Namensgeber Joseph wird in Gremmelsbach verehrt / Der heilige Ferdinand geriet aber in Vergessenheit
Von Karl Volk
Triberg-Gremmelsbach. Einem Eintrag im Tagebuch von Abt Ignaz Speckle, dem Erbauer der Kirche in Gremmelsbach, verdankt die Nachwelt allein die Kenntnis davon, dass dieser Kirche zwei Heilige als Patrone, Joseph und Ferdinand, mit auf den Weg durch die Zeiten gegeben wurden.
Genau genommen wüssten wir nicht einmal, dass im Grundstein ein umfangreicher lateinischer Text ruht, der teilweise die Umstände in der Vogtei zur Zeit des Kirchenbaues wiedergibt. Wir wären der Meinung, Joseph sei von Anfang an der einzige Patron gewesen, wegen seiner Nähe zu Jesus, obwohl er im Neuen Testament im Hintergrund bleibt, einer der am höchsten verehrten Heiligen hätten wir nicht die Angabe Speckles "titulo SS (Sanctorium) Josephi et Ferdinandi".
So wäre zu erwarten, dass in den von 1819/20 an bis Mitte des 20. Jahrhunderts lückenlos erhaltenen Verkündbüchern am Fest des heiligen Ferdinand (30. Mai) ein Festgottesdienst angesagt wird. Weit gefehlt! Alljährlich wird das Patrozinium der Kirche am Josephstag (19. März) gefeiert, nicht ein einziges Mal findet sich die Erwähnung Ferdinands.
Theorien über die Aufgabe des zweiten Kirchen-Patrons gibtes mehrere
Das lässt aufhorchen. Denn anlässlich der Grundsteinlegung am 17. Mai 1805 hatte Speckle "die gottesfürchtige Gesinnung die gütige Absicht unseres Landesfürsten (Ferdinand) zum Beispiel und zur Nachahmung" empfohlen, was "mit großer Aufmerksamkeit und sichtbarer Rührung der Anwesenden aufgenommen wurde." Über dem Portal steht sein Name in großen Lettern. Und nun so bald die radikale Tilgung des Namenspatrons des Erzherzogs, des ehemaligen Landesherrn! Gerade einmal 15 Jahre später!
Eine eigene Entscheidung der Ortsgeistlichen ist unwahrscheinlich. Gab es also Anordnungen der Kirchenbehörde, dem Zeitgeist entsprungen, die uns die Beschränkung auf einen Patron verständlich erscheinen lassen können?
Der Kirchenpolitik des Konstanzer Generalvikars Ignaz Heinrich von Wessenbergs hätte es entsprochen, doch ist keine Bestimmung dieser Art in seinen Rundschreiben zu finden. Lediglich mit einer seiner Weisungen lässt sich der stillschweigende Vorgang in Verbindung bringen. "Patrozinien in Nebenkirchen oder Kapellen, wo gewöhnlich an Sonn- und Festtagen kein pfärrlicher Gottesdienst gehalten wird, sollen gänzlich unterbleiben." Möglicherweise galt Ferdinand auch hier nur als "Nebenpatron".
Hinzu kommt eine Vermutung, die das Großherzogliche Haus Baden betrifft. War es "sanfter" Druck der neuen Landesherren (seit 1806), möglichst viel, was an die Geschichte des Erzhauses Habsburg erinnerte, vergessen zu machen? (Vom Phänomen des vorauseilenden Gehorsams ganz zu schweigen). Dazu gehörten auch "entbehrliche" habsburgische Namen wie Ferdinand.
Eine andere Frage des späten Historikers zu diesem Prozess ist: Was ging dem kirchlichen Leben und Bewusstsein der Gläubigen dadurch verloren? Der zusätzliche Gedenktag (nicht unbedingt ein Feiertag) und damit ein Heiliger. Man wüsste in Gremmelsbach von einem heiligen König in Spanien (gestorben 1252). Spanien kam durch Vertrags- und Heiratspolitik Kaiser Maximilians (1493 - 1519) zum Haus Habsburg, in der Folge wurde der Name des heiligen Königs in die kaiserliche Familie übernommen.