Ob das von Künstler Werner Oppelt überarbeitete Bild in der Parkgarage nun weg muss oder nicht, wollte der Triberger Gemeinderat gestern Abend in seiner Sondersitzung entscheiden. Foto: Börsig-Kienzler

Fraktionsvorsitzende äußern ihren Unmut über Strobels Alleingang. Gemeinderat will über Kunst entscheiden.

Triberg - Auch nach der Übermalung des umstrittenen Wandgemäldes in der Triberger Parkgarage reißt die bundesweite Diskussion nicht ab. In der Wasserfallstadt kehrt keine Ruhe ein. Im Gegenteil. Bürgermeister Gallus Strobel musste sich am Mittwoch in nichtöffentlicher Sondersitzung vor dem Gemeinderat für den Alleingang verantworten.

"Ich erwarte von der Sitzung, dass uns Strobel Rede und Antwort steht, warum, weshalb und wann die ganze, wohl seit langem geplante, unsägliche Aktion ausgeheckt und weshalb der Gemeinderat nicht längst darüber informiert wurde", sagt CDU-Fraktionsvorsitzender Klaus Wangler am Mittwoch vor der Sitzung. Er und die beiden Fraktionsvorsitzenden Klaus Nagel (FWV) und Susanne Muschal (SDP) im Gemeinderat hatten Anfang der Woche in einer öffentlichen Stellungnahme ihr Missfallen über die "niveaulose Parkhausmalerei" kundgetan und Strobels Vorgehen scharf kritisiert.

Was die drei Fraktionsvorsitzenden vor allem ärgert ist, dass Strobel (CDU) auf ihre E-Mails am Mittwoch vergangener Woche mit Aufforderung eine Sondersitzung des Gemeinderats zum Thema einzuberufen, nicht sofort reagierte. Erst am Freitag habe er dazu schriftlich eingeladen mit dem Hinweis auf seine Stellungnahme. "In dieser hat er jedoch mit keinem Wort erwähnt, dass der Rat nicht hinter der Wandmalerei steht, sondern in seiner Eigenmächtigkeit weiterhin nur seine Meinung vertreten", betont Wangler. Hinzu komme nun noch Strobels Hinweis, dass die Fraktionsvorsitzenden nicht alleine entscheiden, sondern der Gemeinderat. "Das ist richtig. Aber wir sind die Sprecher und Vertreter der Fraktionen. Unabhängig davon kann jedes einzelne Ratsmitglied seine Meinung kundtun", so Wangler.

Wie der CDU-Mann weiter betont, hat Strobel als Stadtoberhaupt die Befindlichkeiten von anderen zur Kenntnis zu nehmen. "Wenn so viele kritische Stimmen von allen Seiten kommen, hat er auch darauf einzugehen und kann nicht einfach sagen, dass alle humorlos sind."

Wangler war am Mittwoch davon überzeugt, dass der Gemeinderat mit Strobel in der Sitzung "Tacheles" reden und alles zur Sprache bringen wird. Er geht auch davon aus, dass das umstrittene Bild mit der nackten Frau in lasziver Pose nie an die Rückwand des 1. Männerparkplatzes gekommen wäre, wenn Strobel mit dem Gemeinderat zuvor darüber gesprochen hätte.

Kritiker nicht zufrieden:"Kunstwerk" erregt nach wie vor Gemüter

"Ich kann zwar nicht für alle 19 Ratsmitglieder reden. Aber ich gehe davon aus, dass der überwiegende Teil des Rats das Ganze blockiert hätte". Ob das als Landschaftsmotiv überarbeitet Bild geduldet wird oder ganz entfernt werden muss, werde die Sondersitzung zeigen, so Wangler. Seiner Meinung nach wäre es sinnvoller gewesen, die Sitzung öffentlich zu machen, statt hinter verschlossenen Türen zu diskutieren.

Weil viele Triberger entsetzt seien über Strobels Vorgehen sowie das Wandbild und zahlreiche E-Mails auch von Bekannten und Auswärtigen bei ihnen einträfen, die eine "völlig andere Auffassung von Anstand" hätten, habe man sich zur öffentlichen Stellungnahme entschieden, ergänzt Fraktionsvorsitzender Klaus Nagel (FWV). "Es ist unsere Aufgabe als Triberger Bürgervertreter zu reagieren. Das geht nicht anders, wenn einfach über unsere Köpfe hinweg entschieden wird."

Dem Gemeinderat stoße Strobels Vorgehensweise sogar mehr auf, als das Bild selbst. Nagel ist auch davon überzeugt, dass es vom Gremium sicherlich so nicht genehmigt worden wäre. Er geht noch einen Schritt weiter. »Das Vertrauensverhältnis zwischen dem Gemeinderat und der Stadtverwaltung wurde durch die Sache nachhaltig gestört«, resümiert Nagel. "Wir sind maßlos über Strobels Verhalten enttäuscht. Er hat damit in der Ferienzeit massiv Unfrieden in die Stadt gebracht und den Gemeinderat ad absurdum geführt."

Mit Bauchweh ging gestern Abend sicherlich jedes Ratsmitglied in die Sitzung, wie Nagel meinte. "Schließlich wolle ja keiner Unfriede stiften." Er bedauerte, "dass es überhaupt so weit gekommen ist". Er hoffte, dass sich der Gemeinderat dafür entscheidet, dass das Bild ganz weg kommt. "Das wäre ein Entgegenkommen und ein neuer Anfang für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit."

Eine deutliche Aussprache versprach sich gestern auch Susanne Muschal (SPD) von der Sondersitzung, da Strobel sich auch nicht in Zurückhaltung geübt habe. Er habe den Gemeinderäten mit seinem eigenmächtigen Verhalten viel Ärger und schlaflose Nächte bereitet. "Ich bin sicherlich nicht prüde", betont die Bürgervertreterin. "Den 1. Männerparkplatz und die Werbung von Selina Haas im vergangenen Jahr fand ich witzig, originell. Das fetzige Wandbild ist jedoch nur ein billiges Plagiat, das ärgert mich am meisten. Haben wir keine eigenen Ideen mehr, wie den 1. Männerparkplatz?", so Muschal und ergänzt: "Wir treten aus dem Ferienland aus und holen uns von dort die Vorlage für eine solche Werbung. Das geht nicht."Auch sei sie nicht für Werbung um jeden Preis.

Muschal befürchtet, dass sich das negative Denken in dieser Sache in den Köpfen festsetzt und nicht nur, "dass man wieder einmal etwas von Triberg gehört hat". Der Alleingang Strobels sei einfach ärgerlich, bewusst geplant und im Sommerloch platziert worden.

Gespannt war Muschal gestern, ob der Rat wegen der Urlaubszeit beschlussfähig sein wird. Sie wäre auch dafür, dass das Bild wegkommt und man mit Vertrauen wieder den Status quo wie vorher in Bezug auf die Zusammenarbeit herstellen könnte.

Rücktrittsforderungen sind laut Strobel "vollkommener Unsinn"

"Mir war es von vorneherein klar, dass das Bild nach der Sondersitzung geändert werden muss. Damit habe ich gerechnet", räumte Strobel gegenüber unserer Zeitung ein. Insofern habe Künstler Werner Oppelt etwas zu früh eigenmächtig agiert und das Motiv überarbeitet. Trotzdem habe das Ganze "eine enorme Medienkampagne mit toller Werbung für Triberg" ausgelöst. "Genau das wollte ich ja", betonte der Bürgermeister erneut.

Auch die Tatsache, dass die Sprecherin der kommunalen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten in Baden-Württemberg, Anette Klass, mit der überarbeiteten Bildversion immer noch nicht zufrieden sei, sagte Strobel: "Mir ist es egal, was die sagen."

Die im Raum stehenden Rücktrittsforderungen mancher Kritiker lassen den Bürgermeister scheinbar ebenso völlig kalt: "Das ist vollkommener Unsinn, wieso auch. Das Ganze ist doch ein toller Erfolg für Triberg."

Lang erhebt Einspruch gegen Diskussion hinter verschlossenen Türen

Das sieht Hans-Dieter Lang jedoch ganz anders. Der Triberger fragte gestern: "Warum wird diese Gemeinderatssitzung nicht öffentlich geführt, wird schon wieder gemauschelt? Nichtöffentliche Sitzungen sind nur zulässig für Vorgänge, bei denen Dritte betroffen sind, niemals aber bei Vorgängen wie mit diesem Skandal im Parkhaus. Das ist öffentlich."

Gestern erhob er daher gegen die Nichtöffentlichkeit Einspruch bei der Stadt Triberg, beim Landratsamt Villingen-Schwenningen und beim Regierungspräsidium Freiburg, wie er mitteilte. Lang: "Sollte die Sitzung dennoch stattfinden, beantrage ich die Ungültigkeit der Sitzung und führe dies gegebenenfalls weiter vor dem Verwaltungsgericht Freiburg."