Spur. Wenn es mit der Trockenheit im Kreis Calw so weitergeht, müssen sich die Menschen von manchen Gewässern verabschieden. Denn manche von ihnen könnten ganz verloren gehen.

Kreis Calw - Diese Meinung hat jedenfalls Andrea Bührig, Abteilungsleiterin der Abteilung Umwelt- und Arbeitsschutz im Calwer Landratsamt. Mit sorgenvoller Miene blicken Bührig und ihr Mitarbeiter Dieter Pross auf den Rötelbach. Oder das, was von dem Gewässer übrig ist, das von Speßhardt und Weltenschwann kommend in Kentheim in die Nagold fließt. Kaum ein, zwei Zentimeter ist er an dieser Stelle noch tief. Auch die Teinach an der Station Teinach ist nur noch ein Schatten ihrer selbst. Der Wert für richtiges Niedrigwasser liegt bei einem Durchfluss von gut 180 Litern pro Sekunde. Aktuell gemessen werden dort nur noch 120 Liter pro Sekunde. Also ein Drittel weniger als bei Niedrigwasser.

Folgen für ganzes Ökosystem

Diese Dürre hat nicht nur Folgen für das Gewässer an sich, sondern auch für das gesamte Ökosystem, Pflanzen und vor allem Tiere. Je weniger Wasser in einem Gewässer vorhanden ist – und das gilt für den Rötelbach genauso wie für Enz oder Nagold – desto wärmer wird das Wasser. Je wärmer das Wasser umso eher sterben die im Wasser vorhandenen Kleinlebewesen. Und je weniger dieser Kleinlebewesen da sind, umso weniger Futter haben die vorhandenen Fische. Wenn es an die 25 Grad Wassertemperatur geht, wird es dann auch für die Fische selbst ungemütlich bis unerträglich. Dazu kommt noch der damit einhergehende Sauerstoffmangel in den Flüssen und Bächen.

Maßgeblichen Einfluss auf die Wassertemperatur etwa der Nagold hat die Tatsache, dass es an dem Fluss relativ viel stehendes Wasser hat – hervorgerufen von kleinen Wasserkraftanlagen, an denen das Flusswasser angestaut wird. Allein an der Nagold von Altensteig bis Pforzheim gibt es eine deutlich zweistellige Anzahl solcher Anlagen. "Und irgendwann muss man sich einmal klar darüber werden, wo da die Prioritäten liegen, bei der Natur oder bei der Energiegewinnung", meint die Frau vom Landratsamt.

Winter liefert nicht genug

Auch ein klassischer Lieferant von Wasser, der Winter, hat in diesem Jahr nicht dazu beigetragen dass die Pegel der Flüsse, Bäche und Seen ordentlich gefüllt wurden. "Es wird also von allen Seiten knapp mit dem Wasser", beklagt Andrea Bührig, die wenig optimistisch in die Zukunft blickt.

Schon jetzt sind die ersten Bäche komplett ausgetrocknet, unter anderem der Schweinbach, der einst nahe Hirsau ins Nagoldtal plätscherte. Und wenn ein Gewässer austrocknet, "dann ist das Ökosystem dort unwiederbringlich verloren", stellt Dieter Pross klar. Wie lange es dauert, bis ein solches System wieder zum Leben erweckt wird, kann auch Pross nicht einschätzen, das hänge von zu vielen Faktoren aus. Bührig geht sogar noch einen Schritt weiter. Aus ihrer Sicht könnte es dazu kommen, dass manche Gewässer, die für viele Menschen zur Landschaft des Kreises dazugehören, einfach verloren gehen.

Wasserentnahme verboten

Und weil die Lage so Besorgnis erregend ist, müssen die Mitarbeiter in diesem Zusammenhang Strenge an den Tag legen. In ganz Baden-Württemberg ist die Entnahme von Wasser aus Gewässern grundsätzlich verboten. "Trotzdem gibt es noch Anfragen von Sportvereinen, ob es denn nicht möglich wäre, das Wasser für die Beregnung des Sportplatzes aus der Nagold zu entnehmen", erzählt Bührig. Solchen Anfragen muss sie natürlich eine klare Absage erteilen. Auch Landwirte, die ihr Vieh aus den Gewässern tränken, könnten zum Problem werden. Doch aktuell habe man mit den Landwirten "weniger Probleme", berichtet Pross.